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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Buch. II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
capion, ohne daß deshalb zwischen beiden Eigenthümern
eine juristische Verbindung besteht. Das Wesen dieser Ver-
bindung nun ist darin zu setzen, daß das spätere Rechts-
verhältniß auf das erste gegründet, von ihm abgeleitet,
also auch durch dasselbe bedingt und von ihm abhängig
ist. So verhält es sich mit dem Übergang des Eigen-
thums durch Tradition. Das neue Eigenthum fängt nicht
nur in demselben Augenblick an, wo das frühere aufhört,
sondern es entsteht auch nur insoferne der frühere Besitzer
wirklich Eigenthum hatte: eine solche Abhängigkeit von
einem individuellen früheren Recht findet sich bey dem Er-
werb durch Usucapion durchaus nicht. Das hier beschrie-
bene Verhältniß allein berechtigt uns, das spätere Recht
mit dem früheren als identisch anzusehen, und dieser Fall
erscheint vorzugsweise vor den übrigen, hier damit zusam-
men gestellten, so wichtig und folgenreich, daß für ihn
die besondere Bezeichnung durch einen eigenen Kunstaus-
druck (Successio) nöthig gefunden worden ist.

Die einfachste und natürlichste Betrachtung der Rechts-
verhältnisse führt dahin, die berechtigte Person als die
bleibende Substanz, das Recht selbst aber als das Acci-
dens anzusehen, welches nach wechslenden Umständen bald
verbunden ist mit der Person, bald nicht (§ 4. 52). Der
Begriff der Succession führt uns auf eine Betrachtungs-
weise, worin die angegebene Stellung der Person gegen
das ihr zukommende Recht umgekehrt erscheint. Das Recht
kann nun als das Substantielle und Bleibende gelten, in-

Buch. II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
capion, ohne daß deshalb zwiſchen beiden Eigenthümern
eine juriſtiſche Verbindung beſteht. Das Weſen dieſer Ver-
bindung nun iſt darin zu ſetzen, daß das ſpätere Rechts-
verhältniß auf das erſte gegründet, von ihm abgeleitet,
alſo auch durch daſſelbe bedingt und von ihm abhängig
iſt. So verhält es ſich mit dem Übergang des Eigen-
thums durch Tradition. Das neue Eigenthum fängt nicht
nur in demſelben Augenblick an, wo das frühere aufhört,
ſondern es entſteht auch nur inſoferne der frühere Beſitzer
wirklich Eigenthum hatte: eine ſolche Abhängigkeit von
einem individuellen früheren Recht findet ſich bey dem Er-
werb durch Uſucapion durchaus nicht. Das hier beſchrie-
bene Verhältniß allein berechtigt uns, das ſpätere Recht
mit dem früheren als identiſch anzuſehen, und dieſer Fall
erſcheint vorzugsweiſe vor den übrigen, hier damit zuſam-
men geſtellten, ſo wichtig und folgenreich, daß für ihn
die beſondere Bezeichnung durch einen eigenen Kunſtaus-
druck (Successio) nöthig gefunden worden iſt.

Die einfachſte und natürlichſte Betrachtung der Rechts-
verhältniſſe führt dahin, die berechtigte Perſon als die
bleibende Subſtanz, das Recht ſelbſt aber als das Acci-
dens anzuſehen, welches nach wechſlenden Umſtänden bald
verbunden iſt mit der Perſon, bald nicht (§ 4. 52). Der
Begriff der Succeſſion führt uns auf eine Betrachtungs-
weiſe, worin die angegebene Stellung der Perſon gegen
das ihr zukommende Recht umgekehrt erſcheint. Das Recht
kann nun als das Subſtantielle und Bleibende gelten, in-

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[10/0022] Buch. II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. capion, ohne daß deshalb zwiſchen beiden Eigenthümern eine juriſtiſche Verbindung beſteht. Das Weſen dieſer Ver- bindung nun iſt darin zu ſetzen, daß das ſpätere Rechts- verhältniß auf das erſte gegründet, von ihm abgeleitet, alſo auch durch daſſelbe bedingt und von ihm abhängig iſt. So verhält es ſich mit dem Übergang des Eigen- thums durch Tradition. Das neue Eigenthum fängt nicht nur in demſelben Augenblick an, wo das frühere aufhört, ſondern es entſteht auch nur inſoferne der frühere Beſitzer wirklich Eigenthum hatte: eine ſolche Abhängigkeit von einem individuellen früheren Recht findet ſich bey dem Er- werb durch Uſucapion durchaus nicht. Das hier beſchrie- bene Verhältniß allein berechtigt uns, das ſpätere Recht mit dem früheren als identiſch anzuſehen, und dieſer Fall erſcheint vorzugsweiſe vor den übrigen, hier damit zuſam- men geſtellten, ſo wichtig und folgenreich, daß für ihn die beſondere Bezeichnung durch einen eigenen Kunſtaus- druck (Successio) nöthig gefunden worden iſt. Die einfachſte und natürlichſte Betrachtung der Rechts- verhältniſſe führt dahin, die berechtigte Perſon als die bleibende Subſtanz, das Recht ſelbſt aber als das Acci- dens anzuſehen, welches nach wechſlenden Umſtänden bald verbunden iſt mit der Perſon, bald nicht (§ 4. 52). Der Begriff der Succeſſion führt uns auf eine Betrachtungs- weiſe, worin die angegebene Stellung der Perſon gegen das ihr zukommende Recht umgekehrt erſcheint. Das Recht kann nun als das Subſtantielle und Bleibende gelten, in-

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/22>, abgerufen am 26.04.2024.