Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.N. 15.) 20. Maj. 1705. Seltsamer Naturgeschichten Des Schweizer-Lands Wochentliche Erzehlung. Von dem Heimwehe. ES ist zwaren unserem Vatterland ins gemein/ aber auch einem jeden komme/
N. 15.) 20. Maj. 1705. Seltſamer Naturgeſchichten Des Schweizer-Lands Wochentliche Erzehlung. Von dem Heimwehe. ES iſt zwaren unſerem Vatterland ins gemein/ aber auch einem jeden kom̃e/
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N. 15.)
20. Maj. 1705.
Seltſamer Naturgeſchichten
Des Schweizer-Lands
Wochentliche Erzehlung.
Von dem Heimwehe.
ES iſt zwaren unſerem Vatterland ins gemein/ aber auch einem jeden
Vatter/ der ſeinen lieben/ oft zarten/ ſohn in die froͤmde ſchicket/ vor-
nem̃lich aber denen in fremden Dienſten ſtehenden Officieren uñ Sol-
datẽ vil daran gelegen/ daß diſere uns Schweizeren beſondere krankheit erken-
net/ und curiert werde. An. 1678. iſt zu Baſel hieruͤber gehalten worden ein
Diſſertation Præſide Dn. Joh. Jacobo Hardero Med. D. & Prof. Reſp.
Joh. Hofero, Mylhuſino. Jn welcher diſere Krankheit mit einem neuen
Titul Noſtalgia benennet wird/ welches Wort zuſamen geſetzet iſt von
νόϛος, welches bedeutet eine widerkonft ins Vatterland/ und ἄλγος, Trau-
rigkeit/ oder Schmerz: ſo auch νοςομανία, und ϕιλοπατριδομανία, welche bey-
de Woͤrter andeuten eine wegen verhinderter Heimreiſe entſtandene Ge-
muͤts-verwirꝛung. Bey den Franzoſen heiſſet diſe Krankheit la Maladiœ
du Pays. Der gelehrte Verfaſſer diſer jezt angezogenen Schrift leget die
ganze Schuld diſer Krankheit auf eine verworꝛene Einbildung/ welche ver-
anlaſet werden koͤnne durch verſchiedene urſachen/ als da ſind/ ſtetes anden-
ken naher Hauß; eine zarte und forchtſame aufer zeuhung/ bey welcher den
Kindern nicht erlaubt werde mit Fremden vil umzugehen/ oder zureden; eine
allzugroſſe Liebkoſung der Elteren/ ſonderlich Muͤteren/ gegen ihre Kinder/
welche leicht zeugen koͤnnen diſe Muterſucht; eine allzu groſſe Gewohnheit
an unſere Milchſpeiſen (welche ſonderlich platz findet bey denen An- und
Einwohneren der hohen Alpen) und Muͤſer/ ins beſonder deren/ die man
alle morgen den Kinderen einzuſchuͤtten/ und oft einzuzwingen pflegt; froͤm-
de Speiſen/ froͤmde Sitten/ allerhand vorkommende ungemach: froͤmder
Luft; oder was dergleichen mehr ſeyn kan. Jch meines Orts wil mich bey
diſem allem nit aufhalten/ ſondern meine Gedanken dahin richten/ wie es
kom̃e/
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