Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite
Beilage XV.
IX.

Die Einwirkung der Tribunen in den Civilprozeß tritt
in folgenden Fällen hervor.

In einem Prozeß des Quinctius hatte ein Prätor mit
Unrecht ein Decret auf Bürgschaft erlassen. Die Tribunen
wurden um Einspruch gebeten, und ohne diesen unmittel-
bar auszusprechen, bewirkten sie doch durch ihre Drohung,
daß mit der Execution eingehalten wurde (x).

M. Tullius hatte gegen Q. Fabius eine Klage ange-
stellt de vi hominibus armatis coactisve damno dato.
Der Beklagte verlangte, daß in die Formel der beschrän-
kende Zusatz aufgenommen werde: injuria damno dato;
mit Unrecht, da diese Beschränkung nicht in die erwähnte
Klage, sondern nur in die a. L. Aquiliae gehörte. Als
der Prätor in dieses Verlangen nicht einging, appellirte der
Beklagte an die Tribunen; allein diese billigten das Decret
des Prätors über die Fassung der Formel, und erklärten:
nihil se addituros (y). -- Wären die Tribunen dem Ver-
langen des Beklagten beigetreten, so würden sie das auf

der Consul den Castraten für ehr-
los halten, und daher unwürdig,
das Tribunal zu betreten, so hatte
ja dem Consul diese persönliche
Berührung Niemand zugemuthet;
auch konnten selbst wirklich Ehr-
lose für sich selbst postuliren. (L. 1
§ 8 de his qui not.
). Vielleicht
sollte eine analoge Anwendung der
L. Voconia gemacht werden, indem
der Castrat noch weniger als ein
Weib sey, also mindestens eben so
unfähig zur Erbeinsetzung. Vgl.
L. 12 § 1 de bon. poss. (37. 1).
(x) Cicero pro Quinctio C. 7.
20. 21. Keller l. c., p. 139 sq.
(y) Cicero pro Tullio C. 7.
38. 39. 40. Keller l. c., p.
144.
145.
Beilage XV.
IX.

Die Einwirkung der Tribunen in den Civilprozeß tritt
in folgenden Fällen hervor.

In einem Prozeß des Quinctius hatte ein Prätor mit
Unrecht ein Decret auf Bürgſchaft erlaſſen. Die Tribunen
wurden um Einſpruch gebeten, und ohne dieſen unmittel-
bar auszuſprechen, bewirkten ſie doch durch ihre Drohung,
daß mit der Execution eingehalten wurde (x).

M. Tullius hatte gegen Q. Fabius eine Klage ange-
ſtellt de vi hominibus armatis coactisve damno dato.
Der Beklagte verlangte, daß in die Formel der beſchrän-
kende Zuſatz aufgenommen werde: injuria damno dato;
mit Unrecht, da dieſe Beſchränkung nicht in die erwähnte
Klage, ſondern nur in die a. L. Aquiliae gehörte. Als
der Prätor in dieſes Verlangen nicht einging, appellirte der
Beklagte an die Tribunen; allein dieſe billigten das Decret
des Prätors über die Faſſung der Formel, und erklärten:
nihil se addituros (y). — Wären die Tribunen dem Ver-
langen des Beklagten beigetreten, ſo würden ſie das auf

