der Vaterschaft ankündigte. Und er wußte es doch, daß sie trotz ihres Versprechens noch vor kurzem Be- suche von einem andern angenom- men hatte. Das Versprechen konnte sie ihm nicht abschlagen. Sie selbst hätte es wahrscheinlich gern gehal- ten, aber sie brauchte mehr als er geben konnte; sie wußte nur eine Art, Geld zu erwerben, und aus einer Delikatesse, die sie einzig für ihn hatte, nahm sie nur das we- nigste von dem, was er geben wollte. Alles das bedachte der aufgebrachte Jüngling nicht, er hielt sich für be- trogen, er sagte es ihr mit harten Worten und verließ sie in dem lei- denschaftlichsten Zustande, wie er glaubte, auf immer. Nicht lange
der Vaterſchaft ankündigte. Und er wußte es doch, daß ſie trotz ihres Verſprechens noch vor kurzem Be- ſuche von einem andern angenom- men hatte. Das Verſprechen konnte ſie ihm nicht abſchlagen. Sie ſelbſt hätte es wahrſcheinlich gern gehal- ten, aber ſie brauchte mehr als er geben konnte; ſie wußte nur eine Art, Geld zu erwerben, und aus einer Delikateſſe, die ſie einzig für ihn hatte, nahm ſie nur das we- nigſte von dem, was er geben wollte. Alles das bedachte der aufgebrachte Jüngling nicht, er hielt ſich für be- trogen, er ſagte es ihr mit harten Worten und verließ ſie in dem lei- denſchaftlichſten Zuſtande, wie er glaubte, auf immer. Nicht lange
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der Vaterſchaft ankündigte. Und er
wußte es doch, daß ſie trotz ihres
Verſprechens noch vor kurzem Be-
ſuche von einem andern angenom-
men hatte. Das Verſprechen konnte
ſie ihm nicht abſchlagen. Sie ſelbſt
hätte es wahrſcheinlich gern gehal-
ten, aber ſie brauchte mehr als er
geben konnte; ſie wußte nur eine
Art, Geld zu erwerben, und aus
einer Delikateſſe, die ſie einzig für
ihn hatte, nahm ſie nur das we-
nigſte von dem, was er geben wollte.
Alles das bedachte der aufgebrachte
Jüngling nicht, er hielt ſich für be-
trogen, er ſagte es ihr mit harten
Worten und verließ ſie in dem lei-
denſchaftlichſten Zuſtande, wie er
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Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/158>, abgerufen am 26.04.2024.
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