Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Litauisch. Vocale. A-reihe. Schwächung i, u.
daß die länge von e doppelter art ist; e wird nämlich teils zu
e, teils zu e gedent.

Wie im slawischen, so wird auch im litauischen im worte
kein hiatus geduldet; die spaltung von i und u zu ij und uv
oder zusammenziehung beseitigt denselben.

j wirkt umlautend auf folgendes a und geht mit a und o
auch völlige verbindung ein.

Der außlaut wird in der gewönlichen umgangssprache be-
reits stark verkürzt, in der schriftsprache ist diß auf bestimte
fälle beschränkt. Von einem dem slawischen entsprechenden
anlautsgesetze (§. 89) finden sich nur vereinzelte spuren.

Die vocalreihen des litauischen sind demnach folgende:

schwächunggrundvocal1. steig.2. steig.
a-reihe i (y), u (selten)e (e, e) a (a)a (a)o
i-reihei (y)e, eiai
vor vocal. ejaj
u-reiheu (u)u, auau
vor vocal. avov

§. 92.
Beispile.
a-reihe.

Schwächung. i gedent y = urspr. a. Die schwächung
des urspr. a zu i ist im litauischen häufig und bei vilen wur-
zeln regelmäßig, z. b. pil-ti (infinit. implere) grundf. der wur-
zel ist par, pil-u (1. sg. praes.) grundf. par-ami, mit denung
des i zu y (ei) pyl-iau (1. sg. praeteriti); kil-ti (infinit. exsur-
gere, tolli), lit. wurzel kal, mit denung kyl-eti (tollere); mir-ti
(infin. mori) wurz. mar; ir-ti (remigare) mit denung yr-iau
(1. sg. praet.) wurz. ar; at-min-ti (infin. coniicere, explicare,
als reflexiv meminisse) wurz. man; tis-ti (infin. extendi) wurz.
tans, weiterbildung von tan (welches selbst eine weiterbildung
von ta ist) u. s. f.

u = urspr. a tritt weniger regelmäßig, mer vereinzelt auf,
meist vor nasalen und liquiden, doch nicht außschließlich, z. b.
pul-kas (agmen, populus) wurz. par (implere); kul-nis (calx)
wurz. kal urspr. kar (ire); kump-as (curvus) neben kamp-as

Litauisch. Vocale. A-reihe. Schwächung i, u.
daß die länge von e doppelter art ist; ĕ wird nämlich teils zu
ē, teils zu ė gedent.

Wie im slawischen, so wird auch im litauischen im worte
kein hiatus geduldet; die spaltung von i und u zu ij und uv
oder zusammenziehung beseitigt denselben.

j wirkt umlautend auf folgendes a und geht mit a und o
auch völlige verbindung ein.

Der außlaut wird in der gewönlichen umgangssprache be-
reits stark verkürzt, in der schriftsprache ist diß auf bestimte
fälle beschränkt. Von einem dem slawischen entsprechenden
anlautsgesetze (§. 89) finden sich nur vereinzelte spuren.

Die vocalreihen des litauischen sind demnach folgende:

schwächunggrundvocal1. steig.2. steig.
a-reihe i (y), u (selten)e (ē, ė) a (ā)a (ā)o
i-reihei (y)ë, eiai
vor vocal. ejaj
u-reiheu (ū)ů, auáu
vor vocal. avov

§. 92.
Beispile.
a-reihe.

Schwächung. i gedent y = urspr. a. Die schwächung
des urspr. a zu i ist im litauischen häufig und bei vilen wur-
zeln regelmäßig, z. b. pìl-ti (infinit. implere) grundf. der wur-
zel ist par, pil-ù (1. sg. praes.) grundf. par-âmi, mit denung
des i zu y (î) pýl-iau (1. sg. praeteriti); kìl-ti (infinit. exsur-
gere, tolli), lit. wurzel kal, mit denung kyl-ė́ti (tollere); mìr-ti
(infin. mori) wurz. mar; ìr-ti (remigare) mit denung ýr-iau
(1. sg. praet.) wurz. ar; at-mìn-ti (infin. coniicere, explicare,
als reflexiv meminisse) wurz. man; tį́s-ti (infin. extendi) wurz.
tans, weiterbildung von tan (welches selbst eine weiterbildung
von ta ist) u. s. f.

