Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite
Beylage IX.
Schenkung durch bloße Unterlassungen.
(Zu § 144.)
I.

Im Allgemeinen muß die Möglichkeit der in der Über-
schrift bezeichneten Schenkungen verneint werden. Die
positiven Einschränkungen, welche das juristische Wesen
der Schenkung ausmachen, beziehen sich ihrer Natur nach
auf Rechtsgeschäfte, unter welchen Begriff eine bloße Un-
terlassung nicht bezogen werden kann. Die Formen der
Mancipation und der Insinuation, die in dem positiven
Recht der Schenkungen eine so wichtige Stelle einnehmen,
sind bey Unterlassungen gar nicht denkbar.

Es giebt jedoch zweyerley Umstände, wodurch eine
Unterlassung die Natur einer Schenkung annehmen kann.
Erstlich wenn dabey ein verborgenes Handeln zum Grunde
liegt, welches dann eigentlich die Schenkung ausmacht.
Zweytens wenn durch die Unterlassung allein und aus-
schließend eine unfehlbare Bereicherung bewirkt wird, in
welchem Fall sie als ein indirectes oder verstecktes Geld-
geschenk betrachtet werden kann.


36*
Beylage IX.
Schenkung durch bloße Unterlaſſungen.
(Zu § 144.)
I.

Im Allgemeinen muß die Möglichkeit der in der Über-
ſchrift bezeichneten Schenkungen verneint werden. Die
poſitiven Einſchränkungen, welche das juriſtiſche Weſen
der Schenkung ausmachen, beziehen ſich ihrer Natur nach
auf Rechtsgeſchäfte, unter welchen Begriff eine bloße Un-
terlaſſung nicht bezogen werden kann. Die Formen der
Mancipation und der Inſinuation, die in dem poſitiven
Recht der Schenkungen eine ſo wichtige Stelle einnehmen,
ſind bey Unterlaſſungen gar nicht denkbar.

Es giebt jedoch zweyerley Umſtände, wodurch eine
Unterlaſſung die Natur einer Schenkung annehmen kann.
Erſtlich wenn dabey ein verborgenes Handeln zum Grunde
liegt, welches dann eigentlich die Schenkung ausmacht.
Zweytens wenn durch die Unterlaſſung allein und aus-
ſchließend eine unfehlbare Bereicherung bewirkt wird, in
welchem Fall ſie als ein indirectes oder verſtecktes Geld-
geſchenk betrachtet werden kann.


36*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0577" n="[563]"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#b">Beylage <hi rendition="#aq">IX.</hi></hi><lb/><hi rendition="#g">Schenkung durch bloße Unterla&#x017F;&#x017F;ungen</hi>.<lb/>
(Zu § 144.)</head><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">I.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">I</hi>m Allgemeinen muß die Möglichkeit der in der Über-<lb/>
&#x017F;chrift bezeichneten Schenkungen verneint werden. Die<lb/>
po&#x017F;itiven Ein&#x017F;chränkungen, welche das juri&#x017F;ti&#x017F;che We&#x017F;en<lb/>
der Schenkung ausmachen, beziehen &#x017F;ich ihrer Natur nach<lb/>
auf Rechtsge&#x017F;chäfte, unter welchen Begriff eine bloße Un-<lb/>
terla&#x017F;&#x017F;ung nicht bezogen werden kann. Die Formen der<lb/>
Mancipation und der In&#x017F;inuation, die in dem po&#x017F;itiven<lb/>
Recht der Schenkungen eine &#x017F;o wichtige Stelle einnehmen,<lb/>
&#x017F;ind bey Unterla&#x017F;&#x017F;ungen gar nicht denkbar.</p><lb/>
            <p>Es giebt jedoch zweyerley Um&#x017F;tände, wodurch eine<lb/>
Unterla&#x017F;&#x017F;ung die Natur einer Schenkung annehmen kann.<lb/>
Er&#x017F;tlich wenn dabey ein verborgenes Handeln zum Grunde<lb/>
liegt, welches dann eigentlich die Schenkung ausmacht.<lb/>
Zweytens wenn durch die Unterla&#x017F;&#x017F;ung allein und aus-<lb/>
&#x017F;chließend eine unfehlbare Bereicherung bewirkt wird, in<lb/>
welchem Fall &#x017F;ie als ein indirectes oder ver&#x017F;tecktes Geld-<lb/>
ge&#x017F;chenk betrachtet werden kann.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">36*</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[563]/0577] Beylage IX. Schenkung durch bloße Unterlaſſungen. (Zu § 144.) I. Im Allgemeinen muß die Möglichkeit der in der Über- ſchrift bezeichneten Schenkungen verneint werden. Die poſitiven Einſchränkungen, welche das juriſtiſche Weſen der Schenkung ausmachen, beziehen ſich ihrer Natur nach auf Rechtsgeſchäfte, unter welchen Begriff eine bloße Un- terlaſſung nicht bezogen werden kann. Die Formen der Mancipation und der Inſinuation, die in dem poſitiven Recht der Schenkungen eine ſo wichtige Stelle einnehmen, ſind bey Unterlaſſungen gar nicht denkbar. Es giebt jedoch zweyerley Umſtände, wodurch eine Unterlaſſung die Natur einer Schenkung annehmen kann. Erſtlich wenn dabey ein verborgenes Handeln zum Grunde liegt, welches dann eigentlich die Schenkung ausmacht. Zweytens wenn durch die Unterlaſſung allein und aus- ſchließend eine unfehlbare Bereicherung bewirkt wird, in welchem Fall ſie als ein indirectes oder verſtecktes Geld- geſchenk betrachtet werden kann. 36*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/577
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. [563]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/577>, abgerufen am 30.12.2024.