des antretenden Erben gleichgültig ist, bewährt sich noch in dem besondern Fall, da der Patron die Testamentserb- schaft seines Freygelassenen antritt, dessen große Veräuße- rungen er nicht kannte; in diesem Fall würde dem Patron die Anfechtung des Testaments vortheilhafter gewesen seyn, und dennoch muß es bey der erklärten Antretung verblei- ben (e).
Wenn die Erbschaftsgläubiger eine Separation der Erb- schaft auswirken, die sich hinterher als nachtheilig zeigt, so können sie, bey vollständiger Rechtfertigung ihres Irr- thums, Restitution erlangen (f).
Fassen wir alle diese Bestimmungen zusammen, so müs- sen wir allerdings bey erbschaftlichen Handlungen dem Irrthum einen größeren Einfluß zuschreiben, als bey Ge- schäften des gewöhnlichen Verkehrs. Allein es ist doch nur eine etwas größere Zahl einzelner Fälle, worin der Irrthum ausnahmsweise wirkt. Und so erscheint auch hier das allgemeinste Princip festgehalten und bestätigt, daß der Irrthum an sich das Daseyn des freyen Willens nicht ausschließt, also auch den Wirkungen desselben im Allge- meinen nicht im Wege steht.
XIX.
Im älteren Römischen Prozeß kamen mehrere Hand- lungen vor, die schon für sich allein eine strenge formelle
(e)L. 3 pr. si quid in fraud. patr. (38. 5.).
(f)L. 1 § 17 de separat. (42. 6.).
Beylage VIII.
des antretenden Erben gleichgültig iſt, bewährt ſich noch in dem beſondern Fall, da der Patron die Teſtamentserb- ſchaft ſeines Freygelaſſenen antritt, deſſen große Veräuße- rungen er nicht kannte; in dieſem Fall würde dem Patron die Anfechtung des Teſtaments vortheilhafter geweſen ſeyn, und dennoch muß es bey der erklärten Antretung verblei- ben (e).
Wenn die Erbſchaftsgläubiger eine Separation der Erb- ſchaft auswirken, die ſich hinterher als nachtheilig zeigt, ſo koͤnnen ſie, bey vollſtändiger Rechtfertigung ihres Irr- thums, Reſtitution erlangen (f).
Faſſen wir alle dieſe Beſtimmungen zuſammen, ſo müſ- ſen wir allerdings bey erbſchaftlichen Handlungen dem Irrthum einen größeren Einfluß zuſchreiben, als bey Ge- ſchäften des gewoͤhnlichen Verkehrs. Allein es iſt doch nur eine etwas größere Zahl einzelner Fälle, worin der Irrthum ausnahmsweiſe wirkt. Und ſo erſcheint auch hier das allgemeinſte Princip feſtgehalten und beſtätigt, daß der Irrthum an ſich das Daſeyn des freyen Willens nicht ausſchließt, alſo auch den Wirkungen deſſelben im Allge- meinen nicht im Wege ſteht.
XIX.
Im älteren Römiſchen Prozeß kamen mehrere Hand- lungen vor, die ſchon für ſich allein eine ſtrenge formelle
(e)L. 3 pr. si quid in fraud. patr. (38. 5.).
(f)L. 1 § 17 de separat. (42. 6.).
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Beylage VIII.
des antretenden Erben gleichgültig iſt, bewährt ſich noch
in dem beſondern Fall, da der Patron die Teſtamentserb-
ſchaft ſeines Freygelaſſenen antritt, deſſen große Veräuße-
rungen er nicht kannte; in dieſem Fall würde dem Patron
die Anfechtung des Teſtaments vortheilhafter geweſen ſeyn,
und dennoch muß es bey der erklärten Antretung verblei-
ben (e).
Wenn die Erbſchaftsgläubiger eine Separation der Erb-
ſchaft auswirken, die ſich hinterher als nachtheilig zeigt,
ſo koͤnnen ſie, bey vollſtändiger Rechtfertigung ihres Irr-
thums, Reſtitution erlangen (f).
Faſſen wir alle dieſe Beſtimmungen zuſammen, ſo müſ-
ſen wir allerdings bey erbſchaftlichen Handlungen dem
Irrthum einen größeren Einfluß zuſchreiben, als bey Ge-
ſchäften des gewoͤhnlichen Verkehrs. Allein es iſt doch
nur eine etwas größere Zahl einzelner Fälle, worin der
Irrthum ausnahmsweiſe wirkt. Und ſo erſcheint auch hier
das allgemeinſte Princip feſtgehalten und beſtätigt, daß der
Irrthum an ſich das Daſeyn des freyen Willens nicht
ausſchließt, alſo auch den Wirkungen deſſelben im Allge-
meinen nicht im Wege ſteht.
XIX.
Im älteren Römiſchen Prozeß kamen mehrere Hand-
lungen vor, die ſchon für ſich allein eine ſtrenge formelle
(e) L. 3 pr. si quid in fraud.
patr. (38. 5.).
(f) L. 1 § 17 de separat.
(42. 6.).
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/396>, abgerufen am 22.02.2025.
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