dabei die Anerkennung des Eigenthums als Grund und Bedingung der Entscheidung wirklich vorausgesetzt war. Diese Behauptung kann jedoch hier noch nicht gerechtfer- tigt werden, da sie mit Demjenigen zusammenhängt, welches unten über die Rechtskraft der Gründe gesagt werden wird. Durch diese Bemerkung soll darauf aufmerksam gemacht werden, daß in der angegebenen Wirksamkeit der Pronun- tiatio nicht etwa eine zufällige und willkürliche Einrichtung lag, sondern daß sie in einem inneren Zusammenhang stand mit der allgemeinen Auffassung der Rechtskraft überhaupt. Die Pronuntiatio diente dazu, daß das Daseyn jenes Entscheidungsgrundes nicht übersehen oder in Zweifel ge- zogen werden konnte.
§. 288. Rechtskraft. I. Bedingungen. B. Inhalt des Urtheils als Gundlage der Rechtskraft. -- Fall der Freisprechung des Beklagten.
Von den beiden Fällen, die in dem Inhalt eines rechts- kräftigen Urtheils vorkommen können (§ 287), ist jetzt noch der zweite, der Fall der Freisprechung des Beklagten, in seiner eigenthümlichen Bedeutung und Wirkung festzu- stellen.
Die Freisprechung des Beklagten, völlig gleichbedeutend mit der Abweisung des Klägers, hat einen blos vernei- nenden Inhalt; die Anerkennung eines dem Beklagten zu- stehenden Rechts kann darin nicht enthalten seyn. Dieser
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
dabei die Anerkennung des Eigenthums als Grund und Bedingung der Entſcheidung wirklich vorausgeſetzt war. Dieſe Behauptung kann jedoch hier noch nicht gerechtfer- tigt werden, da ſie mit Demjenigen zuſammenhängt, welches unten über die Rechtskraft der Gründe geſagt werden wird. Durch dieſe Bemerkung ſoll darauf aufmerkſam gemacht werden, daß in der angegebenen Wirkſamkeit der Pronun- tiatio nicht etwa eine zufällige und willkürliche Einrichtung lag, ſondern daß ſie in einem inneren Zuſammenhang ſtand mit der allgemeinen Auffaſſung der Rechtskraft überhaupt. Die Pronuntiatio diente dazu, daß das Daſeyn jenes Entſcheidungsgrundes nicht überſehen oder in Zweifel ge- zogen werden konnte.
§. 288. Rechtskraft. I. Bedingungen. B. Inhalt des Urtheils als Gundlage der Rechtskraft. — Fall der Freiſprechung des Beklagten.
Von den beiden Fällen, die in dem Inhalt eines rechts- kräftigen Urtheils vorkommen können (§ 287), iſt jetzt noch der zweite, der Fall der Freiſprechung des Beklagten, in ſeiner eigenthümlichen Bedeutung und Wirkung feſtzu- ſtellen.
Die Freiſprechung des Beklagten, völlig gleichbedeutend mit der Abweiſung des Klägers, hat einen blos vernei- nenden Inhalt; die Anerkennung eines dem Beklagten zu- ſtehenden Rechts kann darin nicht enthalten ſeyn. Dieſer
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
dabei die Anerkennung des Eigenthums als Grund und
Bedingung der Entſcheidung wirklich vorausgeſetzt war.
Dieſe Behauptung kann jedoch hier noch nicht gerechtfer-
tigt werden, da ſie mit Demjenigen zuſammenhängt, welches
unten über die Rechtskraft der Gründe geſagt werden wird.
Durch dieſe Bemerkung ſoll darauf aufmerkſam gemacht
werden, daß in der angegebenen Wirkſamkeit der Pronun-
tiatio nicht etwa eine zufällige und willkürliche Einrichtung
lag, ſondern daß ſie in einem inneren Zuſammenhang ſtand
mit der allgemeinen Auffaſſung der Rechtskraft überhaupt.
Die Pronuntiatio diente dazu, daß das Daſeyn jenes
Entſcheidungsgrundes nicht überſehen oder in Zweifel ge-
zogen werden konnte.
§. 288.
Rechtskraft. I. Bedingungen. B. Inhalt des Urtheils
als Gundlage der Rechtskraft. — Fall der Freiſprechung
des Beklagten.
Von den beiden Fällen, die in dem Inhalt eines rechts-
kräftigen Urtheils vorkommen können (§ 287), iſt jetzt noch
der zweite, der Fall der Freiſprechung des Beklagten,
in ſeiner eigenthümlichen Bedeutung und Wirkung feſtzu-
ſtellen.
Die Freiſprechung des Beklagten, völlig gleichbedeutend
mit der Abweiſung des Klägers, hat einen blos vernei-
nenden Inhalt; die Anerkennung eines dem Beklagten zu-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/338>, abgerufen am 03.03.2025.
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