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Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861.

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Umbrisch. Vocale. A-reihe.
warscheinlich dem altindischen c änlich oder gleich zu sprechen;
altumbr. r (in der altumbrischen schrift q) in neuumbrischer
schrift durch rs gegeben, bezeichnet eine wandlung des d und
ist als zischendes r (wie poln. rz, böhm. r) zu sprechen; altumbr.
z ist auß lautend vertreter von ts und wol wie diß auß zu
sprechen, neuumbr. ist es bereits in s über gegangen.

Vocale des umbrischen.
§. 59.

Der vocalismus des umbrischen steht dem des lateinischen
ser nahe. Das umbrische hat die lautgeschichtlichen processe,
denen die vocale des lateinischen erst später unterlagen, be-
reits in einer früheren zeit durch gemacht als das lateinische.
Die ursprünglichen, im altlateinischen und besonders im oski-
schen erhaltenen diphthonge sind schon im altumbrischen ver-
loren und durch einfache vocale ersezt; ei neben ei und e (die
bezeichnung der vocallänge findet sich nicht in der altitalischen
schrift) scheint archaische schreibung zu sein; ai dürfte wol
nur als vertreter von aj erscheinen, wie in portaia (portet) u. a.
Die altumbrische schrift kent noch nicht das o, sondern hat da,
wo diser laut zu erwarten ist, anstatt desselben u. In der
sprache selbst war jedoch aller warscheinlichkeit nach das o
vorhanden, da es, als den übergang von a zu u bildend, älter
ist das u (vgl. das lateinische); die spätere sprache kann aber
nicht altertümlicher sein als die frühere. Das umbrische ist
demnach ser arm an vocalischen lauten, es besizt nur a, e, i,
neuumbr. o, u als kürzen und längen; der vocalismus diser
sprache ist in ungleich höherem grade vom stande des vocalis-
mus der italischen grundsprache ab gewichen als der des alt-
lateinischen und oskischen.

Die außstoßung von vocalen hat weiteres gebiet gewon-
nen als im lateinischen, dagegen macht sich im umbrischen wie
im oskischen die vocalschwächung weniger geltend.

§. 60.
1. a-reihe.

Die a-vocale sind i (selten), e, u neuu. o, a,
a, au neuu. o. Beispile.

Die schwächung von ursprüngl. a zu i ist selten, sie

Umbrisch. Vocale. A-reihe.
warscheinlich dem altindischen ç änlich oder gleich zu sprechen;
altumbr. (in der altumbrischen schrift q) in neuumbrischer
schrift durch rs gegeben, bezeichnet eine wandlung des d und
ist als zischendes r (wie poln. rz, böhm. ř) zu sprechen; altumbr.
z ist auß lautend vertreter von ts und wol wie diß auß zu
sprechen, neuumbr. ist es bereits in s über gegangen.

Vocale des umbrischen.
§. 59.

Der vocalismus des umbrischen steht dem des lateinischen
ser nahe. Das umbrische hat die lautgeschichtlichen processe,
denen die vocale des lateinischen erst später unterlagen, be-
reits in einer früheren zeit durch gemacht als das lateinische.
Die ursprünglichen, im altlateinischen und besonders im oski-
schen erhaltenen diphthonge sind schon im altumbrischen ver-
loren und durch einfache vocale ersezt; ei neben î und ê (die
bezeichnung der vocallänge findet sich nicht in der altitalischen
schrift) scheint archaische schreibung zu sein; ai dürfte wol
nur als vertreter von aj erscheinen, wie in portaia (portet) u. a.
Die altumbrische schrift kent noch nicht das o, sondern hat da,
wo diser laut zu erwarten ist, anstatt desselben u. In der
sprache selbst war jedoch aller warscheinlichkeit nach das o
vorhanden, da es, als den übergang von a zu u bildend, älter
ist das u (vgl. das lateinische); die spätere sprache kann aber
nicht altertümlicher sein als die frühere. Das umbrische ist
demnach ser arm an vocalischen lauten, es besizt nur a, e, i,
neuumbr. o, u als kürzen und längen; der vocalismus diser
sprache ist in ungleich höherem grade vom stande des vocalis-
mus der italischen grundsprache ab gewichen als der des alt-
lateinischen und oskischen.

Die außstoßung von vocalen hat weiteres gebiet gewon-
nen als im lateinischen, dagegen macht sich im umbrischen wie
im oskischen die vocalschwächung weniger geltend.

§. 60.
1. a-reihe.

Die a-vocale sind i (selten), e, u neuu. o, a,
â, û neuu. ô. Beispile.

Die schwächung von ursprüngl. a zu i ist selten, sie

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[80/0094] Umbrisch. Vocale. A-reihe. warscheinlich dem altindischen ç änlich oder gleich zu sprechen; altumbr. ṛ (in der altumbrischen schrift q) in neuumbrischer schrift durch rs gegeben, bezeichnet eine wandlung des d und ist als zischendes r (wie poln. rz, böhm. ř) zu sprechen; altumbr. z ist auß lautend vertreter von ts und wol wie diß auß zu sprechen, neuumbr. ist es bereits in s über gegangen. Vocale des umbrischen. Der vocalismus des umbrischen steht dem des lateinischen ser nahe. Das umbrische hat die lautgeschichtlichen processe, denen die vocale des lateinischen erst später unterlagen, be- reits in einer früheren zeit durch gemacht als das lateinische. Die ursprünglichen, im altlateinischen und besonders im oski- schen erhaltenen diphthonge sind schon im altumbrischen ver- loren und durch einfache vocale ersezt; ei neben î und ê (die bezeichnung der vocallänge findet sich nicht in der altitalischen schrift) scheint archaische schreibung zu sein; ai dürfte wol nur als vertreter von aj erscheinen, wie in portaia (portet) u. a. Die altumbrische schrift kent noch nicht das o, sondern hat da, wo diser laut zu erwarten ist, anstatt desselben u. In der sprache selbst war jedoch aller warscheinlichkeit nach das o vorhanden, da es, als den übergang von a zu u bildend, älter ist das u (vgl. das lateinische); die spätere sprache kann aber nicht altertümlicher sein als die frühere. Das umbrische ist demnach ser arm an vocalischen lauten, es besizt nur a, e, i, neuumbr. o, u als kürzen und längen; der vocalismus diser sprache ist in ungleich höherem grade vom stande des vocalis- mus der italischen grundsprache ab gewichen als der des alt- lateinischen und oskischen. Die außstoßung von vocalen hat weiteres gebiet gewon- nen als im lateinischen, dagegen macht sich im umbrischen wie im oskischen die vocalschwächung weniger geltend. 1. a-reihe.Die a-vocale sind i (selten), e, u neuu. o, a, â, û neuu. ô. Beispile. Die schwächung von ursprüngl. a zu i ist selten, sie

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Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861/94>, abgerufen am 03.12.2024.