§. 187. VI. Die Zeit. 3. Civile Zeitrechnung. (Fortsetzung.)
Ganz anders, als alle bisher betrachtete Fälle, wird die Minderjährigkeit behandelt, insofern dieselbe Grund einer Restitution ist. Wenn nämlich ein Minderjähriger an dem Geburtstage, an welchem er 25 Jahre alt wird, ein Geschäft vornimmt, und nun die Frage entsteht, ob er dagegen zu restituiren sey, dann soll weder auf den Anfang des Tages gesehen werden (wie bey der Usuca- pion), noch auf dessen Ende (wie bey der Klagverjährung), sondern auf das momentum temporis, das heißt auf die- jenige Tageszeit, welche dem genau ermittelten Zeitpunkt seiner Geburt entspricht. Die merkwürdige Stelle, welche diesen Ausspruch auf ganz unzweifelhafte Weise enthält, ist folgende.
L. 3 § 3 de minor. (4. 4.). (Ulpian. lib. XI. ad Ed.) Minorem autem XXV. annis natu, videndum, an etiam die(a)natalis sui adhuc dicimus, ante horam qua natus est, ut si captus sit restituatur: et, cum non-
(a) Die Florentina las ur- sprünglich an etia diem, jedoch ist schon in alter Zeit ein m hin- ter etia eingeschoben worden, so daß es nun heißt: an etiam diem. Unterläßt man diese Ein- schiebung eines neuen Buchstaben, und versetzt blos das hinter die stehende m hinter etia, so ent- steht die einfache, befriedigende Leseart, welche hier im Text ab- gedruckt und schon von Cujacius vorgeschlagen worden ist. Sehr abweichend ist die Leseart von Haloander, und noch mehr die von Wenk (Vacarius p. 205 sq.) vorgeschlagene, bey welchem sich auch reichliches Material zu die- ser kritischen Frage findet. Für unsren Zweck ist dieselbe gleich- gültig.
§. 187. VI. Die Zeit. 3. Civile Zeitrechnung. (Fortſetzung.)
Ganz anders, als alle bisher betrachtete Fälle, wird die Minderjährigkeit behandelt, inſofern dieſelbe Grund einer Reſtitution iſt. Wenn nämlich ein Minderjähriger an dem Geburtstage, an welchem er 25 Jahre alt wird, ein Geſchäft vornimmt, und nun die Frage entſteht, ob er dagegen zu reſtituiren ſey, dann ſoll weder auf den Anfang des Tages geſehen werden (wie bey der Uſuca- pion), noch auf deſſen Ende (wie bey der Klagverjährung), ſondern auf das momentum temporis, das heißt auf die- jenige Tageszeit, welche dem genau ermittelten Zeitpunkt ſeiner Geburt entſpricht. Die merkwürdige Stelle, welche dieſen Ausſpruch auf ganz unzweifelhafte Weiſe enthält, iſt folgende.
L. 3 § 3 de minor. (4. 4.). (Ulpian. lib. XI. ad Ed.) Minorem autem XXV. annis natu, videndum, an etiam die(a)natalis sui adhuc dicimus, ante horam qua natus est, ut si captus sit restituatur: et, cum non-
(a) Die Florentina las ur- ſprünglich an etia diem, jedoch iſt ſchon in alter Zeit ein m hin- ter etia eingeſchoben worden, ſo daß es nun heißt: an etiam diem. Unterläßt man dieſe Ein- ſchiebung eines neuen Buchſtaben, und verſetzt blos das hinter die ſtehende m hinter etia, ſo ent- ſteht die einfache, befriedigende Leſeart, welche hier im Text ab- gedruckt und ſchon von Cujacius vorgeſchlagen worden iſt. Sehr abweichend iſt die Leſeart von Haloander, und noch mehr die von Wenk (Vacarius p. 205 sq.) vorgeſchlagene, bey welchem ſich auch reichliches Material zu die- ſer kritiſchen Frage findet. Für unſren Zweck iſt dieſelbe gleich- gültig.
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§. 187. Zeit. 3. Civile Zeitrechnung. (Fortſetzung.)
§. 187.
VI. Die Zeit. 3. Civile Zeitrechnung. (Fortſetzung.)
Ganz anders, als alle bisher betrachtete Fälle, wird
die Minderjährigkeit behandelt, inſofern dieſelbe Grund
einer Reſtitution iſt. Wenn nämlich ein Minderjähriger
an dem Geburtstage, an welchem er 25 Jahre alt wird,
ein Geſchäft vornimmt, und nun die Frage entſteht, ob
er dagegen zu reſtituiren ſey, dann ſoll weder auf den
Anfang des Tages geſehen werden (wie bey der Uſuca-
pion), noch auf deſſen Ende (wie bey der Klagverjährung),
ſondern auf das momentum temporis, das heißt auf die-
jenige Tageszeit, welche dem genau ermittelten Zeitpunkt
ſeiner Geburt entſpricht. Die merkwürdige Stelle, welche
dieſen Ausſpruch auf ganz unzweifelhafte Weiſe enthält,
iſt folgende.
L. 3 § 3 de minor. (4. 4.). (Ulpian. lib. XI. ad Ed.)
Minorem autem XXV. annis natu, videndum, an etiam
die (a) natalis sui adhuc dicimus, ante horam qua
natus est, ut si captus sit restituatur: et, cum non-
(a) Die Florentina las ur-
ſprünglich an etia diem, jedoch
iſt ſchon in alter Zeit ein m hin-
ter etia eingeſchoben worden, ſo
daß es nun heißt: an etiam
diem. Unterläßt man dieſe Ein-
ſchiebung eines neuen Buchſtaben,
und verſetzt blos das hinter die
ſtehende m hinter etia, ſo ent-
ſteht die einfache, befriedigende
Leſeart, welche hier im Text ab-
gedruckt und ſchon von Cujacius
vorgeſchlagen worden iſt. Sehr
abweichend iſt die Leſeart von
Haloander, und noch mehr die
von Wenk (Vacarius p. 205 sq.)
vorgeſchlagene, bey welchem ſich
auch reichliches Material zu die-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/419>, abgerufen am 22.02.2025.
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