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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.

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ist/ so vil mich bedunkt/ des Collini, aus welchem auch die nöthigen Bericht
meistens zeuhen werde/ und aber denselben untermischen mit eigenen meinen
Anmerkungen.

Es sol dises Heil Bad zuerst erfunden worden sein von denen Viehhir-
ten/ oder Sennen/ oder von den Jägeren/ dann der Ohrt/ da es stehet/ jezt
zwahren zahm/ gebauet/ mit schönen Gebäuen gezieret/ und mit Graßrei-
chen Weyden umgeben/ vorzeiten aber wild/ und fast unbrauchbar gewesen/
dann von der Morgen Seite wird das hohe Thal/ da das Bad ist/ beschlos-
sen mit hohen unwandelbaren Gletscheren; gegen Mittag ist gleichfals ein ho-
her unerstelglicher Berg; gegen Abend seyn dicke und finstere Wälder/ jezt
noch genennet s Holtz im Thal/ durch welche die Dala in der Tieffe ab-
lauffet/ und jezt eine Straß gebahnet ist auf Leuk; gegen Mittnacht ist der
hohe Gemmiberg/ welcher auch nicht ersteiglich were/ wann nicht bey anlas
des Bads die Kunst die in der Natur vorkommenen Hindernussen über-
wunden hette. Mit einem wort/ es kame in dise abgelegne Wildnuß nie-
mand/ als die Gemse/ und andere dergleichen Bergthier/ und die ihnen nach-
gestellet. Nachgehnds aber hat man angefangen die Wälder außstocken/
die Alpen von dem Vieh abnutzen/ Sennhütten/ und andere Gebäude auf-
führen/ so daß nun das Bad einem Dorff sich gleichet. Ungewiß aber ist die
Zeit/ wann die Erfindung des Bads/ oder jezt gemelte Wegraumung/ gesche-
hen/ vermuthlich aber hat sich diß alles zugetragen vor etlich 100. Jahren/
wie auch dessen anzeig ist ein alter Thurn/ welcher nach etlicher Meinung ge-
bauet worden von einem Freyherren von Thurn/ als ein Schutzwehr wider
den Einfall der Berneren; gläublicher aber ist eine alte Sag/ welche einem
Edlen Mans die Aufrichtung desselben zuschreibet.

Der Quellen seyn sonderlich fünf an der Zahl. Die erste/ und grö-
ste/ welche auch eine Mühle zutreiben mächtig were/ findet sich an der Straß/
bedeket mit einem breiten Stein. Von diser Quelle werden zwey drittheil
angewendet zu dem Hauß- und wasch-Gebrauch/ ein drittheil aber fliesset in
das grosse Bad/ welches unter freyem Himmel/ zwahr mit einem Tach be-
decket/ und wol 120. Schuhe in dem Umkreiß hat. Es seyn in disem gros-
sen Kasten drey eingefaßte Bäder/ eins vor die Manns- die anderen vor die
Weibspersonen. Der andere Brunn entspringt unter dem Wirths-
hauß zum Weissen-Kreutz/ und fliesset auch in das grosse Bad. Ein drit-
ter
Brunn diente ehemals allein den vornehmeren Gästen/ nun aber denen
gar elenden/ mit äusserlichen wüsten Schäden behafteten/ und deßwegen zu
scheuhenden Patienten/ und widerum ein ander besonder Bad vor die Ba-
der/ und Schärer. Die vierte Quell ligt von dem grossen Bad eine zim-
liche weite ab/ in der Wiesen/ unter obbemeldtem Thurn/ ist sonderlich ge-

widmet

iſt/ ſo vil mich bedunkt/ des Collini, aus welchem auch die noͤthigen Bericht
meiſtens zeuhen werde/ und aber denſelben untermiſchen mit eigenen meinen
Anmerkungen.

Es ſol diſes Heil Bad zuerſt erfunden worden ſein von denen Viehhir-
ten/ oder Sennen/ oder von den Jaͤgeren/ dann der Ohrt/ da es ſtehet/ jezt
zwahren zahm/ gebauet/ mit ſchoͤnen Gebaͤuen gezieret/ und mit Graßrei-
chen Weyden umgeben/ vorzeiten aber wild/ und faſt unbrauchbar geweſen/
dann von der Morgen Seite wird das hohe Thal/ da das Bad iſt/ beſchloſ-
ſen mit hohen unwandelbaren Gletſcheren; gegen Mittag iſt gleichfals ein ho-
her unerſtelglicher Berg; gegen Abend ſeyn dicke und finſtere Waͤlder/ jezt
noch genennet s Holtz im Thal/ durch welche die Dala in der Tieffe ab-
lauffet/ und jezt eine Straß gebahnet iſt auf Leuk; gegen Mittnacht iſt der
hohe Gemmiberg/ welcher auch nicht erſteiglich were/ wann nicht bey anlas
des Bads die Kunſt die in der Natur vorkommenen Hindernuſſen uͤber-
wunden hette. Mit einem wort/ es kame in diſe abgelegne Wildnuß nie-
mand/ als die Gemſe/ und andere dergleichen Bergthier/ und die ihnen nach-
geſtellet. Nachgehnds aber hat man angefangen die Waͤlder außſtocken/
die Alpen von dem Vieh abnutzen/ Sennhuͤtten/ und andere Gebaͤude auf-
fuͤhren/ ſo daß nun das Bad einem Dorff ſich gleichet. Ungewiß aber iſt die
Zeit/ wann die Erfindung des Bads/ oder jezt gemelte Wegraumung/ geſche-
hen/ vermuthlich aber hat ſich diß alles zugetragen vor etlich 100. Jahren/
wie auch deſſen anzeig iſt ein alter Thurn/ welcher nach etlicher Meinung ge-
bauet worden von einem Freyherꝛen von Thurn/ als ein Schutzwehr wider
den Einfall der Berneren; glaͤublicher aber iſt eine alte Sag/ welche einem
Edlen Mans die Aufrichtung deſſelben zuſchreibet.

