Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

ein Culturvolk und zeichneten sich unter den Gassaniden in Ostsyrien durch eigenthümliche und grossartige Bauten aus, über welche letztere Wetzstein ausführlich berichtet.





IX.
Der Spiegel.

Der bei den Maurern im Gesellengrade erscheinende Spiegel ist ein sehr wenig beachtetes und noch weniger besprochenes, aber dennoch ein vielsinniges und zugleich dem grauesten Alterthume entstammendes Symbol. In den Encyklopädien von Gädike und Lenning, sowie in den Schriften von Krause ist auch nicht ein Wort über das Symbol des Spiegels gesagt.

Indem der zum Gesellen zu befördernde Maurerlehrling vor den Spiegel geführt wird und darin nach Entfernung des ihn verhüllenden Vorhanges sein eigenes Bild, - sich selbst wie er ist, erkennen und betrachten soll, wird ihm als die besondere Aufgabe des Gesellen, des Maurers und des Menschen die Selbsterkenntniss und durch diese die Vervollkommnung seiner selbst bezeichnet. Der Spiegel ist somit nur eine andere Gestaltung des cubischen Steines mit dem darauf liegenden Winkelmasse, welches dirigit obliqua. Der Geselle soll sich selbst zum eubischen Steine, zum brauchbaren Steine in dem grossen Baue der Menschheit durch Ablegung und Entfernung seiner Fehler und Gebrechen formen, aber, um die Fehler und Gebrechen ablegen und entfernen zu können, muss er dieselben zuerst kennen und so wird die Selbsterkenntniss die Bedingung und das Mittel der Selbstvervollkommnung. An sich selbst muss der Geselle das Winkelmass anlegen, muthig in die geheimsten Falten seines Herzens und seines Geistes blicken, wenn es hier Licht und besser werden, wenn er selbst ein Anderer und Vollkommenerer werden soll. Sich selbst in seinen Mängeln zu erkennen und zu verbessern, ist nunmehr die maurerische Mess- und Baukunst. Dieses ver-

ein Culturvolk und zeichneten sich unter den Gassaniden in Ostsyrien durch eigenthümliche und grossartige Bauten aus, über welche letztere Wetzstein ausführlich berichtet.





IX.
Der Spiegel.

Der bei den Maurern im Gesellengrade erscheinende Spiegel ist ein sehr wenig beachtetes und noch weniger besprochenes, aber dennoch ein vielsinniges und zugleich dem grauesten Alterthume entstammendes Symbol. In den Encyklopädien von Gädike und Lenning, sowie in den Schriften von Krause ist auch nicht ein Wort über das Symbol des Spiegels gesagt.

Indem der zum Gesellen zu befördernde Maurerlehrling vor den Spiegel geführt wird und darin nach Entfernung des ihn verhüllenden Vorhanges sein eigenes Bild, – sich selbst wie er ist, erkennen und betrachten soll, wird ihm als die besondere Aufgabe des Gesellen, des Maurers und des Menschen die Selbsterkenntniss und durch diese die Vervollkommnung seiner selbst bezeichnet. Der Spiegel ist somit nur eine andere Gestaltung des cubischen Steines mit dem darauf liegenden Winkelmasse, welches dirigit obliqua. Der Geselle soll sich selbst zum eubischen Steine, zum brauchbaren Steine in dem grossen Baue der Menschheit durch Ablegung und Entfernung seiner Fehler und Gebrechen formen, aber, um die Fehler und Gebrechen ablegen und entfernen zu können, muss er dieselben zuerst kennen und so wird die Selbsterkenntniss die Bedingung und das Mittel der Selbstvervollkommnung. An sich selbst muss der Geselle das Winkelmass anlegen, muthig in die geheimsten Falten seines Herzens und seines Geistes blicken, wenn es hier Licht und besser werden, wenn er selbst ein Anderer und Vollkommenerer werden soll. Sich selbst in seinen Mängeln zu erkennen und zu verbessern, ist nunmehr die maurerische Mess- und Baukunst. Dieses ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0120" n="104"/>
ein Culturvolk und zeichneten sich unter den Gassaniden in Ostsyrien durch eigenthümliche
 und grossartige Bauten aus, über welche letztere Wetzstein ausführlich berichtet.</p>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      </div>
      <div n="1">
        <head>IX.<lb/>
Der Spiegel.</head><lb/>
        <p>Der bei den Maurern im Gesellengrade erscheinende Spiegel ist ein sehr wenig beachtetes und noch
 weniger besprochenes, aber dennoch ein vielsinniges und zugleich dem grauesten Alterthume
 entstammendes Symbol. In den Encyklopädien von Gädike und Lenning, sowie in den Schriften von Krause
 ist auch nicht ein Wort über das Symbol des Spiegels gesagt.</p>
        <p> Indem der zum Gesellen zu befördernde Maurerlehrling vor den Spiegel geführt wird und darin nach
 Entfernung des ihn verhüllenden Vorhanges sein eigenes Bild, &#x2013; sich selbst wie er ist, erkennen und
 betrachten soll, wird ihm als die besondere Aufgabe des Gesellen, des Maurers und des Menschen die
 Selbsterkenntniss und durch diese die Vervollkommnung seiner selbst bezeichnet. Der Spiegel ist
 somit nur eine andere Gestaltung des cubischen Steines mit dem darauf liegenden Winkelmasse, welches
 dirigit obliqua. Der Geselle soll sich selbst zum eubischen Steine, zum brauchbaren Steine in dem
 grossen Baue der Menschheit durch Ablegung und Entfernung seiner Fehler und Gebrechen formen, aber,
 um die Fehler und Gebrechen ablegen und entfernen zu können, muss er dieselben zuerst kennen und so
 wird die Selbsterkenntniss die Bedingung und das Mittel der Selbstvervollkommnung. An sich selbst
 muss der Geselle das Winkelmass anlegen, muthig in die geheimsten Falten seines Herzens und seines
 Geistes blicken, wenn es hier Licht und besser werden, wenn er selbst ein Anderer und Vollkommenerer
 werden soll. Sich selbst in seinen Mängeln zu erkennen und zu verbessern, ist nunmehr die
 maurerische Mess- und Baukunst. Dieses ver-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0120] ein Culturvolk und zeichneten sich unter den Gassaniden in Ostsyrien durch eigenthümliche und grossartige Bauten aus, über welche letztere Wetzstein ausführlich berichtet. IX. Der Spiegel. Der bei den Maurern im Gesellengrade erscheinende Spiegel ist ein sehr wenig beachtetes und noch weniger besprochenes, aber dennoch ein vielsinniges und zugleich dem grauesten Alterthume entstammendes Symbol. In den Encyklopädien von Gädike und Lenning, sowie in den Schriften von Krause ist auch nicht ein Wort über das Symbol des Spiegels gesagt. Indem der zum Gesellen zu befördernde Maurerlehrling vor den Spiegel geführt wird und darin nach Entfernung des ihn verhüllenden Vorhanges sein eigenes Bild, – sich selbst wie er ist, erkennen und betrachten soll, wird ihm als die besondere Aufgabe des Gesellen, des Maurers und des Menschen die Selbsterkenntniss und durch diese die Vervollkommnung seiner selbst bezeichnet. Der Spiegel ist somit nur eine andere Gestaltung des cubischen Steines mit dem darauf liegenden Winkelmasse, welches dirigit obliqua. Der Geselle soll sich selbst zum eubischen Steine, zum brauchbaren Steine in dem grossen Baue der Menschheit durch Ablegung und Entfernung seiner Fehler und Gebrechen formen, aber, um die Fehler und Gebrechen ablegen und entfernen zu können, muss er dieselben zuerst kennen und so wird die Selbsterkenntniss die Bedingung und das Mittel der Selbstvervollkommnung. An sich selbst muss der Geselle das Winkelmass anlegen, muthig in die geheimsten Falten seines Herzens und seines Geistes blicken, wenn es hier Licht und besser werden, wenn er selbst ein Anderer und Vollkommenerer werden soll. Sich selbst in seinen Mängeln zu erkennen und zu verbessern, ist nunmehr die maurerische Mess- und Baukunst. Dieses ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/120
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/120>, abgerufen am 19.11.2024.