Um dieselbe Zeit, da Ekkehard in der Klosterkirche der Insel eine unfreiwillige Andacht abhielt, war Frau Hadwig auf dem Söller von Hohentwiel gestanden uud hatte lange hinausgeschaut -- aber nicht nach der untergehenden Sonne. Die ging ihr im Rücken, hinter den dunkeln Bergen des Schwarzwaldes zur Ruhe. Frau Hadwig aber schaute erwartungsvoll nach dem Untersee und nach dem Pfad, der von seinem Ausgang sich dem hohentwieler Fels entgegen zog. Die Aussicht schien ihr nicht zu genügen, wie's dunkel ward, ging sie unwillig103) zurück, ließ ihren Kämmerer rufen und verhandelte lang mit ihm ...
Am frühen Morgen des andern Tages stund Ekkehard gerüstet zu weiterer Fahrt an der Schwelle des Klosters. Der Abt war auch schon wach und machte einen Frühgang im Gärtlein. Der Richter- ernst des gestrigen Tages lag nicht mehr auf seiner Stirne. Ekkehard sagte ihm Valet. Da raunte ihm der Abt lächelnd in's Ohr: Seli- ger, der du eine solche Schülerin die Grammatik lehren darfst! Das schnitt in Ekkehard's Herz. Eine alte Geschichte stieg in seiner Erin- nerung auf, -- auch in den Klostermauern gab's böse Zungen und überlieferte Stücklein, die vom Einen zum Andern die Runde machten.
Ihr gedenket wohl der Zeit, heiliger Herr, sprach er höhnisch, da Ihr die Nonne Clotildis in der Dialectik unterrichtet.104)
Damit ging er hinab zu seinem Schiffe. Der Abt hätte lieber ein Büchslein mit Pfeffer zum Frühmahl eingenommen als diese Er- innerung. Glückliche Reise! rief er dem Scheidenden nach.
Von dieser Zeit hatte Ekkehard es mit den Reichenauer Kloster- leuten verdorben. Er ließ sich's nicht kümmern, und fuhr mit seinem Ermatinger Fergen den Untersee hinab.
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Sechstes Kapitel. Moengal.
Um dieſelbe Zeit, da Ekkehard in der Kloſterkirche der Inſel eine unfreiwillige Andacht abhielt, war Frau Hadwig auf dem Söller von Hohentwiel geſtanden uud hatte lange hinausgeſchaut — aber nicht nach der untergehenden Sonne. Die ging ihr im Rücken, hinter den dunkeln Bergen des Schwarzwaldes zur Ruhe. Frau Hadwig aber ſchaute erwartungsvoll nach dem Unterſee und nach dem Pfad, der von ſeinem Ausgang ſich dem hohentwieler Fels entgegen zog. Die Ausſicht ſchien ihr nicht zu genügen, wie's dunkel ward, ging ſie unwillig103) zurück, ließ ihren Kämmerer rufen und verhandelte lang mit ihm ...
Am frühen Morgen des andern Tages ſtund Ekkehard gerüſtet zu weiterer Fahrt an der Schwelle des Kloſters. Der Abt war auch ſchon wach und machte einen Frühgang im Gärtlein. Der Richter- ernſt des geſtrigen Tages lag nicht mehr auf ſeiner Stirne. Ekkehard ſagte ihm Valet. Da raunte ihm der Abt lächelnd in's Ohr: Seli- ger, der du eine ſolche Schülerin die Grammatik lehren darfſt! Das ſchnitt in Ekkehard's Herz. Eine alte Geſchichte ſtieg in ſeiner Erin- nerung auf, — auch in den Kloſtermauern gab's böſe Zungen und überlieferte Stücklein, die vom Einen zum Andern die Runde machten.
Ihr gedenket wohl der Zeit, heiliger Herr, ſprach er höhniſch, da Ihr die Nonne Clotildis in der Dialectik unterrichtet.104)
Damit ging er hinab zu ſeinem Schiffe. Der Abt hätte lieber ein Büchslein mit Pfeffer zum Frühmahl eingenommen als dieſe Er- innerung. Glückliche Reiſe! rief er dem Scheidenden nach.
Von dieſer Zeit hatte Ekkehard es mit den Reichenauer Kloſter- leuten verdorben. Er ließ ſich's nicht kümmern, und fuhr mit ſeinem Ermatinger Fergen den Unterſee hinab.
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Sechstes Kapitel.
Moengal.
Um dieſelbe Zeit, da Ekkehard in der Kloſterkirche der Inſel eine
unfreiwillige Andacht abhielt, war Frau Hadwig auf dem Söller von
Hohentwiel geſtanden uud hatte lange hinausgeſchaut — aber nicht nach
der untergehenden Sonne. Die ging ihr im Rücken, hinter den dunkeln
Bergen des Schwarzwaldes zur Ruhe. Frau Hadwig aber ſchaute
erwartungsvoll nach dem Unterſee und nach dem Pfad, der von ſeinem
Ausgang ſich dem hohentwieler Fels entgegen zog. Die Ausſicht ſchien
ihr nicht zu genügen, wie's dunkel ward, ging ſie unwillig
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ließ ihren Kämmerer rufen und verhandelte lang mit ihm ...
Am frühen Morgen des andern Tages ſtund Ekkehard gerüſtet zu
weiterer Fahrt an der Schwelle des Kloſters. Der Abt war auch
ſchon wach und machte einen Frühgang im Gärtlein. Der Richter-
ernſt des geſtrigen Tages lag nicht mehr auf ſeiner Stirne. Ekkehard
ſagte ihm Valet. Da raunte ihm der Abt lächelnd in's Ohr: Seli-
ger, der du eine ſolche Schülerin die Grammatik lehren darfſt! Das
ſchnitt in Ekkehard's Herz. Eine alte Geſchichte ſtieg in ſeiner Erin-
nerung auf, — auch in den Kloſtermauern gab's böſe Zungen und
überlieferte Stücklein, die vom Einen zum Andern die Runde machten.
Ihr gedenket wohl der Zeit, heiliger Herr, ſprach er höhniſch, da
Ihr die Nonne Clotildis in der Dialectik unterrichtet.
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Damit ging er hinab zu ſeinem Schiffe. Der Abt hätte lieber
ein Büchslein mit Pfeffer zum Frühmahl eingenommen als dieſe Er-
innerung. Glückliche Reiſe! rief er dem Scheidenden nach.
Von dieſer Zeit hatte Ekkehard es mit den Reichenauer Kloſter-
leuten verdorben. Er ließ ſich's nicht kümmern, und fuhr mit ſeinem
Ermatinger Fergen den Unterſee hinab.
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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/89>, abgerufen am 21.11.2024.
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