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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.

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N. 36.)



Schweizerische
Berg-Reisen.


WEilen sothanen Schaden der Kandel abzuwenden die Wuhr/ und an-
dere bißher gebrauchte Mittel unzulänglich seyn/ als hat man hoch-
weißlich zuberathen angefangen/ ob nicht die gäntzliche Verderbung
dasigen Lands könte hinderhalten werden durch eine andere Leitung der Kan-
del/ unter dem Berg hindurch in den Thuner-See/ indeme sie vermuthlich ihre
ungestüme Art wurde verlieren/ und sich über den ganzen See also außbreiten/
daß man von effectuirung dises Mittels an dem Thuner-See selbs nichts zu-
befahren hette/ und villeicht der Aren lauff unter dem Thuner-See auch in
mehrere Richtigkeit gebracht werden könte. Es förchten aber die Thuner/ und
andere Anwohnere des Sees/ daß durch vorhabende Leitung der Kandel
in den See/ diser also bey anbrechenden Wald Wasseren sich möchte auflas-
sen/ daß daher die überschwemmung des flachen/ sehr fruchtbaren/ Lands zube-
sorgen were. Zuerörterung diser Frag gehöret eine Mathematische Auß-
rechnung der Wasseren der Kandel/ der weite des Sees/ des lauffs in die
Aren/ worauß sich zeigen wurde/ wie hoch der See könte in der Höhe an-
wachsen auch bey der grösten Menge der Wasseren/ welche Er von der Kan-
del wurde empfangen.

Das Frutinger Thal/ welches wir jetzt durchwandlet/ erstreckt sich
in die vier Meilen; ware ehemals unter der Herrschaft besonderer Freyher-
ren von Frutingen
genant: von welchen es kommen an die Wallisser
Freyherren von Thurn/ von denen einer Hr. Antonius A. 1365. zu
Zeiten Keyser Caroli IV. denen von Bern vil verdrieß zugefüget/ hernach
aber A. 1400. dem hochlobl. Stand Bern seinen ganzen Theil verkauft um
eine gewisse Summ Gelts/ welche die Einwohnere selbs erlegt/ und hardurch
sich von dem Joch ihres Herren loß gewirket.

Wir begaben uns zu Faulen-See zu Schiff/ und langten abends an zu Thun/
Thunum, Thuna, Dunum, welches eine schöne Statt zu außgang des Sees
in die Aaren/ an einem lustigen Ohrt gelegen/ welche sich in zwey Theil ab-
theilet/ deren der einte jenseit der Bruk dem Aergeu zugehört/ der andere
aber disseits in dem Uchtland liget. Dise Statt und Schloß hatte vorzei-
ten ihre eigene Graffen/ von Thun genant/ von deren endtlichen Abgang

man
N. 36.)



Schweizeriſche
Berg-Reiſen.


WEilen ſothanen Schaden der Kandel abzuwenden die Wuhr/ und an-
dere bißher gebrauchte Mittel unzulaͤnglich ſeyn/ als hat man hoch-
weißlich zuberathen angefangen/ ob nicht die gaͤntzliche Verderbung
daſigen Lands koͤnte hinderhalten werden durch eine andere Leitung der Kan-
del/ unter dem Berg hindurch in den Thuner-See/ indeme ſie vermuthlich ihre
ungeſtuͤme Art wurde verlieren/ und ſich uͤber den ganzen See alſo außbreitẽ/
daß man von effectuirung diſes Mittels an dem Thuner-See ſelbs nichts zu-
befahren hette/ und villeicht der Aren lauff unter dem Thuner-See auch in
mehrere Richtigkeit gebracht werden koͤnte. Es foͤrchten aber die Thuner/ und
andere Anwohnere des Sees/ daß durch vorhabende Leitung der Kandel
in den See/ diſer alſo bey anbrechenden Wald Waſſeren ſich moͤchte auflaſ-
ſen/ daß daher die uͤberſchwemmung des flachen/ ſehr fruchtbaren/ Lands zube-
ſorgen were. Zueroͤrterung diſer Frag gehoͤret eine Mathematiſche Auß-
rechnung der Waſſeren der Kandel/ der weite des Sees/ des lauffs in die
Aren/ worauß ſich zeigen wurde/ wie hoch der See koͤnte in der Hoͤhe an-
wachſen auch bey der groͤſten Menge der Waſſeren/ welche Er von der Kan-
del wurde empfangen.

