Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.auch mehr in einem Buche als die einzelnen Perioden und ihre Theile? Wer darüber hinausgeht, wer auch in der Art, wie verschiedene Perioden auf einander folgen und wechseln, eine gewisse Melodie, und in dem Ganzen einen Ton finden will, der dem Gegenstande und der Stimmung angemessen ist, der möchte freylich größtentheils leer ausgehn. Wenn uns also nicht einmal die Euphonie im größten Sinne dargeboten wird, und die kleine Kunst derselben mit jenem erzählenden Talent verbunden den ganzen Werth der Engelschen Schreibart ausmacht -- denn, um an höhere Forderungen nicht zu denken, gegen die grammatische Correctheit möchte noch manches einzuwenden sein; -- so ist wenigstens nicht zu wünschen, daß mehrere Schriftsteller sich diese Vorzüge mit ähnlicher Aufopferung der Kraft und des innern Gehaltes zu eigen machen möchten. S -- r. Nicht selten giebt man schon dadurch Anstoß, daß man an einer verrufenen Sache keinen nimmt, dieß wird nämlich auf Gleichgültigkeit bey der Anfechtung des Ehrwürdigen und Heiligen, oder wohl gar auf ein Einverständniß mit den Anfechtern gedeutet. Die welche sich nicht so leicht irre machen lassen, müssen hingegen in der entgegengesetzten Gesinnung eine übel versteckte Verführbarkeit, Kleinmuth und Mangel an Zuversicht auf die Güte der Sache und die Festigkeit des eignen Willens wahrnehmen. Sie sind also berechtigt, an dem Anstoße jener wieder Anstoß auch mehr in einem Buche als die einzelnen Perioden und ihre Theile? Wer daruͤber hinausgeht, wer auch in der Art, wie verschiedene Perioden auf einander folgen und wechseln, eine gewisse Melodie, und in dem Ganzen einen Ton finden will, der dem Gegenstande und der Stimmung angemessen ist, der moͤchte freylich groͤßtentheils leer ausgehn. Wenn uns also nicht einmal die Euphonie im groͤßten Sinne dargeboten wird, und die kleine Kunst derselben mit jenem erzaͤhlenden Talent verbunden den ganzen Werth der Engelschen Schreibart ausmacht — denn, um an hoͤhere Forderungen nicht zu denken, gegen die grammatische Correctheit moͤchte noch manches einzuwenden sein; — so ist wenigstens nicht zu wuͤnschen, daß mehrere Schriftsteller sich diese Vorzuͤge mit aͤhnlicher Aufopferung der Kraft und des innern Gehaltes zu eigen machen moͤchten. S — r. Nicht selten giebt man schon dadurch Anstoß, daß man an einer verrufenen Sache keinen nimmt, dieß wird naͤmlich auf Gleichguͤltigkeit bey der Anfechtung des Ehrwuͤrdigen und Heiligen, oder wohl gar auf ein Einverstaͤndniß mit den Anfechtern gedeutet. Die welche sich nicht so leicht irre machen lassen, muͤssen hingegen in der entgegengesetzten Gesinnung eine uͤbel versteckte Verfuͤhrbarkeit, Kleinmuth und Mangel an Zuversicht auf die Guͤte der Sache und die Festigkeit des eignen Willens wahrnehmen. Sie sind also berechtigt, an dem Anstoße jener wieder Anstoß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0264" n="252"/> auch mehr in einem Buche als die einzelnen Perioden und ihre Theile? Wer daruͤber hinausgeht, wer auch in der Art, wie verschiedene Perioden auf einander folgen und wechseln, eine gewisse Melodie, und in dem Ganzen einen Ton finden will, der dem Gegenstande und der Stimmung angemessen ist, der moͤchte freylich groͤßtentheils leer ausgehn. Wenn uns also nicht einmal die Euphonie im groͤßten Sinne dargeboten wird, und die kleine Kunst derselben mit jenem erzaͤhlenden Talent verbunden den ganzen Werth der Engelschen Schreibart ausmacht — denn, um an hoͤhere Forderungen nicht zu denken, gegen die grammatische Correctheit moͤchte noch manches einzuwenden sein; — so ist wenigstens nicht zu wuͤnschen, daß mehrere Schriftsteller sich diese Vorzuͤge mit aͤhnlicher Aufopferung der Kraft und des innern Gehaltes zu eigen machen moͤchten.</p><lb/> <space dim="horizontal"/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">S — r.</hi> </salute> </closer><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="3"> <p>Nicht selten giebt man schon dadurch Anstoß, daß man an einer verrufenen Sache keinen nimmt, dieß wird naͤmlich auf Gleichguͤltigkeit bey der Anfechtung des Ehrwuͤrdigen und Heiligen, oder wohl gar auf ein Einverstaͤndniß mit den Anfechtern gedeutet. Die welche sich nicht so leicht irre machen lassen, muͤssen hingegen in der entgegengesetzten Gesinnung eine uͤbel versteckte Verfuͤhrbarkeit, Kleinmuth und Mangel an Zuversicht auf die Guͤte der Sache und die Festigkeit des eignen Willens wahrnehmen. Sie sind also berechtigt, an dem Anstoße jener wieder Anstoß </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [252/0264]
auch mehr in einem Buche als die einzelnen Perioden und ihre Theile? Wer daruͤber hinausgeht, wer auch in der Art, wie verschiedene Perioden auf einander folgen und wechseln, eine gewisse Melodie, und in dem Ganzen einen Ton finden will, der dem Gegenstande und der Stimmung angemessen ist, der moͤchte freylich groͤßtentheils leer ausgehn. Wenn uns also nicht einmal die Euphonie im groͤßten Sinne dargeboten wird, und die kleine Kunst derselben mit jenem erzaͤhlenden Talent verbunden den ganzen Werth der Engelschen Schreibart ausmacht — denn, um an hoͤhere Forderungen nicht zu denken, gegen die grammatische Correctheit moͤchte noch manches einzuwenden sein; — so ist wenigstens nicht zu wuͤnschen, daß mehrere Schriftsteller sich diese Vorzuͤge mit aͤhnlicher Aufopferung der Kraft und des innern Gehaltes zu eigen machen moͤchten.
S — r.
Nicht selten giebt man schon dadurch Anstoß, daß man an einer verrufenen Sache keinen nimmt, dieß wird naͤmlich auf Gleichguͤltigkeit bey der Anfechtung des Ehrwuͤrdigen und Heiligen, oder wohl gar auf ein Einverstaͤndniß mit den Anfechtern gedeutet. Die welche sich nicht so leicht irre machen lassen, muͤssen hingegen in der entgegengesetzten Gesinnung eine uͤbel versteckte Verfuͤhrbarkeit, Kleinmuth und Mangel an Zuversicht auf die Guͤte der Sache und die Festigkeit des eignen Willens wahrnehmen. Sie sind also berechtigt, an dem Anstoße jener wieder Anstoß
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