Der König allein. Jetzt gib mir einen Menschen, gute Vorsicht -- Du hast mir viel gegeben. Schenke mir jetzt einen Menschen ... Du -- du bist allein, denn deine Augen prüfen das Verborgne, ich bitte dich um einen Freund, denn ich bin nicht wie du allwissend. Die Gehülfen, die du mir zugeordnet hast, was sie mir sind, weißt du. Was sie verdienen, haben sie mir gegolten. Ihre zahmen Laster, beherrscht vom Zaume, ziehen meinen Wagen, wie deine Wetter fronen der Natur. Ich brauche Wahrheit -- Ihre stille Quelle im dunkeln Schutt des Irrthums aufzugraben ist nicht das Loos der Könige. Gib mir den seltnen Mann mit reinem, offnen Herzen, mit hellem Geist und unbefangnen Augen, der mir sie finden helfen kann -- ich schütte die Loose auf; laß unter Tausenden, die um der Hoheit Sonnenscheibe flattern, den einzigen mich finden. Er öffnet eine Schatulle, die sehr stark verschlossen ist, und nimmt eine Schreibtafel heraus. Nachdem er eine Zeit lang darin geblättert:
Dritter Akt.
Fünfter Auftritt.
Der König allein. Jetzt gib mir einen Menſchen, gute Vorſicht — Du haſt mir viel gegeben. Schenke mir jetzt einen Menſchen … Du — du biſt allein, denn deine Augen prüfen das Verborgne, ich bitte dich um einen Freund, denn ich bin nicht wie du allwiſſend. Die Gehülfen, die du mir zugeordnet haſt, was ſie mir ſind, weißt du. Was ſie verdienen, haben ſie mir gegolten. Ihre zahmen Laſter, beherrſcht vom Zaume, ziehen meinen Wagen, wie deine Wetter fronen der Natur. Ich brauche Wahrheit — Ihre ſtille Quelle im dunkeln Schutt des Irrthums aufzugraben iſt nicht das Loos der Könige. Gib mir den ſeltnen Mann mit reinem, offnen Herzen, mit hellem Geiſt und unbefangnen Augen, der mir ſie finden helfen kann — ich ſchütte die Looſe auf; laß unter Tauſenden, die um der Hoheit Sonnenſcheibe flattern, den einzigen mich finden. Er öffnet eine Schatulle, die ſehr ſtark verſchloſſen iſt, und nimmt eine Schreibtafel heraus. Nachdem er eine Zeit lang darin geblättert:
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Dritter Akt.
Fünfter Auftritt.
Der König allein.
Jetzt gib mir einen Menſchen, gute Vorſicht —
Du haſt mir viel gegeben. Schenke mir
jetzt einen Menſchen … Du — du biſt allein,
denn deine Augen prüfen das Verborgne,
ich bitte dich um einen Freund, denn ich
bin nicht wie du allwiſſend. Die Gehülfen,
die du mir zugeordnet haſt, was ſie
mir ſind, weißt du. Was ſie verdienen, haben
ſie mir gegolten. Ihre zahmen Laſter,
beherrſcht vom Zaume, ziehen meinen Wagen,
wie deine Wetter fronen der Natur.
Ich brauche Wahrheit — Ihre ſtille Quelle
im dunkeln Schutt des Irrthums aufzugraben
iſt nicht das Loos der Könige. Gib mir
den ſeltnen Mann mit reinem, offnen Herzen,
mit hellem Geiſt und unbefangnen Augen,
der mir ſie finden helfen kann — ich ſchütte
die Looſe auf; laß unter Tauſenden,
die um der Hoheit Sonnenſcheibe flattern,
den einzigen mich finden.
Er öffnet eine Schatulle, die ſehr ſtark verſchloſſen
iſt, und nimmt eine Schreibtafel heraus. Nachdem er
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Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/255>, abgerufen am 22.02.2025.
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