Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.Vom S. Gotthards-Berg. ES ist der mühe wol werth gewesen/ daß der Niessen und Stock- springet
Vom S. Gotthards-Berg. ES iſt der muͤhe wol werth geweſen/ daß der Nieſſen und Stock- ſpringet
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Vom S. Gotthards-Berg.
ES iſt der muͤhe wol werth geweſen/ daß der Nieſſen und Stock-
horn/ zwey hohe in Lobl. Canton Bern ſtehende Berge/ ein Ge-
ſpraͤch gehalten von ihrem unter ſich ſelbs/ und uͤber andere
Berghinaußhabenden anſehen/ welches Geſpraͤche Joh. Rudolf Raͤb-
mañ angehoͤrt/ und ſelbiges auch in Truck herauß gegeben A. 1608. aber
anbey zuverwundern/ daß damals der Gotthard ſich nicht darzwiſchen
geleget/ und benante zwey/ ja uͤber alle in Eidgnoͤſſiſchen Landen be-
findliche/ ja uͤber alle Berge Europæ/ habende hohe Authoritet/ in beylegung
bemeldter Streitigkeit/ und behaubtung ſeines Vorꝛechts gezeiget. Jch mei-
nes Ohrts glaube/ er habe ſich darum ſo wenig bekuͤmmeret/ als wenig es ei-
nem groſſen Fuͤrſten zu ſchaffen gibt/ wann ſich zwey obgleich wol habende
Privatperſonen unter einander uͤber die Frage/ welcher unter ihnen der
reichſte ſey/ zerzanken. Es ſeyn einmal die Helvetiſchen Laͤnder uͤber alle an-
dere Europeiſche in anſehung der ſituation hoch erhoben/ und ſtrecken in de-
nen ſelben den Kopf uͤber andere Berge die Gothardiſchen Alpfirſten. Als
ein alter und vornehmer Zeuge ſtellet ſich dar der Roͤmiſche Feldherꝛ Julius
Cæſar, welcher in ſeinem Comment. de Bell. Gallic. Lib. III. diſen unſe-
ren Gotthards-Berg benennet mit nachtruck/ Sum̃as Alpes, die hoͤchſten
Gebirge/ nach der außlegung Henrici Glareani, Ægidij Tſchudii,
Stumfii, Jovij, und anderer mehr. Andere und taͤgliche Zeugnuffen wer-
den ablegen alle reiſende/ ſo diſe gaͤngige Gotthardiſche Straß brauchen.
Wil man hieran ſich nicht vernuͤgen/ ſo betrachte man diſen einigen auß der
Natur ſelbs hergenommenen grund/ weilen auf dem Gotthard/ und andern
geſchwiſterten Bergen/ entſpringen die Haubtquellen ſo viler nahmhaften
Fluͤſſen/ welche uns/ und anderen Europeiſchen Landen/ die meiſten Waſſer
zu fuͤhren. Richtig gegen Mittag/ durch Livinen/ flieſſet der Teſin/ ſo her-
nach in das Venediſche Meer ſich ergieſſet. Gegen Mittnacht entſpringet
und lauffet die Reuß/ Urſa, in den Rhein. Der Vordere ſo genante
Rhein nimmet ſeinen urſprung auß dem Berg Criſpalt/ ſo auch ein Arm
des Gotthards/ lauft bis nach Chur gegen Aufgang/ wendet ſich aber von
dannen gegen Nidergang/ und in das Teutſche Meer. Von dem Gotthar-
diſchen Berg Valdaͤſch/ Valdocius, rinnet her Athiſo, die Toſa, ſo durch
das Eſchenthal zwiſchen Mittag und Nidergang in den Langen See/ und
hernach in das Venediſche Meer ſich ergieſſet. Auß dem Berg Furca ent-
ſpringet
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