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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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§. 228. Exceptionen. Abweichende Ansichten.
erweiterten Begriff ersetzt werden müsse (g). Allein auf
diesen negativen Satz beschränkt sich die Übereinstimmung,
denn über den positiven Begriff selbst, welchen wir an
die Stelle zu setzen haben, herrscht fortwährend die größte
Verschiedenheit, und diese Verwirrung ist einer festen Aus-
bildung des Prozeßrechtes in hohem Grade hinderlich. So
wird namentlich von Manchen unter Exception diejenige
Einwendung verstanden, die auf einer Veränderung des
ursprünglichen Rechtsverhältnisses beruht, jede andere soll
eine negative Einlassung seyn (h). Von Anderen jede Ein-
wendung, die der Beklagte zu beweisen hat, wohin also
auch absolute und relative Verneinungen (Wahnsinn eines
Contrahenten, Zahlung) gehören, und welcher Begriff da-
her noch umfassender ist als jener (i).

Vielleicht können folgende Bemerkungen dazu dienen,
eine Verständigung in dieser Lehre zu befördern. Zwey
Stücke sind mir für die Theorie des Römischen Rechts,
also für das Interesse des vorliegenden Werks, von Wich-
tigkeit: die im § 225 versuchte Feststellung der verschiedenen
Arten möglicher Vertheidigung, und die fortwährende An-
erkennung der Römischen Exceptiones, ohne Veränderung

(g) Mühlenbruch I. § 137,
Thibaut § 73, Mackeldey § 200.
b., Linde in Linde's Zeitschrift
B. 1 S. 148 fg. -- Der hier von
mir aufgestellten Ansicht kommt
unter den neueren Schriftstellern
am nächsten Kierulff Theorie I.
S. 175 fg.
(h) Bayer Civilprozeß S. 256.
Nach ihm werden wahre Exceptio-
nen begründet durch die Verjährung,
Zahlung, Novation, aber nicht
durch das Sc. Macedonianum
und Vellejanum.
(i) Albrecht § 38, besonders
S. 190. 205. 206.

§. 228. Exceptionen. Abweichende Anſichten.
erweiterten Begriff erſetzt werden müſſe (g). Allein auf
dieſen negativen Satz beſchränkt ſich die Übereinſtimmung,
denn über den poſitiven Begriff ſelbſt, welchen wir an
die Stelle zu ſetzen haben, herrſcht fortwährend die größte
Verſchiedenheit, und dieſe Verwirrung iſt einer feſten Aus-
bildung des Prozeßrechtes in hohem Grade hinderlich. So
wird namentlich von Manchen unter Exception diejenige
Einwendung verſtanden, die auf einer Veränderung des
urſprünglichen Rechtsverhältniſſes beruht, jede andere ſoll
eine negative Einlaſſung ſeyn (h). Von Anderen jede Ein-
wendung, die der Beklagte zu beweiſen hat, wohin alſo
auch abſolute und relative Verneinungen (Wahnſinn eines
Contrahenten, Zahlung) gehören, und welcher Begriff da-
her noch umfaſſender iſt als jener (i).

Vielleicht können folgende Bemerkungen dazu dienen,
eine Verſtändigung in dieſer Lehre zu befördern. Zwey
Stücke ſind mir für die Theorie des Römiſchen Rechts,
alſo für das Intereſſe des vorliegenden Werks, von Wich-
tigkeit: die im § 225 verſuchte Feſtſtellung der verſchiedenen
Arten möglicher Vertheidigung, und die fortwährende An-
erkennung der Römiſchen Exceptiones, ohne Veränderung

(g) Mühlenbruch I. § 137,
Thibaut § 73, Mackeldey § 200.
b., Linde in Linde’s Zeitſchrift
B. 1 S. 148 fg. — Der hier von
mir aufgeſtellten Anſicht kommt
unter den neueren Schriftſtellern
am nächſten Kierulff Theorie I.
S. 175 fg.
(h) Bayer Civilprozeß S. 256.
Nach ihm werden wahre Exceptio-
nen begründet durch die Verjährung,
Zahlung, Novation, aber nicht
durch das Sc. Macedonianum
und Vellejanum.
(i) Albrecht § 38, beſonders
S. 190. 205. 206.
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[183/0197] §. 228. Exceptionen. Abweichende Anſichten. erweiterten Begriff erſetzt werden müſſe (g). Allein auf dieſen negativen Satz beſchränkt ſich die Übereinſtimmung, denn über den poſitiven Begriff ſelbſt, welchen wir an die Stelle zu ſetzen haben, herrſcht fortwährend die größte Verſchiedenheit, und dieſe Verwirrung iſt einer feſten Aus- bildung des Prozeßrechtes in hohem Grade hinderlich. So wird namentlich von Manchen unter Exception diejenige Einwendung verſtanden, die auf einer Veränderung des urſprünglichen Rechtsverhältniſſes beruht, jede andere ſoll eine negative Einlaſſung ſeyn (h). Von Anderen jede Ein- wendung, die der Beklagte zu beweiſen hat, wohin alſo auch abſolute und relative Verneinungen (Wahnſinn eines Contrahenten, Zahlung) gehören, und welcher Begriff da- her noch umfaſſender iſt als jener (i). Vielleicht können folgende Bemerkungen dazu dienen, eine Verſtändigung in dieſer Lehre zu befördern. Zwey Stücke ſind mir für die Theorie des Römiſchen Rechts, alſo für das Intereſſe des vorliegenden Werks, von Wich- tigkeit: die im § 225 verſuchte Feſtſtellung der verſchiedenen Arten möglicher Vertheidigung, und die fortwährende An- erkennung der Römiſchen Exceptiones, ohne Veränderung (g) Mühlenbruch I. § 137, Thibaut § 73, Mackeldey § 200. b., Linde in Linde’s Zeitſchrift B. 1 S. 148 fg. — Der hier von mir aufgeſtellten Anſicht kommt unter den neueren Schriftſtellern am nächſten Kierulff Theorie I. S. 175 fg. (h) Bayer Civilprozeß S. 256. Nach ihm werden wahre Exceptio- nen begründet durch die Verjährung, Zahlung, Novation, aber nicht durch das Sc. Macedonianum und Vellejanum. (i) Albrecht § 38, beſonders S. 190. 205. 206.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/197>, abgerufen am 26.04.2024.