Das Frutinger Thal/ welches wir jetzt durchwandlet/ erſtreckt ſich
in die vier Meilen; ware ehemals unter der Herꝛſchaft beſonderer Freyher-
ren von Frutingen
genant: von welchen es kommen an die Walliſſer
Freyherꝛen von Thurn/ von denen einer Hr. Antonius A. 1365. zu
Zeiten Keyſer Caroli IV. denen von Bern vil verdrieß zugefuͤget/ hernach
aber A. 1400. dem hochlobl. Stand Bern ſeinen ganzen Theil verkauft um
eine gewiſſe Summ Gelts/ welche die Einwohnere ſelbs erlegt/ und hardurch
ſich von dem Joch ihres Herꝛen loß gewirket.

Wir begaben uns zu Faulen-See zu Schiff/ uñ langtẽ abends an zu Thun/
Thunum, Thuna, Dunum, welches eine ſchoͤne Statt zu außgang des Sees
in die Aaren/ an einem luſtigen Ohrt gelegen/ welche ſich in zwey Theil ab-
theilet/ deren der einte jenſeit der Bruk dem Aergeu zugehoͤrt/ der andere
aber diſſeits in dem Uchtland liget. Diſe Statt und Schloß hatte vorzei-
ten ihre eigene Graffen/ von Thun genant/ von deren endtlichen Abgang

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[141/0172] N. 36.) (Den 7. Sept. 1707. Schweizeriſche Berg-Reiſen. WEilen ſothanen Schaden der Kandel abzuwenden die Wuhr/ und an- dere bißher gebrauchte Mittel unzulaͤnglich ſeyn/ als hat man hoch- weißlich zuberathen angefangen/ ob nicht die gaͤntzliche Verderbung daſigen Lands koͤnte hinderhalten werden durch eine andere Leitung der Kan- del/ unter dem Berg hindurch in den Thuner-See/ indeme ſie vermuthlich ihre ungeſtuͤme Art wurde verlieren/ und ſich uͤber den ganzen See alſo außbreitẽ/ daß man von effectuirung diſes Mittels an dem Thuner-See ſelbs nichts zu- befahren hette/ und villeicht der Aren lauff unter dem Thuner-See auch in mehrere Richtigkeit gebracht werden koͤnte. Es foͤrchten aber die Thuner/ und andere Anwohnere des Sees/ daß durch vorhabende Leitung der Kandel in den See/ diſer alſo bey anbrechenden Wald Waſſeren ſich moͤchte auflaſ- ſen/ daß daher die uͤberſchwemmung des flachen/ ſehr fruchtbaren/ Lands zube- ſorgen were. Zueroͤrterung diſer Frag gehoͤret eine Mathematiſche Auß- rechnung der Waſſeren der Kandel/ der weite des Sees/ des lauffs in die Aren/ worauß ſich zeigen wurde/ wie hoch der See koͤnte in der Hoͤhe an- wachſen auch bey der groͤſten Menge der Waſſeren/ welche Er von der Kan- del wurde empfangen. Das Frutinger Thal/ welches wir jetzt durchwandlet/ erſtreckt ſich in die vier Meilen; ware ehemals unter der Herꝛſchaft beſonderer Freyher- ren von Frutingen genant: von welchen es kommen an die Walliſſer Freyherꝛen von Thurn/ von denen einer Hr. Antonius A. 1365. zu Zeiten Keyſer Caroli IV. denen von Bern vil verdrieß zugefuͤget/ hernach aber A. 1400. dem hochlobl. Stand Bern ſeinen ganzen Theil verkauft um eine gewiſſe Summ Gelts/ welche die Einwohnere ſelbs erlegt/ und hardurch ſich von dem Joch ihres Herꝛen loß gewirket. Wir begaben uns zu Faulen-See zu Schiff/ uñ langtẽ abends an zu Thun/ Thunum, Thuna, Dunum, welches eine ſchoͤne Statt zu außgang des Sees in die Aaren/ an einem luſtigen Ohrt gelegen/ welche ſich in zwey Theil ab- theilet/ deren der einte jenſeit der Bruk dem Aergeu zugehoͤrt/ der andere aber diſſeits in dem Uchtland liget. Diſe Statt und Schloß hatte vorzei- ten ihre eigene Graffen/ von Thun genant/ von deren endtlichen Abgang man

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708/172>, abgerufen am 13.11.2024.