Wie Schade, daß es schon zu spät worden, rief Praxedis herüber, Ihr könntet gleich noch ein Paar mit dem Band der Ehe zusammen schmieden oder wenigstens feierlich verloben, die taugen so gut zu einand, wie die Zwei da drüben.
Ekkehard ließ sein blaues Aug' lange auf den Beiden ruhen. Er legte ihnen die Hand auf und machte das Zeichen des Kreuzes über sie. Wo ist das Glück? sprach er leise vor sich hin. -- --
In später Nacht ritt Rudimann der Kellermeister in sein Kloster zurück. Die Furth war trocken, er konnte zu Roß hinüber. Von des Abts Zelle glänzte noch ein Lichtschimmer in See nieder. Er klopfte bei ihm an, öffnete die Thür' halb und sprach: Meine Ohren haben heute mehr hören müssen, als ihnen lieb war. Mit dem Hofgut zu Saspach am Rheine wird's nichts! Sie setzt das Milchgesicht von Sanct Gallen drauf ...
Varium et mutabile semper femina! Wankelmüthig und ver- änderlich stets ist das Weib!207) murmelte der Abt, ohne sich umzu- schauen. Gute Nacht!
Siebzehntes Kapitel. Gunzo wider Ekkehard.
In den Zeiten, da all das seither Erzählte an den Ufern des Bodensee's sich zugetragen, saß fern in belgischen Landen im Kloster des heiligen Amandus sur l'Elnon ein Mönch in seiner Zelle: Tagaus, tagein, wenn die Pflicht der Klosterregel ihn freiließ, saß er dort wie festgebannt; Wintersturm war gekommen, die Flüsse zuge- froren, Schnee soweit das Auge reichte -- er hatte dessen keine Acht; der Frühling trieb den Winter aus -- es kümmerte ihn nicht; die Brüder plauderten von Krieg und schlimmer Botschaft aus dem be- freundeten Land am Rhein -- er hatte kein Ohr für sie. Auf seiner
Wie Schade, daß es ſchon zu ſpät worden, rief Praxedis herüber, Ihr könntet gleich noch ein Paar mit dem Band der Ehe zuſammen ſchmieden oder wenigſtens feierlich verloben, die taugen ſo gut zu einand, wie die Zwei da drüben.
Ekkehard ließ ſein blaues Aug' lange auf den Beiden ruhen. Er legte ihnen die Hand auf und machte das Zeichen des Kreuzes über ſie. Wo iſt das Glück? ſprach er leiſe vor ſich hin. — —
In ſpäter Nacht ritt Rudimann der Kellermeiſter in ſein Kloſter zurück. Die Furth war trocken, er konnte zu Roß hinüber. Von des Abts Zelle glänzte noch ein Lichtſchimmer in See nieder. Er klopfte bei ihm an, öffnete die Thür' halb und ſprach: Meine Ohren haben heute mehr hören müſſen, als ihnen lieb war. Mit dem Hofgut zu Saspach am Rheine wird's nichts! Sie ſetzt das Milchgeſicht von Sanct Gallen drauf ...
Varium et mutabile semper femina! Wankelmüthig und ver- änderlich ſtets iſt das Weib!207) murmelte der Abt, ohne ſich umzu- ſchauen. Gute Nacht!
Siebzehntes Kapitel. Gunzo wider Ekkehard.
In den Zeiten, da all das ſeither Erzählte an den Ufern des Bodenſee's ſich zugetragen, ſaß fern in belgiſchen Landen im Kloſter des heiligen Amandus sur l'Elnon ein Mönch in ſeiner Zelle: Tagaus, tagein, wenn die Pflicht der Kloſterregel ihn freiließ, ſaß er dort wie feſtgebannt; Winterſturm war gekommen, die Flüſſe zuge- froren, Schnee ſoweit das Auge reichte — er hatte deſſen keine Acht; der Frühling trieb den Winter aus — es kümmerte ihn nicht; die Brüder plauderten von Krieg und ſchlimmer Botſchaft aus dem be- freundeten Land am Rhein — er hatte kein Ohr für ſie. Auf ſeiner
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Wie Schade, daß es ſchon zu ſpät worden, rief Praxedis herüber,
Ihr könntet gleich noch ein Paar mit dem Band der Ehe zuſammen
ſchmieden oder wenigſtens feierlich verloben, die taugen ſo gut zu
einand, wie die Zwei da drüben.
Ekkehard ließ ſein blaues Aug' lange auf den Beiden ruhen. Er
legte ihnen die Hand auf und machte das Zeichen des Kreuzes über
ſie. Wo iſt das Glück? ſprach er leiſe vor ſich hin. — —
In ſpäter Nacht ritt Rudimann der Kellermeiſter in ſein Kloſter
zurück. Die Furth war trocken, er konnte zu Roß hinüber. Von
des Abts Zelle glänzte noch ein Lichtſchimmer in See nieder. Er
klopfte bei ihm an, öffnete die Thür' halb und ſprach: Meine Ohren
haben heute mehr hören müſſen, als ihnen lieb war. Mit dem Hofgut
zu Saspach am Rheine wird's nichts! Sie ſetzt das Milchgeſicht von
Sanct Gallen drauf ...
Varium et mutabile semper femina! Wankelmüthig und ver-
änderlich ſtets iſt das Weib!
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murmelte der Abt, ohne ſich umzu-
ſchauen. Gute Nacht!
Siebzehntes Kapitel.
Gunzo wider Ekkehard.
In den Zeiten, da all das ſeither Erzählte an den Ufern des
Bodenſee's ſich zugetragen, ſaß fern in belgiſchen Landen im Kloſter
des heiligen Amandus sur l'Elnon ein Mönch in ſeiner Zelle:
Tagaus, tagein, wenn die Pflicht der Kloſterregel ihn freiließ, ſaß er
dort wie feſtgebannt; Winterſturm war gekommen, die Flüſſe zuge-
froren, Schnee ſoweit das Auge reichte — er hatte deſſen keine Acht;
der Frühling trieb den Winter aus — es kümmerte ihn nicht; die
Brüder plauderten von Krieg und ſchlimmer Botſchaft aus dem be-
freundeten Land am Rhein — er hatte kein Ohr für ſie. Auf ſeiner
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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/253>, abgerufen am 21.11.2024.
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