Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.zogen abwärts in die Ferne, wie Ungewitter. An Jhrem Halse weint ich dem neuen Leben entzückende Thränen. -- Es war der erste, einzige Traum -- und erst seitdem fühl ich ewigen, unwandelbaren Glauben an den Himmel der Nacht und sein Licht, die Geliebte. 4.
Nun weiß ich, wenn der letzte Morgen seyn wird -- wenn das Licht nicht mehr die Nacht und die Liebe scheucht -- wenn der Schlummer ewig und nur Ein unerschöpflicher Traum seyn wird. Himmlische Müdigkeit fühl ich in mir. -- Weit und ermüdend ward mir die Wallfahrt zum heiligen Grabe, drückend das Kreutz. Die krystallene Woge, die gemeinen Sinnen unvernehmlich, in des Hügels dunkeln Schooß quillt, an dessen Fuß die irdische Flut bricht, wer sie gekostet, wer oben stand auf dem Grenzgebürge der Welt, und hinübersah in das neue Land, in der Nacht Wohnsitz -- warlich der kehrt nicht in das Treiben der Welt zurück, in das Land, wo das Licht in ewiger Unruh hauset. Oben baut er sich Hütten, Hütten des Friedens, sehnt sich und liebt, schaut hinüber, bis die willkommenste aller Stunden hinunter ihn in den Brunnen der Quelle zieht -- das Jrdische schwimmt oben auf, wird von Stürmen zurückgeführt, aber was heilig durch der Liebe Berührung ward, rinnt aufgelöst in verborgenen Gängen auf das jenseitige Gebiet, wo es, wie Düfte, sich mit entschlummerten Lieben mischt. zogen abwaͤrts in die Ferne, wie Ungewitter. An Jhrem Halse weint ich dem neuen Leben entzuͤckende Thraͤnen. — Es war der erste, einzige Traum — und erst seitdem fuͤhl ich ewigen, unwandelbaren Glauben an den Himmel der Nacht und sein Licht, die Geliebte. 4.
Nun weiß ich, wenn der letzte Morgen seyn wird — wenn das Licht nicht mehr die Nacht und die Liebe scheucht — wenn der Schlummer ewig und nur Ein unerschoͤpflicher Traum seyn wird. Himmlische Muͤdigkeit fuͤhl ich in mir. — Weit und ermuͤdend ward mir die Wallfahrt zum heiligen Grabe, druͤckend das Kreutz. Die krystallene Woge, die gemeinen Sinnen unvernehmlich, in des Huͤgels dunkeln Schooß quillt, an dessen Fuß die irdische Flut bricht, wer sie gekostet, wer oben stand auf dem Grenzgebuͤrge der Welt, und hinuͤbersah in das neue Land, in der Nacht Wohnsitz — warlich der kehrt nicht in das Treiben der Welt zuruͤck, in das Land, wo das Licht in ewiger Unruh hauset. Oben baut er sich Huͤtten, Huͤtten des Friedens, sehnt sich und liebt, schaut hinuͤber, bis die willkommenste aller Stunden hinunter ihn in den Brunnen der Quelle zieht — das Jrdische schwimmt oben auf, wird von Stuͤrmen zuruͤckgefuͤhrt, aber was heilig durch der Liebe Beruͤhrung ward, rinnt aufgeloͤst in verborgenen Gaͤngen auf das jenseitige Gebiet, wo es, wie Duͤfte, sich mit entschlummerten Lieben mischt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0204" n="192"/> zogen abwaͤrts in die Ferne, wie Ungewitter. An Jhrem Halse weint ich dem neuen Leben entzuͤckende Thraͤnen. — Es war der erste, einzige Traum — und erst seitdem fuͤhl ich ewigen, unwandelbaren Glauben an den Himmel der Nacht und sein Licht, die Geliebte.</p><lb/> </div> <div n="3"> <head>4.</head> <p>Nun weiß ich, wenn der letzte Morgen seyn wird — wenn das Licht nicht mehr die Nacht und die Liebe scheucht — wenn der Schlummer ewig und nur Ein unerschoͤpflicher Traum seyn wird. Himmlische Muͤdigkeit fuͤhl ich in mir. — Weit und ermuͤdend ward mir die Wallfahrt zum heiligen Grabe, druͤckend das Kreutz. Die krystallene Woge, die gemeinen Sinnen unvernehmlich, in des Huͤgels dunkeln Schooß quillt, an dessen Fuß die irdische Flut bricht, wer sie gekostet, wer oben stand auf dem Grenzgebuͤrge der Welt, und hinuͤbersah in das neue Land, in der Nacht Wohnsitz — warlich der kehrt nicht in das Treiben der Welt zuruͤck, in das Land, wo das Licht in ewiger Unruh hauset.</p><lb/> <p>Oben baut er sich Huͤtten, Huͤtten des Friedens, sehnt sich und liebt, schaut hinuͤber, bis die willkommenste aller Stunden hinunter ihn in den Brunnen der Quelle zieht — das Jrdische schwimmt oben auf, wird von Stuͤrmen zuruͤckgefuͤhrt, aber was heilig durch der Liebe Beruͤhrung ward, rinnt aufgeloͤst in verborgenen Gaͤngen auf das jenseitige Gebiet, wo es, wie Duͤfte, sich mit entschlummerten Lieben mischt. </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [192/0204]
zogen abwaͤrts in die Ferne, wie Ungewitter. An Jhrem Halse weint ich dem neuen Leben entzuͤckende Thraͤnen. — Es war der erste, einzige Traum — und erst seitdem fuͤhl ich ewigen, unwandelbaren Glauben an den Himmel der Nacht und sein Licht, die Geliebte.
4. Nun weiß ich, wenn der letzte Morgen seyn wird — wenn das Licht nicht mehr die Nacht und die Liebe scheucht — wenn der Schlummer ewig und nur Ein unerschoͤpflicher Traum seyn wird. Himmlische Muͤdigkeit fuͤhl ich in mir. — Weit und ermuͤdend ward mir die Wallfahrt zum heiligen Grabe, druͤckend das Kreutz. Die krystallene Woge, die gemeinen Sinnen unvernehmlich, in des Huͤgels dunkeln Schooß quillt, an dessen Fuß die irdische Flut bricht, wer sie gekostet, wer oben stand auf dem Grenzgebuͤrge der Welt, und hinuͤbersah in das neue Land, in der Nacht Wohnsitz — warlich der kehrt nicht in das Treiben der Welt zuruͤck, in das Land, wo das Licht in ewiger Unruh hauset.
Oben baut er sich Huͤtten, Huͤtten des Friedens, sehnt sich und liebt, schaut hinuͤber, bis die willkommenste aller Stunden hinunter ihn in den Brunnen der Quelle zieht — das Jrdische schwimmt oben auf, wird von Stuͤrmen zuruͤckgefuͤhrt, aber was heilig durch der Liebe Beruͤhrung ward, rinnt aufgeloͤst in verborgenen Gaͤngen auf das jenseitige Gebiet, wo es, wie Duͤfte, sich mit entschlummerten Lieben mischt.
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