Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707.

Bild:
<< vorherige Seite
N. 52.)



Natur-Geschichten
Des
Schweizerlands.
Zweyter Theil.


Erdbidem zu Eglisau.

DEn 24. Septemb. An. 1705. vor Mittag um 10. Uhr ist zu
Eglisau gespüret worden ein empfindliches Erdbeben/ doch nicht
in allen Häuseren/ mehr innert/ als aussert Rheins/ zu grossem Schre-
cken/ mit heftigem praschlen/ knallen/ und darauf erfolgtem erschütten/ als
were etwas schweres gefallen/ oder mit Gewalt nidergeworffen worden.
Dises letstere Zeichen ist zu Eglisau mehrmahlen bey anderen solchen An-
läsen gespürt worden/ wie zu ersehen auß denen Beschreibungen/ welche oben
Tom. I. p. 123. &c. zu lesen; und veranlaset mich diser vermeinte Fall zuge-
denken an einen wirklich geschehenen Fall/ wie mir dann die Eingeweide der
Erden unter der Herrschaft Eglisau vorstelle, als gewölbt/ und hol/ wie
es auch die Beschaffenheit der daselbst zusamen kommenden Bergen mit-
gibt/ welche wol haben können bey ihrer Zusamenstossung nach dem Sünd-
flut sich in der Höhe behalten/ und unter ihnen eine grosse tieffe Höle/ in
welche sie nicht abgesunken/ überig lassen; Auf dises Fundament sage nun/
daß sich leichter Dingen kan zutragen/ daß von den oberen Theilen dises
Natur-Gewölbs kan ein groffer/ bereits zimlich abgelößter Felse von selbs/
in Kraft seiner eigenen Schwere fallen/ und durch disen seinen Fall die Erde
erschütteren. Hierauß ist zu ersehen 1. Die Ursach/ warum die Herrschaft
Eglisau denen Erdbidmen so sehr unterworffen. 2. Daß bey so thaner jezt
beschriebener Beschaffenheit zu sorgen/ es möchte dises natürliche Gewölb
der Herrschaft zu seiner Zeit völlig einsinken/ und ein grosser Jamer erfol-
gen/ weßwegen wir Ursach haben/ den grossen Gott zu bitten/ daß er mit seiner
Macht die schwachen Stützen unserer Landen fest halte/ und uns indessen
dahin neige/ daß wir durch unsere Bekehrung einer solchen schon längst ver-
dienten Straff vorkommen. 3. Das folglich die wirkende Ursach der Erd-
bidmen nicht allezeit/ und nohtwendig/ sein müsse ein unterirrdisch Feuer/
sondern sein könne auch ein solcher Fall eines grossen Felsen in ein unter-
irr disches Gewölb.

Wirkun-
N. 52.)



Natur-Geſchichten
Des
Schweizerlands.
Zweyter Theil.


Erdbidem zu Egliſau.

DEn 24. Septemb. An. 1705. vor Mittag um 10. Uhr iſt zu
Egliſau geſpuͤret worden ein empfindliches Erdbeben/ doch nicht
in allen Haͤuſeren/ mehr innert/ als auſſert Rheins/ zu groſſem Schre-
cken/ mit heftigem praſchlen/ knallen/ und darauf erfolgtem erſchuͤtten/ als
were etwas ſchweres gefallen/ oder mit Gewalt nidergeworffen worden.
Diſes letſtere Zeichen iſt zu Egliſau mehrmahlen bey anderen ſolchen An-
laͤſen geſpuͤrt worden/ wie zu erſehen auß denen Beſchreibungen/ welche oben
Tom. I. p. 123. &c. zu leſen; und veranlaſet mich diſer vermeinte Fall zuge-
denken an einen wirklich geſchehenen Fall/ wie mir dann die Eingeweide der
Erden unter der Herꝛſchaft Egliſau vorſtelle, als gewoͤlbt/ und hol/ wie
es auch die Beſchaffenheit der daſelbſt zuſamen kommenden Bergen mit-
gibt/ welche wol haben koͤnnen bey ihrer Zuſamenſtoſſung nach dem Suͤnd-
flut ſich in der Hoͤhe behalten/ und unter ihnen eine groſſe tieffe Hoͤle/ in
welche ſie nicht abgeſunken/ uͤberig laſſen; Auf diſes Fundament ſage nun/
daß ſich leichter Dingen kan zutragen/ daß von den oberen Theilen diſes
Natur-Gewoͤlbs kan ein groffer/ bereits zimlich abgeloͤßter Felſe von ſelbs/
in Kraft ſeiner eigenen Schwere fallen/ und durch diſen ſeinen Fall die Erde
erſchütteren. Hierauß iſt zu erſehen 1. Die Urſach/ warum die Herꝛſchaft
Egliſau denen Erdbidmen ſo ſehr unterworffen. 2. Daß bey ſo thaner jezt
beſchriebener Beſchaffenheit zu ſorgen/ es moͤchte diſes natuͤrliche Gewoͤlb
der Herꝛſchaft zu ſeiner Zeit voͤllig einſinken/ und ein groſſer Jamer erfol-
gen/ weßwegen wir Urſach haben/ den groſſen Gott zu bitten/ daß er mit ſeiner
Macht die ſchwachen Stützen unſerer Landen feſt halte/ und uns indeſſen
dahin neige/ daß wir durch unſere Bekehrung einer ſolchen ſchon laͤngſt ver-
dienten Straff vorkommen. 3. Das folglich die wirkende Urſach der Erd-
bidmen nicht allezeit/ und nohtwendig/ ſein muͤſſe ein unterirꝛdiſch Feuer/
ſondern ſein koͤnne auch ein ſolcher Fall eines groſſen Felſen in ein unter-
irꝛ diſches Gewoͤlb.