Der Quellen ſeyn ſonderlich fuͤnf an der Zahl. Die erſte/ und groͤ-
ſte/ welche auch eine Muͤhle zutreiben maͤchtig were/ findet ſich an der Straß/
bedeket mit einem breiten Stein. Von diſer Quelle werden zwey drittheil
angewendet zu dem Hauß- und waſch-Gebrauch/ ein drittheil aber flieſſet in
das groſſe Bad/ welches unter freyem Himmel/ zwahr mit einem Tach be-
decket/ und wol 120. Schuhe in dem Umkreiß hat. Es ſeyn in diſem groſ-
ſen Kaſten drey eingefaßte Baͤder/ eins vor die Manns- die anderen vor die
Weibsperſonen. Der andere Brunn entſpringt unter dem Wirths-
hauß zum Weiſſen-Kreutz/ und flieſſet auch in das groſſe Bad. Ein drit-
ter
Brunn diente ehemals allein den vornehmeren Gaͤſten/ nun aber denen
gar elenden/ mit aͤuſſerlichen wuͤſten Schaͤden behafteten/ und deßwegen zu
ſcheuhenden Patienten/ und widerum ein ander beſonder Bad vor die Ba-
der/ und Schaͤrer. Die vierte Quell ligt von dem groſſen Bad eine zim-
liche weite ab/ in der Wieſen/ unter obbemeldtem Thurn/ iſt ſonderlich ge-

widmet
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[131/0159] iſt/ ſo vil mich bedunkt/ des Collini, aus welchem auch die noͤthigen Bericht meiſtens zeuhen werde/ und aber denſelben untermiſchen mit eigenen meinen Anmerkungen. Es ſol diſes Heil Bad zuerſt erfunden worden ſein von denen Viehhir- ten/ oder Sennen/ oder von den Jaͤgeren/ dann der Ohrt/ da es ſtehet/ jezt zwahren zahm/ gebauet/ mit ſchoͤnen Gebaͤuen gezieret/ und mit Graßrei- chen Weyden umgeben/ vorzeiten aber wild/ und faſt unbrauchbar geweſen/ dann von der Morgen Seite wird das hohe Thal/ da das Bad iſt/ beſchloſ- ſen mit hohen unwandelbaren Gletſcheren; gegen Mittag iſt gleichfals ein ho- her unerſtelglicher Berg; gegen Abend ſeyn dicke und finſtere Waͤlder/ jezt noch genennet s Holtz im Thal/ durch welche die Dala in der Tieffe ab- lauffet/ und jezt eine Straß gebahnet iſt auf Leuk; gegen Mittnacht iſt der hohe Gemmiberg/ welcher auch nicht erſteiglich were/ wann nicht bey anlas des Bads die Kunſt die in der Natur vorkommenen Hindernuſſen uͤber- wunden hette. Mit einem wort/ es kame in diſe abgelegne Wildnuß nie- mand/ als die Gemſe/ und andere dergleichen Bergthier/ und die ihnen nach- geſtellet. Nachgehnds aber hat man angefangen die Waͤlder außſtocken/ die Alpen von dem Vieh abnutzen/ Sennhuͤtten/ und andere Gebaͤude auf- fuͤhren/ ſo daß nun das Bad einem Dorff ſich gleichet. Ungewiß aber iſt die Zeit/ wann die Erfindung des Bads/ oder jezt gemelte Wegraumung/ geſche- hen/ vermuthlich aber hat ſich diß alles zugetragen vor etlich 100. Jahren/ wie auch deſſen anzeig iſt ein alter Thurn/ welcher nach etlicher Meinung ge- bauet worden von einem Freyherꝛen von Thurn/ als ein Schutzwehr wider den Einfall der Berneren; glaͤublicher aber iſt eine alte Sag/ welche einem Edlen Mans die Aufrichtung deſſelben zuſchreibet. Der Quellen ſeyn ſonderlich fuͤnf an der Zahl. Die erſte/ und groͤ- ſte/ welche auch eine Muͤhle zutreiben maͤchtig were/ findet ſich an der Straß/ bedeket mit einem breiten Stein. Von diſer Quelle werden zwey drittheil angewendet zu dem Hauß- und waſch-Gebrauch/ ein drittheil aber flieſſet in das groſſe Bad/ welches unter freyem Himmel/ zwahr mit einem Tach be- decket/ und wol 120. Schuhe in dem Umkreiß hat. Es ſeyn in diſem groſ- ſen Kaſten drey eingefaßte Baͤder/ eins vor die Manns- die anderen vor die Weibsperſonen. Der andere Brunn entſpringt unter dem Wirths- hauß zum Weiſſen-Kreutz/ und flieſſet auch in das groſſe Bad. Ein drit- ter Brunn diente ehemals allein den vornehmeren Gaͤſten/ nun aber denen gar elenden/ mit aͤuſſerlichen wuͤſten Schaͤden behafteten/ und deßwegen zu ſcheuhenden Patienten/ und widerum ein ander beſonder Bad vor die Ba- der/ und Schaͤrer. Die vierte Quell ligt von dem groſſen Bad eine zim- liche weite ab/ in der Wieſen/ unter obbemeldtem Thurn/ iſt ſonderlich ge- widmet

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708/159>, abgerufen am 26.04.2024.