Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.N. 39.) 4. Nov. 1705. Seltsamer Naturgeschichten Des Schweizer-Lands Wochentliche Erzehlung. Fortsezung von nöthigen Bewahr- und Rettungsmittlen auß den Lauwinen. JN engen gefahrlichen Bergstrassen pflegt man denen Saumpfer- Von
N. 39.) 4. Nov. 1705. Seltſamer Naturgeſchichten Des Schweizer-Lands Wochentliche Erzehlung. Fortſezung von noͤthigen Bewahr- und Rettungsmittlen auß den Lauwinen. JN engen gefahrlichen Bergſtraſſen pflegt man denen Saumpfer- Von
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0190" n="(153)[153]"/> <fw place="top" type="header">N. 39.)</fw> <div n="1"> <dateline> <hi rendition="#et">4. <hi rendition="#aq">Nov.</hi> 1705.</hi> </dateline><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <head> <hi rendition="#fr">Seltſamer Naturgeſchichten<lb/> Des Schweizer-Lands<lb/> Wochentliche Erzehlung.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Fortſezung von noͤthigen Bewahr- und Rettungsmittlen<lb/> auß den Lauwinen.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">J</hi>N engen gefahrlichen Bergſtraſſen pflegt man denen Saumpfer-<lb/> den ihre Gloͤklein/ oder Schellen zuverſtopfen/ und den Rei-<lb/> ſenden die unterꝛedung zuverbieten/ damit nicht durch den Thon/<lb/> und folgende Luftbewegung irgendswo an einer gaͤhen hoͤhe der Schnet her-<lb/> unterfalle. Jn dem Averſer Thal/ Puͤndtneriſchen Gebiets/ erhoͤhet man<lb/> die Kirchen-Gloken nicht uͤber etliche Schuhe von der Erden/ damit nicht<lb/> derſelben ſonſt in die weite gehende Schall etwan anlas gebe zum fall der<lb/> Lauwinen. An vilen andern Ohrten laͤutet man gar nicht mit den Glocken<lb/> zur Kirch. Zwiſchen den Doͤrferen Lavin und Guardia/ im untern Engadein/<lb/> ſind hin und wider an der Landſtraß zuſehen unterirdiſche Gewoͤlbe/ in welche<lb/> ſich die Reiſende begeben koͤnnen/ wann ungefahr eine Lauwin ſolte daher<lb/> kommen. Es ſind auch die jenigen Huͤttlein ſicher/ welche hart an dem<lb/> Berg/ oder Felſen/ ſonderlich unter einer vorꝛagenden hoͤhe/ gebaut ſind/ wei-<lb/> len die Lauwinen daruͤber hinauß fahren. Endlich ſollen die Reiſenden auch<lb/> diß in acht nemmen/ daß ſie ihre angeſichter nicht einer anfahrenden Schnee-<lb/> laͤuwin entgegen halten/ ſondern den rucken kehren; thun ſie jenes/ ſo kan<lb/> ihnen ihre curioſitet/ gleich dem Weib Loths/ bezahlt werden mit einsmali-<lb/> ger/ von ſtark daher brauſendem Wind und Schnee herkom̃ender erſtik- und<lb/> erſtarꝛung. Were es ſach/ daß eine abfallende Lauwin ſo nahe/ daß ihro durch<lb/> die flucht nicht mehr zu entweichẽ/ ſo ſollen ſie bey ſo augenſcheinlicher Lebens-<lb/> gefahr wenigſtens ſich an den naͤchſten Felſen/ oder Bergwand begeben/ mit<lb/> dem angeſicht/ und ganzen Leib nahe anhalten/ oder/ wann es anderſt<lb/> nicht ſeyn kan/ als daß ihn die Lauwin muß ergreiffen/ ihro den Kopf entge-<lb/> gen ſtrecken/ und unter anruͤffung ſeines Gottes ſich mit gedult in deſſen all-<lb/> weiſe Vorſehung ſchicken/ alſo erwarten/ und hoffen/ daß etwan eine Menſch-<lb/> liche huͤlffe ſicher werde zugeſendt werden auf die weiſe wie folget.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Von</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [(153)[153]/0190]
N. 39.)
4. Nov. 1705.
Seltſamer Naturgeſchichten
Des Schweizer-Lands
Wochentliche Erzehlung.
Fortſezung von noͤthigen Bewahr- und Rettungsmittlen
auß den Lauwinen.
JN engen gefahrlichen Bergſtraſſen pflegt man denen Saumpfer-
den ihre Gloͤklein/ oder Schellen zuverſtopfen/ und den Rei-
ſenden die unterꝛedung zuverbieten/ damit nicht durch den Thon/
und folgende Luftbewegung irgendswo an einer gaͤhen hoͤhe der Schnet her-
unterfalle. Jn dem Averſer Thal/ Puͤndtneriſchen Gebiets/ erhoͤhet man
die Kirchen-Gloken nicht uͤber etliche Schuhe von der Erden/ damit nicht
derſelben ſonſt in die weite gehende Schall etwan anlas gebe zum fall der
Lauwinen. An vilen andern Ohrten laͤutet man gar nicht mit den Glocken
zur Kirch. Zwiſchen den Doͤrferen Lavin und Guardia/ im untern Engadein/
ſind hin und wider an der Landſtraß zuſehen unterirdiſche Gewoͤlbe/ in welche
ſich die Reiſende begeben koͤnnen/ wann ungefahr eine Lauwin ſolte daher
kommen. Es ſind auch die jenigen Huͤttlein ſicher/ welche hart an dem
Berg/ oder Felſen/ ſonderlich unter einer vorꝛagenden hoͤhe/ gebaut ſind/ wei-
len die Lauwinen daruͤber hinauß fahren. Endlich ſollen die Reiſenden auch
diß in acht nemmen/ daß ſie ihre angeſichter nicht einer anfahrenden Schnee-
laͤuwin entgegen halten/ ſondern den rucken kehren; thun ſie jenes/ ſo kan
ihnen ihre curioſitet/ gleich dem Weib Loths/ bezahlt werden mit einsmali-
ger/ von ſtark daher brauſendem Wind und Schnee herkom̃ender erſtik- und
erſtarꝛung. Were es ſach/ daß eine abfallende Lauwin ſo nahe/ daß ihro durch
die flucht nicht mehr zu entweichẽ/ ſo ſollen ſie bey ſo augenſcheinlicher Lebens-
gefahr wenigſtens ſich an den naͤchſten Felſen/ oder Bergwand begeben/ mit
dem angeſicht/ und ganzen Leib nahe anhalten/ oder/ wann es anderſt
nicht ſeyn kan/ als daß ihn die Lauwin muß ergreiffen/ ihro den Kopf entge-
gen ſtrecken/ und unter anruͤffung ſeines Gottes ſich mit gedult in deſſen all-
weiſe Vorſehung ſchicken/ alſo erwarten/ und hoffen/ daß etwan eine Menſch-
liche huͤlffe ſicher werde zugeſendt werden auf die weiſe wie folget.
Von
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |