Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung. wägt, so möchte man glauben, das Römische Recht seydadurch von Grund aus verändert, ja es sey davon nicht viel mehr als Nichts, übrig geblieben. So ist es aber in der That nicht; die eingetretenen Veränderungen betreffen mehr die Form, als das Wesen der Sache, und zwar so, daß wir sie sogar als wahre Verbesserungen jenes wichtigen und für die Rechtspflege fast unentbehrlichen Rechtsinstituts ansehen können. Selbst die wahre Vertragsnatur jenes Eides mit ihren wichtigen Folgen ist unverändert geblieben, und es ist dabei nur der sehr heilsame Unterschied einge- treten, daß ein solcher Vertrag nicht mehr durch den un- abhängigen Willen der Parteien, sondern nur unter der Aufsicht und Mitwirkung eines Richters zu Stande kommen kann. Daher ist auch der Eid in keinem Fall mehr Sur- rogat eines Urtheils, sondern nur der Grund, worauf ein Urtheil, übereinstimmend mit dem Inhalt des Eides, be- ruhen muß (l). §. 315. Restitution. -- Einleitung. Quellen: Paulus Lib. 1. T. 7. 8. 9. Cod. Greg. Lib. 2. T. 1 -- 4. (l) Daß nach dem Gebrauch
mancher Gerichte schon vor ge- leistetem Eide ein bedingtes Ur- theil gesprochen, und nachher durch die Leistung des Eides purificirt wird, ist nur eine die äußerliche Form betreffende Abweichung. Zu empfehlen ist diese Form übrigens nicht. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. wägt, ſo möchte man glauben, das Römiſche Recht ſeydadurch von Grund aus verändert, ja es ſey davon nicht viel mehr als Nichts, übrig geblieben. So iſt es aber in der That nicht; die eingetretenen Veränderungen betreffen mehr die Form, als das Weſen der Sache, und zwar ſo, daß wir ſie ſogar als wahre Verbeſſerungen jenes wichtigen und für die Rechtspflege faſt unentbehrlichen Rechtsinſtituts anſehen können. Selbſt die wahre Vertragsnatur jenes Eides mit ihren wichtigen Folgen iſt unverändert geblieben, und es iſt dabei nur der ſehr heilſame Unterſchied einge- treten, daß ein ſolcher Vertrag nicht mehr durch den un- abhängigen Willen der Parteien, ſondern nur unter der Aufſicht und Mitwirkung eines Richters zu Stande kommen kann. Daher iſt auch der Eid in keinem Fall mehr Sur- rogat eines Urtheils, ſondern nur der Grund, worauf ein Urtheil, übereinſtimmend mit dem Inhalt des Eides, be- ruhen muß (l). §. 315. Reſtitution. — Einleitung. Quellen: Paulus Lib. 1. T. 7. 8. 9. Cod. Greg. Lib. 2. T. 1 — 4. (l) Daß nach dem Gebrauch
mancher Gerichte ſchon vor ge- leiſtetem Eide ein bedingtes Ur- theil geſprochen, und nachher durch die Leiſtung des Eides purificirt wird, iſt nur eine die äußerliche Form betreffende Abweichung. Zu empfehlen iſt dieſe Form übrigens nicht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0112" n="90"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/> wägt, ſo möchte man glauben, das Römiſche Recht ſey<lb/> dadurch von Grund aus verändert, ja es ſey davon nicht<lb/> viel mehr als Nichts, übrig geblieben. So iſt es aber in<lb/> der That nicht; die eingetretenen Veränderungen betreffen<lb/> mehr die Form, als das Weſen der Sache, und zwar ſo,<lb/> daß wir ſie ſogar als wahre Verbeſſerungen jenes wichtigen<lb/> und für die Rechtspflege faſt unentbehrlichen Rechtsinſtituts<lb/> anſehen können. Selbſt die wahre Vertragsnatur jenes<lb/> Eides mit ihren wichtigen Folgen iſt unverändert geblieben,<lb/> und es iſt dabei nur der ſehr heilſame Unterſchied einge-<lb/> treten, daß ein ſolcher Vertrag nicht mehr durch den un-<lb/> abhängigen Willen der Parteien, ſondern nur unter der<lb/> Aufſicht und Mitwirkung eines Richters zu Stande kommen<lb/> kann. Daher iſt auch der Eid in keinem Fall mehr Sur-<lb/> rogat eines Urtheils, ſondern nur der Grund, worauf ein<lb/> Urtheil, übereinſtimmend mit dem Inhalt des Eides, be-<lb/> ruhen muß <note place="foot" n="(l)">Daß nach dem Gebrauch<lb/> mancher Gerichte ſchon vor ge-<lb/> leiſtetem Eide ein bedingtes Ur-<lb/> theil geſprochen, und nachher durch<lb/> die Leiſtung des Eides purificirt<lb/> wird, iſt nur eine die äußerliche<lb/> Form betreffende Abweichung. Zu<lb/> empfehlen iſt dieſe Form übrigens<lb/> nicht.</note>.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 315.<lb/><hi rendition="#g">Reſtitution. — Einleitung</hi>.</head><lb/> <p><hi rendition="#g">Quellen</hi>:</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Paulus</hi> Lib. 1. T.</hi> 7. 8. 9.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Cod. Greg</hi>. Lib. 2. T.</hi> 1 — 4.</item> </list><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0112]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
wägt, ſo möchte man glauben, das Römiſche Recht ſey
dadurch von Grund aus verändert, ja es ſey davon nicht
viel mehr als Nichts, übrig geblieben. So iſt es aber in
der That nicht; die eingetretenen Veränderungen betreffen
mehr die Form, als das Weſen der Sache, und zwar ſo,
daß wir ſie ſogar als wahre Verbeſſerungen jenes wichtigen
und für die Rechtspflege faſt unentbehrlichen Rechtsinſtituts
anſehen können. Selbſt die wahre Vertragsnatur jenes
Eides mit ihren wichtigen Folgen iſt unverändert geblieben,
und es iſt dabei nur der ſehr heilſame Unterſchied einge-
treten, daß ein ſolcher Vertrag nicht mehr durch den un-
abhängigen Willen der Parteien, ſondern nur unter der
Aufſicht und Mitwirkung eines Richters zu Stande kommen
kann. Daher iſt auch der Eid in keinem Fall mehr Sur-
rogat eines Urtheils, ſondern nur der Grund, worauf ein
Urtheil, übereinſtimmend mit dem Inhalt des Eides, be-
ruhen muß (l).
§. 315.
Reſtitution. — Einleitung.
Quellen:
Paulus Lib. 1. T. 7. 8. 9.
Cod. Greg. Lib. 2. T. 1 — 4.
(l) Daß nach dem Gebrauch
mancher Gerichte ſchon vor ge-
leiſtetem Eide ein bedingtes Ur-
theil geſprochen, und nachher durch
die Leiſtung des Eides purificirt
wird, iſt nur eine die äußerliche
Form betreffende Abweichung. Zu
empfehlen iſt dieſe Form übrigens
nicht.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |