Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

dat wird darauf achten, ob sich Kriegsheere gut
darauf in Schlachtordnung stellen lassen. Der
Landmann wird den Ertrag der Früchte, den es
geben könnte, berechnen. Der Mahler wird be-
merken, wie vortheilhaft sich eine Zeichnung davon
ausnehmen müsse. Kurz, an jedem Objekte wer-
den verschiedne Menschen auch verschiedne Ver-
hältnisse zu andern ihnen gewöhnlich gegenwärti-
gen Objekten bemerken, so entfernt auch dieselben
zuweilen seyn mögen. Ganz die nemliche Bege-
benheit werden der Knabe, der Jüngling, der
Mann, das Mädchen, welche insgesamt Zeugen
davon waren, auf eine so eigne Art erzählen, daß
man glauben möchte, nur ähnliche, aber in der
That doch verschiedne Dinge von jedem unter ih-
nen zu hören.

Hier haben Sie, meine Leser und Leserinnen,
einige Bemerkungen über die Dinge, deren Ein-
wirkung die Einbildungskraft unterworfen ist. Jch
füge nichts weiter hinzu; weil es, wie ich schon
oben bemerkte, unmöglich ist, im Allgemeinen
die Art und den Grad des Einflusses der verschiede-
nen möglichen Ursachen genau zu bestimmen. Jn-
deß werden diese Winke hinreichend seyn, auf das-
jenige aufmerksam zu machen, was bey einem ein-
zelnen Subjekte die Einbildungskraft so und nicht
anders modificirte.



Fünfte

dat wird darauf achten, ob ſich Kriegsheere gut
darauf in Schlachtordnung ſtellen laſſen. Der
Landmann wird den Ertrag der Fruͤchte, den es
geben koͤnnte, berechnen. Der Mahler wird be-
merken, wie vortheilhaft ſich eine Zeichnung davon
ausnehmen muͤſſe. Kurz, an jedem Objekte wer-
den verſchiedne Menſchen auch verſchiedne Ver-
haͤltniſſe zu andern ihnen gewoͤhnlich gegenwaͤrti-
gen Objekten bemerken, ſo entfernt auch dieſelben
zuweilen ſeyn moͤgen. Ganz die nemliche Bege-
benheit werden der Knabe, der Juͤngling, der
Mann, das Maͤdchen, welche insgeſamt Zeugen
davon waren, auf eine ſo eigne Art erzaͤhlen, daß
man glauben moͤchte, nur aͤhnliche, aber in der
That doch verſchiedne Dinge von jedem unter ih-
nen zu hoͤren.

Hier haben Sie, meine Leſer und Leſerinnen,
einige Bemerkungen uͤber die Dinge, deren Ein-
wirkung die Einbildungskraft unterworfen iſt. Jch
fuͤge nichts weiter hinzu; weil es, wie ich ſchon
oben bemerkte, unmoͤglich iſt, im Allgemeinen
die Art und den Grad des Einfluſſes der verſchiede-
nen moͤglichen Urſachen genau zu beſtimmen. Jn-
deß werden dieſe Winke hinreichend ſeyn, auf das-
jenige aufmerkſam zu machen, was bey einem ein-
zelnen Subjekte die Einbildungskraft ſo und nicht
anders modificirte.



Fuͤnfte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0086" n="62"/>
dat wird darauf achten, ob &#x017F;ich Kriegsheere gut<lb/>
darauf in Schlachtordnung &#x017F;tellen la&#x017F;&#x017F;en. Der<lb/>
Landmann wird den Ertrag der Fru&#x0364;chte, den es<lb/>
geben ko&#x0364;nnte, berechnen. Der Mahler wird be-<lb/>
merken, wie vortheilhaft &#x017F;ich eine Zeichnung davon<lb/>
ausnehmen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Kurz, an jedem Objekte wer-<lb/>
den ver&#x017F;chiedne Men&#x017F;chen auch ver&#x017F;chiedne Ver-<lb/>
ha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e zu andern ihnen gewo&#x0364;hnlich gegenwa&#x0364;rti-<lb/>
gen Objekten bemerken, &#x017F;o entfernt auch die&#x017F;elben<lb/>
zuweilen &#x017F;eyn mo&#x0364;gen. Ganz die nemliche Bege-<lb/>
benheit werden der Knabe, der Ju&#x0364;ngling, der<lb/>
Mann, das Ma&#x0364;dchen, welche insge&#x017F;amt Zeugen<lb/>
davon waren, auf eine &#x017F;o eigne Art erza&#x0364;hlen, daß<lb/>
man glauben mo&#x0364;chte, nur a&#x0364;hnliche, aber in der<lb/>
That doch ver&#x017F;chiedne Dinge von jedem unter ih-<lb/>
nen zu ho&#x0364;ren.</p><lb/>
          <p>Hier haben Sie, meine Le&#x017F;er und Le&#x017F;erinnen,<lb/>
einige Bemerkungen u&#x0364;ber die Dinge, deren Ein-<lb/>
wirkung die Einbildungskraft unterworfen i&#x017F;t. Jch<lb/>
fu&#x0364;ge nichts weiter hinzu; weil es, wie ich &#x017F;chon<lb/>
oben bemerkte, unmo&#x0364;glich i&#x017F;t, <hi rendition="#b">im Allgemeinen</hi><lb/>
die Art und den Grad des Einflu&#x017F;&#x017F;es der ver&#x017F;chiede-<lb/>
nen mo&#x0364;glichen Ur&#x017F;achen genau zu be&#x017F;timmen. Jn-<lb/>
deß werden die&#x017F;e Winke hinreichend &#x017F;eyn, auf das-<lb/>
jenige aufmerk&#x017F;am zu machen, was bey einem ein-<lb/>
zelnen Subjekte die Einbildungskraft &#x017F;o und nicht<lb/>
anders modificirte.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Fu&#x0364;nfte</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0086] dat wird darauf achten, ob ſich Kriegsheere gut darauf in Schlachtordnung ſtellen laſſen. Der Landmann wird den Ertrag der Fruͤchte, den es geben koͤnnte, berechnen. Der Mahler wird be- merken, wie vortheilhaft ſich eine Zeichnung davon ausnehmen muͤſſe. Kurz, an jedem Objekte wer- den verſchiedne Menſchen auch verſchiedne Ver- haͤltniſſe zu andern ihnen gewoͤhnlich gegenwaͤrti- gen Objekten bemerken, ſo entfernt auch dieſelben zuweilen ſeyn moͤgen. Ganz die nemliche Bege- benheit werden der Knabe, der Juͤngling, der Mann, das Maͤdchen, welche insgeſamt Zeugen davon waren, auf eine ſo eigne Art erzaͤhlen, daß man glauben moͤchte, nur aͤhnliche, aber in der That doch verſchiedne Dinge von jedem unter ih- nen zu hoͤren. Hier haben Sie, meine Leſer und Leſerinnen, einige Bemerkungen uͤber die Dinge, deren Ein- wirkung die Einbildungskraft unterworfen iſt. Jch fuͤge nichts weiter hinzu; weil es, wie ich ſchon oben bemerkte, unmoͤglich iſt, im Allgemeinen die Art und den Grad des Einfluſſes der verſchiede- nen moͤglichen Urſachen genau zu beſtimmen. Jn- deß werden dieſe Winke hinreichend ſeyn, auf das- jenige aufmerkſam zu machen, was bey einem ein- zelnen Subjekte die Einbildungskraft ſo und nicht anders modificirte. Fuͤnfte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/86
Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/86>, abgerufen am 26.04.2024.