Wirkun-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0218" n="205"/>
      <fw place="top" type="header">N. 52.)</fw>
      <div n="1">
        <dateline> <hi rendition="#et">(Den 29. <hi rendition="#aq">Dec.</hi> 1706.</hi> </dateline><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <head> <hi rendition="#fr">Natur-Ge&#x017F;chichten<lb/>
Des<lb/>
Schweizerlands.<lb/>
Zweyter Theil.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#fr">Erdbidem zu Egli&#x017F;au.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>En 24. Septemb. An. 1705. vor Mittag um 10. Uhr i&#x017F;t zu<lb/>
Egli&#x017F;au ge&#x017F;pu&#x0364;ret worden ein empfindliches Erdbeben/ doch nicht<lb/>
in allen Ha&#x0364;u&#x017F;eren/ mehr innert/ als au&#x017F;&#x017F;ert Rheins/ zu gro&#x017F;&#x017F;em Schre-<lb/>
cken/ mit heftigem pra&#x017F;chlen/ knallen/ und darauf erfolgtem er&#x017F;chu&#x0364;tten/ als<lb/>
were etwas &#x017F;chweres gefallen/ oder mit Gewalt nidergeworffen worden.<lb/>
Di&#x017F;es let&#x017F;tere Zeichen i&#x017F;t zu Egli&#x017F;au mehrmahlen bey anderen &#x017F;olchen An-<lb/>
la&#x0364;&#x017F;en ge&#x017F;pu&#x0364;rt worden/ wie zu er&#x017F;ehen auß denen Be&#x017F;chreibungen/ welche oben<lb/><hi rendition="#aq">Tom. I. p. 123. &amp;c.</hi> zu le&#x017F;en; und veranla&#x017F;et mich di&#x017F;er vermeinte Fall zuge-<lb/>
denken an einen wirklich ge&#x017F;chehenen Fall/ wie mir dann die Eingeweide der<lb/>
Erden unter der Her&#xA75B;&#x017F;chaft Egli&#x017F;au vor&#x017F;telle, als gewo&#x0364;lbt/ und hol/ wie<lb/>
es auch die Be&#x017F;chaffenheit der da&#x017F;elb&#x017F;t zu&#x017F;amen kommenden Bergen mit-<lb/>
gibt/ welche wol haben ko&#x0364;nnen bey ihrer Zu&#x017F;amen&#x017F;to&#x017F;&#x017F;ung nach dem Su&#x0364;nd-<lb/>
flut &#x017F;ich in der Ho&#x0364;he behalten/ und unter ihnen eine gro&#x017F;&#x017F;e tieffe Ho&#x0364;le/ in<lb/>
welche &#x017F;ie nicht abge&#x017F;unken/ u&#x0364;berig la&#x017F;&#x017F;en; Auf di&#x017F;es Fundament &#x017F;age nun/<lb/>
daß &#x017F;ich leichter Dingen kan zutragen/ daß von den oberen Theilen di&#x017F;es<lb/>
Natur-Gewo&#x0364;lbs kan ein groffer/ bereits zimlich abgelo&#x0364;ßter Fel&#x017F;e von &#x017F;elbs/<lb/>
in Kraft &#x017F;einer eigenen Schwere fallen/ und durch di&#x017F;en &#x017F;einen Fall die Erde<lb/>
er&#x017F;chütteren. Hierauß i&#x017F;t zu er&#x017F;ehen 1. Die Ur&#x017F;ach/ warum die Her&#xA75B;&#x017F;chaft<lb/>
Egli&#x017F;au denen Erdbidmen &#x017F;o &#x017F;ehr unterworffen. 2. Daß bey &#x017F;o thaner jezt<lb/>
be&#x017F;chriebener Be&#x017F;chaffenheit zu &#x017F;orgen/ es mo&#x0364;chte di&#x017F;es natu&#x0364;rliche Gewo&#x0364;lb<lb/>
der Her&#xA75B;&#x017F;chaft zu &#x017F;einer Zeit vo&#x0364;llig ein&#x017F;inken/ und ein gro&#x017F;&#x017F;er Jamer erfol-<lb/>
gen/ weßwegen wir Ur&#x017F;ach haben/ den gro&#x017F;&#x017F;en Gott zu bitten/ daß er mit &#x017F;einer<lb/>
