Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707.

Bild:
<< vorherige Seite

zellen; Das Gewässer ist so hoch angeloffen/ daß man vast in allen Stras-
sen mit Schiffen fahren können; grosse Träm und Blöcher wurden getrie-
ben/ der Kohlhauffen an der Allment wurde schier weggeschwämt und außge-
löscht/ alle Leuht hatten genug zu tuhn vor ihren Häuseren dem Schwall
des Wassers/ darinnen sie Kniehoch gestanden/ zuwehren. Ein Knäblein
mit einem Korb hat es ein Strich weit geschwemt/ doch ohne Schaden; um
unser Hauß herum war alles im Wasser; in Garten-Wegen hetten schier
unsere Enten schwümmen mögen. Vom Wasser sind an verschiednen Ohr-
ten tieffe Graben/ Höhlinen/ andere Weg und Strassen gemacht worden.

Von den jenigen Wetteren/ welche entstehen
auß Werffung eines Steins in die Berg-
See/ oder Hölinen der Bergen.

Jn unseren Helvetischen Landen sein sonderlich anzumerken drey Bey-
spiel solcher Wunderwetteren/ Wunderlöcheren/ und Wunder-Seen.

Das erste in dem Berg Scheibenflu in Tschangnow/ Berner-
Gebiets/
einer Höle/ in welche/ so man Stein hinein wirfset/ alsobald sol
entstehen ein Wind/ mit Hagel/ und Ungewitter. Wagner. Hist. Helv. p 39.
auß Räbmann.

Das zweyte im Lucernerischen Pilatus Berg und See/ da
auch nach alter Sag ein in disen See geworffener Stein/ oder anderer
schwerer Cörper den darein gestürzten Pilatum also erzörnet/ daß er ohne
langen Verzug ein Ungewitter erreget.

Das dritte im Appenzeller-Land/ von deme wir folgende Nachricht
finden in Barthol. Bischoffberger/ gewesenen Pfarrers zu Trogen Ap-
penzeller
Chronic. pag 15. Jn dem Berg Gimmor/ nach besag glaub-
hafter Leuhten/ finden sich zwey Wetterlöcher/ das einte fast in der mitte des-
selbigen/ von solcher Tieffe/ daß wann ein Stein hinein geworffen wird/ er
continue, und Staffelweis hinunter fahret/ daß er immerdar gehört wird/
welches wenigst ein zwölff theil einer Stund währet/ jedoch ohne Gefahr ei-
nes Wetters. Das andere ist auf dem Gipfel des Bergs/ auß welchem/ wann
etwas darein geworffen wird/ ein Nebel/ und Hagel/ entstehen sol. Jch zwa-
ren habe solches nicht erfahren/ noch auch glauben können/ eingedenk der
Worten Jobs c. 38: 22: Hast du gesehen/ wo der Hagel herkomt?
Die Meinung ist Nein. Gleichwol sol nicht verschwigen werden/ was
glaubwürdige Leuhte und selbssehende Zeugen aussagen/ zugeschweigen/

was

zellen; Das Gewaͤſſer iſt ſo hoch angeloffen/ daß man vaſt in allen Straſ-
ſen mit Schiffen fahren koͤnnen; groſſe Traͤm und Bloͤcher wurden getrie-
ben/ der Kohlhauffen an der Allment wurde ſchier weggeſchwaͤmt und außge-
loͤſcht/ alle Leuht hatten genug zu tuhn vor ihren Haͤuſeren dem Schwall
des Waſſers/ darinnen ſie Kniehoch geſtanden/ zuwehren. Ein Knaͤblein
mit einem Korb hat es ein Strich weit geſchwemt/ doch ohne Schaden; um
unſer Hauß herum war alles im Waſſer; in Garten-Wegen hetten ſchier
unſere Enten ſchwümmen moͤgen. Vom Waſſer ſind an verſchiednen Ohr-
ten tieffe Graben/ Hoͤhlinen/ andere Weg und Straſſen gemacht worden.

Von den jenigen Wetteren/ welche entſtehen
auß Werffung eines Steins in die Berg-
See/ oder Hoͤlinen der Bergen.

Jn unſeren Helvetiſchen Landen ſein ſonderlich anzumerken drey Bey-
ſpiel ſolcher Wunderwetteren/ Wunderloͤcheren/ und Wunder-Seen.

Das erſte in dem Berg Scheibenflu in Tſchangnow/ Berner-
Gebiets/
einer Hoͤle/ in welche/ ſo man Stein hinein wirfſet/ alſobald ſol
entſtehen ein Wind/ mit Hagel/ und Ungewitter. Wagner. Hiſt. Helv. p 39.
auß Raͤbmann.

Das zweyte im Lucerneriſchen Pilatus Berg und See/ da
auch nach alter Sag ein in diſen See geworffener Stein/ oder anderer
ſchwerer Coͤrper den darein geſtürzten Pilatum alſo erzoͤrnet/ daß er ohne
langen Verzug ein Ungewitter erꝛeget.