u = urspr. a tritt weniger regelmäßig, mer vereinzelt auf,
meist vor nasalen und liquiden, doch nicht außschließlich, z. b.
pùl-kas (agmen, populus) wurz. par (implere); kul-nìs (calx)
wurz. kal urspr. kar (ire); kùmp-as (curvus) neben kàmp-as

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0128" n="114"/><fw place="top" type="header">Litauisch. Vocale. A-reihe. Schwächung <hi rendition="#i">i</hi>, <hi rendition="#i">u</hi>.</fw><lb/>
daß die länge von <hi rendition="#i">e</hi> doppelter art ist; <hi rendition="#i">&#x0115;</hi> wird nämlich teils zu<lb/><hi rendition="#i">&#x0113;</hi>, teils zu <hi rendition="#i">&#x0117;</hi> gedent.</p><lb/>
                <p>Wie im slawischen, so wird auch im litauischen im worte<lb/>
kein hiatus geduldet; die spaltung von <hi rendition="#i">i</hi> und <hi rendition="#i">u</hi> zu <hi rendition="#i">ij</hi> und <hi rendition="#i">uv</hi><lb/>
oder zusammenziehung beseitigt denselben.</p><lb/>
                <p><hi rendition="#i">j</hi> wirkt umlautend auf folgendes <hi rendition="#i">a</hi> und geht mit <hi rendition="#i">a</hi> und <hi rendition="#i">o</hi><lb/>
auch völlige verbindung ein.</p><lb/>
                <p>Der außlaut wird in der gewönlichen umgangssprache be-<lb/>
reits stark verkürzt, in der schriftsprache ist diß auf bestimte<lb/>
fälle beschränkt. Von einem dem slawischen entsprechenden<lb/>
anlautsgesetze (§. 89) finden sich nur vereinzelte spuren.</p><lb/>
                <p>Die vocalreihen des litauischen sind demnach folgende:<lb/><table><row><cell>schwächung</cell><cell>grundvocal</cell><cell>1. steig.</cell><cell>2. steig.</cell></row><lb/><row><cell><hi rendition="#i">a</hi>-reihe <hi rendition="#i">i (y)</hi>, <hi rendition="#i">u</hi> (selten)</cell><cell><hi rendition="#i">e (&#x0113;, &#x0117;) a (&#x0101;)</hi></cell><cell><hi rendition="#i">a (&#x0101;)</hi></cell><cell><hi rendition="#i">o</hi></cell></row><lb/><row><cell><hi rendition="#i">i</hi>-reihe</cell><cell><hi rendition="#i">i (y)</hi></cell><cell><hi rendition="#i">ë, ei</hi></cell><cell><hi rendition="#i">ai</hi></cell></row><lb/><row><cell/><cell/><cell>vor vocal. <hi rendition="#i">ej</hi></cell><cell><hi rendition="#i">aj</hi></cell></row><lb/><row><cell><hi rendition="#i">u</hi>-reihe</cell><cell><hi rendition="#i">u (&#x016B;)</hi></cell><cell><hi rendition="#i">&#x016F;</hi>, <hi rendition="#i">au</hi></cell><cell><hi rendition="#i">áu</hi></cell></row><lb/><row><cell/><cell/><cell>vor vocal. <hi rendition="#i">av</hi></cell><cell><hi rendition="#i">ov</hi></cell></row><lb/></table></p>
                <note place="left">§. 92.</note>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head><hi rendition="#g">Beispile</hi>.</head><lb/>
                <div n="6">
                  <head><hi rendition="#g"><hi rendition="#i">a</hi>-reihe</hi>.</head><lb/>
                  <p><hi rendition="#g">Schwächung</hi>. <hi rendition="#i">i</hi> gedent <hi rendition="#i">y</hi> = urspr. <hi rendition="#i">a</hi>. Die schwächung<lb/>
des urspr. <hi rendition="#i">a</hi> zu <hi rendition="#i">i</hi> ist im litauischen häufig und bei vilen wur-<lb/>
zeln regelmäßig, z. b. <hi rendition="#i">pìl-ti</hi> (infinit. implere) grundf. der wur-<lb/>
zel ist <hi rendition="#i">par</hi>, <hi rendition="#i">pil-ù</hi> (1. sg. praes.) grundf. <hi rendition="#i">par-âmi,</hi> mit denung<lb/>