der Conſul den Caſtraten für ehr-
los halten, und daher unwürdig,
das Tribunal zu betreten, ſo hatte
ja dem Conſul dieſe perſönliche
Berührung Niemand zugemuthet;
auch konnten ſelbſt wirklich Ehr-
loſe für ſich ſelbſt poſtuliren. (L. 1
§ 8 de his qui not.
). Vielleicht
ſollte eine analoge Anwendung der
L. Voconia gemacht werden, indem
der Caſtrat noch weniger als ein
Weib ſey, alſo mindeſtens eben ſo
unfähig zur Erbeinſetzung. Vgl.
L. 12 § 1 de bon. poss. (37. 1).
(x) Cicero pro Quinctio C. 7.
20. 21. Keller l. c., p. 139 sq.
(y) Cicero pro Tullio C. 7.
38. 39. 40. Keller l. c., p.
144.
145.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0512" n="494"/>
          <fw place="top" type="header">Beilage <hi rendition="#aq">XV.</hi></fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">IX.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Die Einwirkung der Tribunen in den Civilprozeß tritt<lb/>
in folgenden Fällen hervor.</p><lb/>
            <p>In einem Prozeß des Quinctius hatte ein Prätor mit<lb/>
Unrecht ein Decret auf Bürg&#x017F;chaft erla&#x017F;&#x017F;en. Die Tribunen<lb/>
wurden um Ein&#x017F;pruch gebeten, und ohne die&#x017F;en unmittel-<lb/>
bar auszu&#x017F;prechen, bewirkten &#x017F;ie doch durch ihre Drohung,<lb/>
daß mit der Execution eingehalten wurde <note place="foot" n="(x)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Cicero</hi> pro Quinctio C. 7.<lb/>
20. 21. <hi rendition="#k">Keller</hi> l. c., p. 139 sq.</hi></note>.</p><lb/>
            <p>M. Tullius hatte gegen Q. Fabius eine Klage ange-<lb/>
&#x017F;tellt <hi rendition="#aq">de vi hominibus armatis coactisve damno dato.</hi><lb/>
Der Beklagte verlangte, daß in die Formel der be&#x017F;chrän-<lb/>
kende Zu&#x017F;atz aufgenommen werde: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">injuria</hi> damno dato;</hi><lb/>
mit Unrecht, da die&#x017F;e Be&#x017F;chränkung nicht in die erwähnte<lb/>
Klage, &#x017F;ondern nur in die <hi rendition="#aq">a. L. Aquiliae</hi> gehörte. Als<lb/>
der Prätor in die&#x017F;es Verlangen <choice><sic>nlcht</sic><corr>nicht</corr></choice> einging, appellirte der<lb/>
Beklagte an die Tribunen; allein die&#x017F;e billigten das Decret<lb/>
des Prätors über die Fa&#x017F;&#x017F;ung der Formel, und erklärten:<lb/><hi rendition="#aq">nihil se addituros</hi> <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Cicero</hi> pro Tullio C. 7.<lb/>
38. 39. 40. <hi rendition="#k">Keller</hi> l. c., p.</hi> 144.<lb/>
145.</note>. &#x2014; Wären die Tribunen dem Ver-<lb/>
langen des Beklagten beigetreten, &#x017F;o würden &#x017F;ie das auf<lb/><note xml:id="seg2pn_57_2" prev="#seg2pn_57_1" place="foot" n="(w)">der Con&#x017F;ul den Ca&#x017F;traten für ehr-<lb/>
los halten, und daher unwürdig,<lb/>
das Tribunal zu betreten, &#x017F;o hatte<lb/>
ja dem Con&#x017F;ul die&#x017F;e per&#x017F;önliche<lb/>
Berührung Niemand zugemuthet;<lb/>
auch konnten &#x017F;elb&#x017F;t wirklich Ehr-<lb/>
lo&#x017F;e für &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t po&#x017F;tuliren. (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1<lb/>
§ 8 <hi rendition="#i">de his qui not.</hi></hi>). Vielleicht<lb/>
&#x017F;ollte eine analoge Anwendung der<lb/>
L. Voconia gemacht werden, indem<lb/>
der Ca&#x017F;trat noch weniger als ein<lb/>
Weib &#x017F;ey, al&#x017F;o minde&#x017F;tens eben &#x017F;o<lb/>
unfähig zur Erbein&#x017F;etzung. Vgl.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 12 § 1 <hi rendition="#i">de bon. poss.</hi></hi> (37. 1).</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[494/0512] Beilage XV. IX. Die Einwirkung der Tribunen in den Civilprozeß tritt in folgenden Fällen hervor. In einem Prozeß des Quinctius hatte ein Prätor mit Unrecht ein Decret auf Bürgſchaft erlaſſen. Die Tribunen wurden um Einſpruch gebeten, und ohne dieſen unmittel- bar auszuſprechen, bewirkten ſie doch durch ihre Drohung, daß mit der Execution eingehalten wurde (x). M. Tullius hatte gegen Q. Fabius eine Klage ange- ſtellt de vi hominibus armatis coactisve damno dato. Der Beklagte verlangte, daß in die Formel der beſchrän- kende Zuſatz aufgenommen werde: injuria damno dato; mit Unrecht, da dieſe Beſchränkung nicht in die erwähnte Klage, ſondern nur in die a. L. Aquiliae gehörte. Als der Prätor in dieſes Verlangen nicht einging, appellirte der Beklagte an die Tribunen; allein dieſe billigten das Decret des Prätors über die Faſſung der Formel, und erklärten: nihil se addituros (y). — Wären die Tribunen dem Ver- langen des Beklagten beigetreten, ſo würden ſie das auf (w) (x) Cicero pro Quinctio C. 7. 20. 21. Keller l. c., p. 139 sq. (y) Cicero pro Tullio C. 7. 38. 39. 40. Keller l. c., p. 144. 145. (w) der Conſul den Caſtraten für ehr- los halten, und daher unwürdig, das Tribunal zu betreten, ſo hatte ja dem Conſul dieſe perſönliche Berührung Niemand zugemuthet; auch konnten ſelbſt wirklich Ehr- loſe für ſich ſelbſt poſtuliren. (L. 1 § 8 de his qui not.). Vielleicht ſollte eine analoge Anwendung der L. Voconia gemacht werden, indem der Caſtrat noch weniger als ein Weib ſey, alſo mindeſtens eben ſo unfähig zur Erbeinſetzung. Vgl. L. 12 § 1 de bon. poss. (37. 1).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/512
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/512>, abgerufen am 22.12.2024.