Das dritte im Appenzeller-Land/ von deme wir folgende Nachricht
finden in Barthol. Biſchoffberger/ geweſenen Pfarꝛers zu Trogen Ap-
penzeller
Chronic. pag 15. Jn dem Berg Gimmor/ nach beſag glaub-
hafter Leuhten/ finden ſich zwey Wetterloͤcher/ das einte faſt in der mitte deſ-
ſelbigen/ von ſolcher Tieffe/ daß wann ein Stein hinein geworffen wird/ er
continuè, und Staffelweis hinunter fahret/ daß er immerdar gehoͤrt wird/
welches wenigſt ein zwoͤlff theil einer Stund waͤhret/ jedoch ohne Gefahr ei-
nes Wetters. Das andere iſt auf dem Gipfel des Bergs/ auß welchem/ wann
etwas darein geworffen wird/ ein Nebel/ und Hagel/ entſtehen ſol. Jch zwa-
ren habe ſolches nicht erfahren/ noch auch glauben koͤnnen/ eingedenk der
Worten Jobs c. 38: 22: Haſt du geſehen/ wo der Hagel herkomt?
Die Meinung iſt Nein. Gleichwol ſol nicht verſchwigen werden/ was
glaubwuͤrdige Leuhte und ſelbsſehende Zeugen auſſagen/ zugeſchweigen/

was
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0160" n="147"/>
zellen; Das Gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t &#x017F;o hoch angeloffen/ daß man va&#x017F;t in allen Stra&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en mit Schiffen fahren ko&#x0364;nnen; gro&#x017F;&#x017F;e Tra&#x0364;m und Blo&#x0364;cher wurden getrie-<lb/>
ben/ der Kohlhauffen an der Allment wurde &#x017F;chier wegge&#x017F;chwa&#x0364;mt und außge-<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;cht/ alle Leuht hatten genug zu tuhn vor ihren Ha&#x0364;u&#x017F;eren dem Schwall<lb/>
des Wa&#x017F;&#x017F;ers/ darinnen &#x017F;ie Kniehoch ge&#x017F;tanden/ zuwehren. Ein Kna&#x0364;blein<lb/>
mit einem Korb hat es ein Strich weit ge&#x017F;chwemt/ doch ohne Schaden; um<lb/>
un&#x017F;er Hauß herum war alles im Wa&#x017F;&#x017F;er; in Garten-Wegen hetten &#x017F;chier<lb/>
un&#x017F;ere Enten &#x017F;chwümmen mo&#x0364;gen. Vom Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ind an ver&#x017F;chiednen Ohr-<lb/>
ten tieffe Graben/ Ho&#x0364;hlinen/ andere Weg und Stra&#x017F;&#x017F;en gemacht worden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#fr">Von den jenigen Wetteren/ welche ent&#x017F;tehen<lb/>
auß Werffung eines Steins in die Berg-<lb/>
See/ oder Ho&#x0364;linen der Bergen.</hi> </head><lb/>
          <p>Jn un&#x017F;eren Helveti&#x017F;chen Landen &#x017F;ein &#x017F;onderlich anzumerken drey Bey-<lb/>
&#x017F;piel &#x017F;olcher Wunderwetteren/ Wunderlo&#x0364;cheren/ und Wunder-Seen.</p><lb/>
          <p>Das er&#x017F;te in dem Berg <hi rendition="#fr">Scheibenflu in T&#x017F;changnow/ Berner-<lb/>
Gebiets/</hi> einer Ho&#x0364;le/ in welche/ &#x017F;o man Stein hinein wirf&#x017F;et/ al&#x017F;obald &#x017F;ol<lb/>
ent&#x017F;tehen ein Wind/ mit Hagel/ und Ungewitter. <hi rendition="#aq">Wagner. Hi&#x017F;t. Helv. p</hi> 39.<lb/>
auß <hi rendition="#fr">Ra&#x0364;bmann.</hi></p><lb/>
          <p>Das zweyte im <hi rendition="#fr">Lucerneri&#x017F;chen Pilatus Berg und See/</hi> da<lb/>
auch nach alter Sag ein in di&#x017F;en See geworffener Stein/ oder anderer<lb/>
&#x017F;chwerer Co&#x0364;rper den darein ge&#x017F;türzten Pilatum al&#x017F;o erzo&#x0364;rnet/ daß er ohne<lb/>
langen Verzug ein Ungewitter er&#xA75B;eget.</p><lb/>
          <p>Das dritte im <hi rendition="#fr">Appenzeller-Land/</hi> von deme wir folgende Nachricht<lb/>
finden in <hi rendition="#aq">Barthol.</hi> <hi rendition="#fr">Bi&#x017F;choffberger/</hi> gewe&#x017F;enen Pfar&#xA75B;ers zu Trogen <hi rendition="#fr">Ap-<lb/>
penzeller</hi> <hi rendition="#aq">Chronic. pag</hi> 15. Jn dem Berg <hi rendition="#fr">Gimmor/</hi> nach be&#x017F;ag glaub-<lb/>
hafter Leuhten/ finden &#x017F;ich zwey Wetterlo&#x0364;cher/ das einte fa&#x017F;t in der mitte de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elbigen/ von &#x017F;olcher Tieffe/ daß wann ein Stein hinein geworffen wird/ er<lb/><hi rendition="#aq">continuè,</hi> und Staffelweis hinunter fahret/ daß er immerdar geho&#x0364;rt wird/<lb/>
welches wenig&#x017F;t ein zwo&#x0364;lff theil einer Stund wa&#x0364;hret/ jedoch ohne Gefahr ei-<lb/>
nes Wetters. Das andere i&#x017F;t auf dem Gipfel des Bergs/ auß welchem/ wann<lb/>
etwas darein geworffen wird/ ein Nebel/ und Hagel/ ent&#x017F;tehen &#x017F;ol. Jch zwa-<lb/>
ren habe &#x017F;olches nicht erfahren/ noch auch glauben ko&#x0364;nnen/ eingedenk der<lb/>
Worten Jobs c. 38: 22: <hi rendition="#fr">Ha&#x017F;t du ge&#x017F;ehen/ wo der Hagel herkomt?</hi><lb/>
Die Meinung i&#x017F;t Nein. Gleichwol &#x017F;ol nicht ver&#x017F;chwigen werden/ was<lb/>
glaubwu&#x0364;rdige Leuhte und &#x017F;elbs&#x017F;ehende Zeugen au&#x017F;&#x017F;agen/ zuge&#x017F;chweigen/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">was</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0160] zellen; Das Gewaͤſſer iſt ſo hoch angeloffen/ daß man vaſt in allen Straſ- ſen mit Schiffen fahren koͤnnen; groſſe Traͤm und Bloͤcher wurden getrie- ben/ der Kohlhauffen an der Allment wurde ſchier weggeſchwaͤmt und außge- loͤſcht/ alle Leuht hatten genug zu tuhn vor ihren Haͤuſeren dem Schwall des Waſſers/ darinnen ſie Kniehoch geſtanden/ zuwehren. Ein Knaͤblein mit einem Korb hat es ein Strich weit geſchwemt/ doch ohne Schaden; um unſer Hauß herum war alles im Waſſer; in Garten-Wegen hetten ſchier unſere Enten ſchwümmen moͤgen. Vom Waſſer ſind an verſchiednen Ohr- ten tieffe Graben/ Hoͤhlinen/ andere Weg und Straſſen gemacht worden. Von den jenigen Wetteren/ welche entſtehen auß Werffung eines Steins in die Berg- See/ oder Hoͤlinen der Bergen. Jn unſeren Helvetiſchen Landen ſein ſonderlich anzumerken drey Bey- ſpiel ſolcher Wunderwetteren/ Wunderloͤcheren/ und Wunder-Seen. Das erſte in dem Berg Scheibenflu in Tſchangnow/ Berner- Gebiets/ einer Hoͤle/ in welche/ ſo man Stein hinein wirfſet/ alſobald ſol entſtehen ein Wind/ mit Hagel/ und Ungewitter. Wagner. Hiſt. Helv. p 39. auß Raͤbmann. Das zweyte im Lucerneriſchen Pilatus Berg und See/ da auch nach alter Sag ein in diſen See geworffener Stein/ oder anderer ſchwerer Coͤrper den darein geſtürzten Pilatum alſo erzoͤrnet/ daß er ohne langen Verzug ein Ungewitter erꝛeget. Das dritte im Appenzeller-Land/ von deme wir folgende Nachricht finden in Barthol. Biſchoffberger/ geweſenen Pfarꝛers zu Trogen Ap- penzeller Chronic. pag 15. Jn dem Berg Gimmor/ nach beſag glaub- hafter Leuhten/ finden ſich zwey Wetterloͤcher/ das einte faſt in der mitte deſ- ſelbigen/ von ſolcher Tieffe/ daß wann ein Stein hinein geworffen wird/ er continuè, und Staffelweis hinunter fahret/ daß er immerdar gehoͤrt wird/ welches wenigſt ein zwoͤlff theil einer Stund waͤhret/ jedoch ohne Gefahr ei- nes Wetters. Das andere iſt auf dem Gipfel des Bergs/ auß welchem/ wann etwas darein geworffen wird/ ein Nebel/ und Hagel/ entſtehen ſol. Jch zwa- ren habe ſolches nicht erfahren/ noch auch glauben koͤnnen/ eingedenk der Worten Jobs c. 38: 22: Haſt du geſehen/ wo der Hagel herkomt? Die Meinung iſt Nein. Gleichwol ſol nicht verſchwigen werden/ was glaubwuͤrdige Leuhte und ſelbsſehende Zeugen auſſagen/ zugeſchweigen/ was

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706/160
Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706/160>, abgerufen am 21.12.2024.