des <hi rendition="#i">i</hi> zu <hi rendition="#i">y (î) py&#x0301;l-iau</hi> (1. sg. praeteriti); <hi rendition="#i">kìl-ti</hi> (infinit. exsur-<lb/>
gere, tolli), lit. wurzel <hi rendition="#i">kal,</hi> mit denung <hi rendition="#i">kyl-&#x0117;&#x0301;ti</hi> (tollere); <hi rendition="#i">mìr-ti</hi><lb/>
(infin. mori) wurz. <hi rendition="#i">mar</hi>; <hi rendition="#i">ìr-ti</hi> (remigare) mit denung <hi rendition="#i">y&#x0301;r-iau</hi><lb/>
(1. sg. praet.) wurz. <hi rendition="#i">ar; at-mìn-ti</hi> (infin. coniicere, explicare,<lb/>
als reflexiv meminisse) wurz. <hi rendition="#i">man; t&#x012F;&#x0301;s-ti</hi> (infin. extendi) wurz.<lb/><hi rendition="#i">tans</hi>, weiterbildung von <hi rendition="#i">tan</hi> (welches selbst eine weiterbildung<lb/>
von <hi rendition="#i">ta</hi> ist) u. s. f.</p><lb/>
                  <p><hi rendition="#i">u</hi> = urspr. <hi rendition="#i">a</hi> tritt weniger regelmäßig, mer vereinzelt auf,<lb/>
meist vor nasalen und liquiden, doch nicht außschließlich, z. b.<lb/><hi rendition="#i">pùl-kas</hi> (agmen, populus) wurz. <hi rendition="#i">par</hi> (implere); <hi rendition="#i">kul-nìs</hi> (calx)<lb/>
wurz. <hi rendition="#i">kal</hi> urspr. <hi rendition="#i">kar</hi> (ire); <hi rendition="#i">kùmp-as</hi> (curvus) neben <hi rendition="#i">kàmp-as</hi><lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0128] Litauisch. Vocale. A-reihe. Schwächung i, u. daß die länge von e doppelter art ist; ĕ wird nämlich teils zu ē, teils zu ė gedent. Wie im slawischen, so wird auch im litauischen im worte kein hiatus geduldet; die spaltung von i und u zu ij und uv oder zusammenziehung beseitigt denselben. j wirkt umlautend auf folgendes a und geht mit a und o auch völlige verbindung ein. Der außlaut wird in der gewönlichen umgangssprache be- reits stark verkürzt, in der schriftsprache ist diß auf bestimte fälle beschränkt. Von einem dem slawischen entsprechenden anlautsgesetze (§. 89) finden sich nur vereinzelte spuren. Die vocalreihen des litauischen sind demnach folgende: schwächung grundvocal 1. steig. 2. steig. a-reihe i (y), u (selten) e (ē, ė) a (ā) a (ā) o i-reihe i (y) ë, ei ai vor vocal. ej aj u-reihe u (ū) ů, au áu vor vocal. av ov Beispile. a-reihe. Schwächung. i gedent y = urspr. a. Die schwächung des urspr. a zu i ist im litauischen häufig und bei vilen wur- zeln regelmäßig, z. b. pìl-ti (infinit. implere) grundf. der wur- zel ist par, pil-ù (1. sg. praes.) grundf. par-âmi, mit denung des i zu y (î) pýl-iau (1. sg. praeteriti); kìl-ti (infinit. exsur- gere, tolli), lit. wurzel kal, mit denung kyl-ė́ti (tollere); mìr-ti (infin. mori) wurz. mar; ìr-ti (remigare) mit denung ýr-iau (1. sg. praet.) wurz. ar; at-mìn-ti (infin. coniicere, explicare, als reflexiv meminisse) wurz. man; tį́s-ti (infin. extendi) wurz. tans, weiterbildung von tan (welches selbst eine weiterbildung von ta ist) u. s. f. u = urspr. a tritt weniger regelmäßig, mer vereinzelt auf, meist vor nasalen und liquiden, doch nicht außschließlich, z. b. pùl-kas (agmen, populus) wurz. par (implere); kul-nìs (calx) wurz. kal urspr. kar (ire); kùmp-as (curvus) neben kàmp-as

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861/128
Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861/128>, abgerufen am 21.11.2024.