Schiller, Friedrich: Über naive und sentimentalische Dichtung. [Tl. 2:] Die sentimentalischen Dichter. In: Die Horen 1795, 12. St., T. I., S. 1-55.Die Horen. Erster Jahrgang. Zwölftes Stück. I Die sentimentalischen Dichter. Der Dichter, hieß es in dem vorhergehenden Versuch Der dichterische Geist ist unsterblich und unverlierbar * Man sehe das eilfte Stück der Horen. Die Horen. 1795. 12tes St. 1
Die Horen. Erſter Jahrgang. Zwoͤlftes Stuͤck. I Die ſentimentaliſchen Dichter. Der Dichter, hieß es in dem vorhergehenden Verſuch Der dichteriſche Geiſt iſt unſterblich und unverlierbar * Man ſehe das eilfte Stuͤck der Horen. Die Horen. 1795. 12tes St. 1
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Die Horen.
Erſter Jahrgang. Zwoͤlftes Stuͤck.
I
Die ſentimentaliſchen Dichter.
Der Dichter, hieß es in dem vorhergehenden Verſuch
uͤber das Naive * iſt entweder Natur, oder er wird ſie
ſuchen. Jenes macht den naiven, dieſes den ſentimen-
taliſchen Dichter. Mit der Erklaͤrung dieſes Satzes wird
der gegenwaͤrtige Verſuch ſich beſchaͤftigen.
Der dichteriſche Geiſt iſt unſterblich und unverlierbar
in der Menſchheit; er kann nicht anders als zugleich mit
derſelben und mit der Anlage zu ihr ſich verlieren. Denn
entfernt ſich gleich der Menſch durch die Freyheit ſeiner
Phantaſie und ſeines Verſtandes von der Einfalt, Wahr-
heit und Nothwendigkeit der Natur, ſo ſteht ihm doch
nicht nur der Pfad zu derſelben immer offen, ſondern
ein maͤchtiger und unvertilgbarer Trieb, der moraliſche,
treibt ihn auch unaufhoͤrlich zu ihr zuruͤck, und eben mit
dieſem Triebe ſteht das Dichtungsvermoͤgen in der engſten
Verwandtſchaft. Dieſes verliert ſich alſo nicht auch zu-
gleich mit der natuͤrlichen Einfalt, ſondern wirkt nur nach
einer andern Richtung.
* Man ſehe das eilfte Stuͤck der Horen.
Die Horen. 1795. 12tes St. 1
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