Macht die &#x017F;chwachen Stützen un&#x017F;erer Landen fe&#x017F;t halte/ und uns inde&#x017F;&#x017F;en<lb/>
dahin neige/ daß wir durch un&#x017F;ere Bekehrung einer &#x017F;olchen &#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;t ver-<lb/>
dienten Straff vorkommen. 3. Das folglich die wirkende Ur&#x017F;ach der Erd-<lb/>
bidmen nicht allezeit/ und nohtwendig/ &#x017F;ein mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ein unterir&#xA75B;di&#x017F;ch Feuer/<lb/>
&#x017F;ondern &#x017F;ein ko&#x0364;nne auch ein &#x017F;olcher Fall eines gro&#x017F;&#x017F;en Fel&#x017F;en in ein unter-<lb/>
ir&#xA75B; di&#x017F;ches Gewo&#x0364;lb.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Wirkun-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0218] N. 52.) (Den 29. Dec. 1706. Natur-Geſchichten Des Schweizerlands. Zweyter Theil. Erdbidem zu Egliſau. DEn 24. Septemb. An. 1705. vor Mittag um 10. Uhr iſt zu Egliſau geſpuͤret worden ein empfindliches Erdbeben/ doch nicht in allen Haͤuſeren/ mehr innert/ als auſſert Rheins/ zu groſſem Schre- cken/ mit heftigem praſchlen/ knallen/ und darauf erfolgtem erſchuͤtten/ als were etwas ſchweres gefallen/ oder mit Gewalt nidergeworffen worden. Diſes letſtere Zeichen iſt zu Egliſau mehrmahlen bey anderen ſolchen An- laͤſen geſpuͤrt worden/ wie zu erſehen auß denen Beſchreibungen/ welche oben Tom. I. p. 123. &c. zu leſen; und veranlaſet mich diſer vermeinte Fall zuge- denken an einen wirklich geſchehenen Fall/ wie mir dann die Eingeweide der Erden unter der Herꝛſchaft Egliſau vorſtelle, als gewoͤlbt/ und hol/ wie es auch die Beſchaffenheit der daſelbſt zuſamen kommenden Bergen mit- gibt/ welche wol haben koͤnnen bey ihrer Zuſamenſtoſſung nach dem Suͤnd- flut ſich in der Hoͤhe behalten/ und unter ihnen eine groſſe tieffe Hoͤle/ in welche ſie nicht abgeſunken/ uͤberig laſſen; Auf diſes Fundament ſage nun/ daß ſich leichter Dingen kan zutragen/ daß von den oberen Theilen diſes Natur-Gewoͤlbs kan ein groffer/ bereits zimlich abgeloͤßter Felſe von ſelbs/ in Kraft ſeiner eigenen Schwere fallen/ und durch diſen ſeinen Fall die Erde erſchütteren. Hierauß iſt zu erſehen 1. Die Urſach/ warum die Herꝛſchaft Egliſau denen Erdbidmen ſo ſehr unterworffen. 2. Daß bey ſo thaner jezt beſchriebener Beſchaffenheit zu ſorgen/ es moͤchte diſes natuͤrliche Gewoͤlb der Herꝛſchaft zu ſeiner Zeit voͤllig einſinken/ und ein groſſer Jamer erfol- gen/ weßwegen wir Urſach haben/ den groſſen Gott zu bitten/ daß er mit ſeiner Macht die ſchwachen Stützen unſerer Landen feſt halte/ und uns indeſſen dahin neige/ daß wir durch unſere Bekehrung einer ſolchen ſchon laͤngſt ver- dienten Straff vorkommen. 3. Das folglich die wirkende Urſach der Erd- bidmen nicht allezeit/ und nohtwendig/ ſein muͤſſe ein unterirꝛdiſch Feuer/ ſondern ſein koͤnne auch ein ſolcher Fall eines groſſen Felſen in ein unter- irꝛ diſches Gewoͤlb. Wirkun-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706/218
Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706/218>, abgerufen am 21.11.2024.