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Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

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her an dem Komischen einer solchen
Fügung des Schicksals zu ergötzen,
weil es nun doch einmal geschehen
und unabänderlich sey. Erst nach-
dem die Kraft der angespannten
Vernunft an der Unerreichbarkeit des
Ideals brach und erschlaffte, über-
ließ ich mich dem Strome der Ge-
danken, und hörte willig alle die
bunten Mährchen an, mit denen
Begierde und Einbildung, unwider-
stehliche Sirenen in meiner eignen
Brust, meine Sinne bezauberten. Es
fiel mir nicht ein das verführerische
Gaukelspiel unedel zu kritisiren, un-
geachtet ich wohl wußte, daß das
meiste nur schöne Lüge sey. Die
zarte Musik der Fantasie schien die
Lücken der Sehnsucht auszufüllen.

Dank-

her an dem Komiſchen einer ſolchen
Fügung des Schickſals zu ergötzen,
weil es nun doch einmal geſchehen
und unabänderlich ſey. Erſt nach-
dem die Kraft der angeſpannten
Vernunft an der Unerreichbarkeit des
Ideals brach und erſchlaffte, über-
ließ ich mich dem Strome der Ge-
danken, und hörte willig alle die
bunten Mährchen an, mit denen
Begierde und Einbildung, unwider-
ſtehliche Sirenen in meiner eignen
Bruſt, meine Sinne bezauberten. Es
fiel mir nicht ein das verführeriſche
Gaukelſpiel unedel zu kritiſiren, un-
geachtet ich wohl wußte, daß das
meiſte nur ſchöne Lüge ſey. Die
zarte Muſik der Fantaſie ſchien die
Lücken der Sehnſucht auszufüllen.

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[80/0085] her an dem Komiſchen einer ſolchen Fügung des Schickſals zu ergötzen, weil es nun doch einmal geſchehen und unabänderlich ſey. Erſt nach- dem die Kraft der angeſpannten Vernunft an der Unerreichbarkeit des Ideals brach und erſchlaffte, über- ließ ich mich dem Strome der Ge- danken, und hörte willig alle die bunten Mährchen an, mit denen Begierde und Einbildung, unwider- ſtehliche Sirenen in meiner eignen Bruſt, meine Sinne bezauberten. Es fiel mir nicht ein das verführeriſche Gaukelſpiel unedel zu kritiſiren, un- geachtet ich wohl wußte, daß das meiſte nur ſchöne Lüge ſey. Die zarte Muſik der Fantaſie ſchien die Lücken der Sehnſucht auszufüllen. Dank-

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/85>, abgerufen am 26.04.2024.