Rechtsverhältnisse hingedeutet werden, die neben dem rechts- kräftigen Urtheil vorkommen können.
Dahin gehören einige Rechtsinstitute, welche die Stelle eines Urtheils vertreten können, und eben deshalb das Urtheil unnöthig machen. Unter diese Surrogate des Urtheils gehört der Eid, die in jure confessio und re- sponsio.
Es gehört dahin aber auch ein Rechtsinstitut, welches, so wie das Urtheil, auf der Thätigkeit einer richterlichen Obrigkeit beruht, aber eine andere und weiter gehende Be- stimmung hat. Anstatt daß das Urtheil keine andere Auf- gabe hat, als das vorhandene Recht zu erkennen und zur Geltung zur bringen, beruht die in integrum restitutio vielmehr auf der besondern Macht der Obrigkeit, unter ge- wissen Bedingungen in das vorhandene Recht mit Absicht und Bewußtseyn einzugreifen und dasselbe abzuändern.
Diese Institute werden nach Beendigung der Lehre vom Urtheil abgehandelt werden.
§. 281. Rechtskraft des Urtheils. Geschichte.
Die mit der Rechtskraft verbundene Fiction der Wahr- heit ist bisher nur erst als ein Zweck, der erreicht werden soll, aufgestellt worden. Es fragt sich nunmehr, durch welche Mittel dieser Zweck herbeizuführen ist, durch welche Rechtsform jenes Institut in das Leben eingeführt werden soll. Diese Frage läßt sich nur durch die geschichtliche
§. 280. Rechtskraft des Urtheils. Einleitung.
Rechtsverhältniſſe hingedeutet werden, die neben dem rechts- kräftigen Urtheil vorkommen können.
Dahin gehören einige Rechtsinſtitute, welche die Stelle eines Urtheils vertreten können, und eben deshalb das Urtheil unnöthig machen. Unter dieſe Surrogate des Urtheils gehört der Eid, die in jure confessio und re- sponsio.
Es gehört dahin aber auch ein Rechtsinſtitut, welches, ſo wie das Urtheil, auf der Thätigkeit einer richterlichen Obrigkeit beruht, aber eine andere und weiter gehende Be- ſtimmung hat. Anſtatt daß das Urtheil keine andere Auf- gabe hat, als das vorhandene Recht zu erkennen und zur Geltung zur bringen, beruht die in integrum restitutio vielmehr auf der beſondern Macht der Obrigkeit, unter ge- wiſſen Bedingungen in das vorhandene Recht mit Abſicht und Bewußtſeyn einzugreifen und daſſelbe abzuändern.
Dieſe Inſtitute werden nach Beendigung der Lehre vom Urtheil abgehandelt werden.
§. 281. Rechtskraft des Urtheils. Geſchichte.
Die mit der Rechtskraft verbundene Fiction der Wahr- heit iſt bisher nur erſt als ein Zweck, der erreicht werden ſoll, aufgeſtellt worden. Es fragt ſich nunmehr, durch welche Mittel dieſer Zweck herbeizuführen iſt, durch welche Rechtsform jenes Inſtitut in das Leben eingeführt werden ſoll. Dieſe Frage läßt ſich nur durch die geſchichtliche
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0283"n="265"/><fwplace="top"type="header">§. 280. Rechtskraft des Urtheils. Einleitung.</fw><lb/>
Rechtsverhältniſſe hingedeutet werden, die neben dem rechts-<lb/>
kräftigen Urtheil vorkommen können.</p><lb/><p>Dahin gehören einige Rechtsinſtitute, welche die Stelle<lb/>
eines Urtheils vertreten können, und eben deshalb das<lb/>
Urtheil unnöthig machen. Unter dieſe Surrogate des<lb/>
Urtheils gehört der Eid, die <hirendition="#aq">in jure confessio</hi> und <hirendition="#aq">re-<lb/>
sponsio.</hi></p><lb/><p>Es gehört dahin aber auch ein Rechtsinſtitut, welches,<lb/>ſo wie das Urtheil, auf der Thätigkeit einer richterlichen<lb/>
Obrigkeit beruht, aber eine andere und weiter gehende Be-<lb/>ſtimmung hat. Anſtatt daß das Urtheil keine andere Auf-<lb/>
gabe hat, als das vorhandene Recht zu erkennen und zur<lb/>
Geltung zur bringen, beruht die <hirendition="#aq">in integrum restitutio</hi><lb/>
vielmehr auf der beſondern Macht der Obrigkeit, unter ge-<lb/>
wiſſen Bedingungen in das vorhandene Recht mit Abſicht<lb/>
und Bewußtſeyn einzugreifen und daſſelbe abzuändern.</p><lb/><p>Dieſe Inſtitute werden nach Beendigung der Lehre vom<lb/>
Urtheil abgehandelt werden.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 281.<lb/><hirendition="#g">Rechtskraft des Urtheils. Geſchichte</hi>.</head><lb/><p>Die mit der Rechtskraft verbundene Fiction der Wahr-<lb/>
heit iſt bisher nur erſt als ein Zweck, der erreicht werden<lb/>ſoll, aufgeſtellt worden. Es fragt ſich nunmehr, durch<lb/>
welche Mittel dieſer Zweck herbeizuführen iſt, durch welche<lb/>
Rechtsform jenes Inſtitut in das Leben eingeführt werden<lb/>ſoll. Dieſe Frage läßt ſich nur durch die geſchichtliche<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[265/0283]
§. 280. Rechtskraft des Urtheils. Einleitung.
Rechtsverhältniſſe hingedeutet werden, die neben dem rechts-
kräftigen Urtheil vorkommen können.
Dahin gehören einige Rechtsinſtitute, welche die Stelle
eines Urtheils vertreten können, und eben deshalb das
Urtheil unnöthig machen. Unter dieſe Surrogate des
Urtheils gehört der Eid, die in jure confessio und re-
sponsio.
Es gehört dahin aber auch ein Rechtsinſtitut, welches,
ſo wie das Urtheil, auf der Thätigkeit einer richterlichen
Obrigkeit beruht, aber eine andere und weiter gehende Be-
ſtimmung hat. Anſtatt daß das Urtheil keine andere Auf-
gabe hat, als das vorhandene Recht zu erkennen und zur
Geltung zur bringen, beruht die in integrum restitutio
vielmehr auf der beſondern Macht der Obrigkeit, unter ge-
wiſſen Bedingungen in das vorhandene Recht mit Abſicht
und Bewußtſeyn einzugreifen und daſſelbe abzuändern.
Dieſe Inſtitute werden nach Beendigung der Lehre vom
Urtheil abgehandelt werden.
§. 281.
Rechtskraft des Urtheils. Geſchichte.
Die mit der Rechtskraft verbundene Fiction der Wahr-
heit iſt bisher nur erſt als ein Zweck, der erreicht werden
ſoll, aufgeſtellt worden. Es fragt ſich nunmehr, durch
welche Mittel dieſer Zweck herbeizuführen iſt, durch welche
Rechtsform jenes Inſtitut in das Leben eingeführt werden
ſoll. Dieſe Frage läßt ſich nur durch die geſchichtliche
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/283>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.