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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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§. 244. Klagverjährung. Bedingungen. Bona fides.
Dauer der bona fides. Das Römische Recht erkennt eine
Usucapion, wozu auch die bona fides erfordert wird, le-
diglich bey dem Eigenthum an; bey den Servituten findet
sich etwas Ähnliches, nicht Dasselbe, und namentlich an
die Stelle der bona fides treten hier andere, obgleich ver-
wandte, Erfordernisse. Hier wird, in den Worten: prae-
scriptio tam canonica quam civilis,
darauf hingewiesen,
daß jetzt neue, aus den kirchlichen Verhältnissen entsprun-
gene, Rechte, eben so wie nach Römischem Recht das Eigen-
thum (quam civilis), dem Erwerb durch bonae fidei pos-
sessio
unterworfen sind, wohin die Diöcesanrechte, Zehen-
ten u. s. w. gehören, welche mehr Analogie mit dem Eigen-
thum haben als die Servituten, großentheils auch mit
einem Grundeigenthum, als Accessionen desselben, verknüpft
sind (f). Diese erweiterte Anwendung der Ersitzung ist
auch nach vielen anderen Stellen unzweifelhaft, aber sie
ist nicht hier neu eingeführt; sie war durch Gewohnheits-
recht entstanden, wird aber hier gelegentlich anerkannt,
und denselben Regeln, wie die Römische Usucapion, unter-
worfen.

Die zweyte Abweichung vom Römischen Recht ist hier
neu vorgeschrieben, sie ist der augenscheinliche Zweck bei-
der Decretalen. Die bona fides soll nicht blos im Anfang
des Besitzes vorhanden seyn, wie nach Römischem Recht,
sondern während der ganzen Dauer desselben. Dieses liegt
in den Worten des ersten Gesetzes: postquam se noverit

(f) Möllenthiel § 20 S. 113. 115 § 24. 25.

§. 244. Klagverjährung. Bedingungen. Bona fides.
Dauer der bona fides. Das Römiſche Recht erkennt eine
Uſucapion, wozu auch die bona fides erfordert wird, le-
diglich bey dem Eigenthum an; bey den Servituten findet
ſich etwas Ähnliches, nicht Daſſelbe, und namentlich an
die Stelle der bona fides treten hier andere, obgleich ver-
wandte, Erforderniſſe. Hier wird, in den Worten: prae-
scriptio tam canonica quam civilis,
darauf hingewieſen,
daß jetzt neue, aus den kirchlichen Verhältniſſen entſprun-
gene, Rechte, eben ſo wie nach Römiſchem Recht das Eigen-
thum (quam civilis), dem Erwerb durch bonae fidei pos-
sessio
unterworfen ſind, wohin die Diöceſanrechte, Zehen-
ten u. ſ. w. gehören, welche mehr Analogie mit dem Eigen-
thum haben als die Servituten, großentheils auch mit
einem Grundeigenthum, als Acceſſionen deſſelben, verknüpft
ſind (f). Dieſe erweiterte Anwendung der Erſitzung iſt
auch nach vielen anderen Stellen unzweifelhaft, aber ſie
iſt nicht hier neu eingeführt; ſie war durch Gewohnheits-
recht entſtanden, wird aber hier gelegentlich anerkannt,
und denſelben Regeln, wie die Römiſche Uſucapion, unter-
worfen.

Die zweyte Abweichung vom Römiſchen Recht iſt hier
neu vorgeſchrieben, ſie iſt der augenſcheinliche Zweck bei-
der Decretalen. Die bona fides ſoll nicht blos im Anfang
des Beſitzes vorhanden ſeyn, wie nach Römiſchem Recht,
ſondern während der ganzen Dauer deſſelben. Dieſes liegt
in den Worten des erſten Geſetzes: postquam se noverit

(f) Möllenthiel § 20 S. 113. 115 § 24. 25.
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[329/0343] §. 244. Klagverjährung. Bedingungen. Bona fides. Dauer der bona fides. Das Römiſche Recht erkennt eine Uſucapion, wozu auch die bona fides erfordert wird, le- diglich bey dem Eigenthum an; bey den Servituten findet ſich etwas Ähnliches, nicht Daſſelbe, und namentlich an die Stelle der bona fides treten hier andere, obgleich ver- wandte, Erforderniſſe. Hier wird, in den Worten: prae- scriptio tam canonica quam civilis, darauf hingewieſen, daß jetzt neue, aus den kirchlichen Verhältniſſen entſprun- gene, Rechte, eben ſo wie nach Römiſchem Recht das Eigen- thum (quam civilis), dem Erwerb durch bonae fidei pos- sessio unterworfen ſind, wohin die Diöceſanrechte, Zehen- ten u. ſ. w. gehören, welche mehr Analogie mit dem Eigen- thum haben als die Servituten, großentheils auch mit einem Grundeigenthum, als Acceſſionen deſſelben, verknüpft ſind (f). Dieſe erweiterte Anwendung der Erſitzung iſt auch nach vielen anderen Stellen unzweifelhaft, aber ſie iſt nicht hier neu eingeführt; ſie war durch Gewohnheits- recht entſtanden, wird aber hier gelegentlich anerkannt, und denſelben Regeln, wie die Römiſche Uſucapion, unter- worfen. Die zweyte Abweichung vom Römiſchen Recht iſt hier neu vorgeſchrieben, ſie iſt der augenſcheinliche Zweck bei- der Decretalen. Die bona fides ſoll nicht blos im Anfang des Beſitzes vorhanden ſeyn, wie nach Römiſchem Recht, ſondern während der ganzen Dauer deſſelben. Dieſes liegt in den Worten des erſten Geſetzes: postquam se noverit (f) Möllenthiel § 20 S. 113. 115 § 24. 25.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/343>, abgerufen am 26.04.2024.