Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.V.
Notizen. Garve's letzte noch von ihm selbst herausgegebene Schriften. Je weniger Jemand mit der Philosophie auf dem rechten Wege ist, desto leichter kann es freilich geschehen, daß er durch sein Leben sein System übertrift, ohne eigentlich auch in jenem etwas ordentliches geleistet zu haben: es ist aber doch erfreulich wenn es auf die Art geschieht, wie bey Garve, der weder niedergedrückt noch abgestumpft, noch den Einfluß auf die Welt früher aufgebend als das Leben selbst, die letzten beschwerlichen Stunden desselben so unermüdet genuzt, und so fleißig geeilt hat, was er noch konnte von den Früchten seines Nachdenkens zu sammeln und den zurückbleibenden Zeitgenossen als das beste Denkmal seines Daseyns zum Aufbewahren zu übergeben. Das beste sage ich: denn obgleich der Tod alle seine letzten Schriften auf eine oder die andre Art unterbrochen hat (ich rechne den dritten Theil der Versuche noch mit) so sind sie doch bey weitem das wichtigste, was wir von dem Verstorbenen besitzen. Was er früher philosophirt hat, geschah immer nur in Anmerkungen zu fremden Gedanken und in Reflexionen über einzelne V.
Notizen. Garve's letzte noch von ihm selbst herausgegebene Schriften. Je weniger Jemand mit der Philosophie auf dem rechten Wege ist, desto leichter kann es freilich geschehen, daß er durch sein Leben sein System uͤbertrift, ohne eigentlich auch in jenem etwas ordentliches geleistet zu haben: es ist aber doch erfreulich wenn es auf die Art geschieht, wie bey Garve, der weder niedergedruͤckt noch abgestumpft, noch den Einfluß auf die Welt fruͤher aufgebend als das Leben selbst, die letzten beschwerlichen Stunden desselben so unermuͤdet genuzt, und so fleißig geeilt hat, was er noch konnte von den Fruͤchten seines Nachdenkens zu sammeln und den zuruͤckbleibenden Zeitgenossen als das beste Denkmal seines Daseyns zum Aufbewahren zu uͤbergeben. Das beste sage ich: denn obgleich der Tod alle seine letzten Schriften auf eine oder die andre Art unterbrochen hat (ich rechne den dritten Theil der Versuche noch mit) so sind sie doch bey weitem das wichtigste, was wir von dem Verstorbenen besitzen. Was er fruͤher philosophirt hat, geschah immer nur in Anmerkungen zu fremden Gedanken und in Reflexionen uͤber einzelne <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0137" n="129"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">V.<lb/><hi rendition="#g">Notizen</hi>.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="3"> <head>Garve's letzte noch von ihm selbst herausgegebene Schriften.</head><lb/> <p>Je weniger Jemand mit der Philosophie auf dem rechten Wege ist, desto leichter kann es freilich geschehen, daß er durch sein Leben sein System uͤbertrift, ohne eigentlich auch in jenem etwas ordentliches geleistet zu haben: es ist aber doch erfreulich wenn es auf die Art geschieht, wie bey Garve, der weder niedergedruͤckt noch abgestumpft, noch den Einfluß auf die Welt fruͤher aufgebend als das Leben selbst, die letzten beschwerlichen Stunden desselben so unermuͤdet genuzt, und so fleißig geeilt hat, was er noch konnte von den Fruͤchten seines Nachdenkens zu sammeln und den zuruͤckbleibenden Zeitgenossen als das beste Denkmal seines Daseyns zum Aufbewahren zu uͤbergeben. Das beste sage ich: denn obgleich der Tod alle seine letzten Schriften auf eine oder die andre Art unterbrochen hat (ich rechne den dritten Theil der Versuche noch mit) so sind sie doch bey weitem das wichtigste, was wir von dem Verstorbenen besitzen. Was er fruͤher philosophirt hat, geschah immer nur in Anmerkungen zu fremden Gedanken und in Reflexionen uͤber einzelne </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [129/0137]
V.
Notizen.
Garve's letzte noch von ihm selbst herausgegebene Schriften.
Je weniger Jemand mit der Philosophie auf dem rechten Wege ist, desto leichter kann es freilich geschehen, daß er durch sein Leben sein System uͤbertrift, ohne eigentlich auch in jenem etwas ordentliches geleistet zu haben: es ist aber doch erfreulich wenn es auf die Art geschieht, wie bey Garve, der weder niedergedruͤckt noch abgestumpft, noch den Einfluß auf die Welt fruͤher aufgebend als das Leben selbst, die letzten beschwerlichen Stunden desselben so unermuͤdet genuzt, und so fleißig geeilt hat, was er noch konnte von den Fruͤchten seines Nachdenkens zu sammeln und den zuruͤckbleibenden Zeitgenossen als das beste Denkmal seines Daseyns zum Aufbewahren zu uͤbergeben. Das beste sage ich: denn obgleich der Tod alle seine letzten Schriften auf eine oder die andre Art unterbrochen hat (ich rechne den dritten Theil der Versuche noch mit) so sind sie doch bey weitem das wichtigste, was wir von dem Verstorbenen besitzen. Was er fruͤher philosophirt hat, geschah immer nur in Anmerkungen zu fremden Gedanken und in Reflexionen uͤber einzelne
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Zitationshilfe: | Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/137>, abgerufen am 27.07.2024. |