gehalten wurde, so sollte das Testament darum nicht min- der gültig seyn (e).
Eben dahin kann man auch die Vortheile rechnen, die der redliche Besitz einer Sache verschafft; denn dieser muß immer auf Irrthum beruhen, wenn in der That kein Ei- genthum zum Grunde liegt (f).
XIV.
Wichtiger aber sind die Fälle, in welchen der Irrthum die Folge hat, daß die anfängliche Ungültigkeit eines Rechts- geschäfts hinterher weggeräumt wird. Eine solche Verän- derung kann man als Ergänzung eines unvollständigen Rechtsgeschäfts bezeichnen, und diese Ergänzung eben ist es, welche durch den Irrthum vermittelt werden kann.
Ein Fall dieser Art war im älteren Recht die erroris causae probatio. War nämlich eine Ehe unter solchen Personen geschlossen, die kein gegenseitiges Connubium hat- ten, so war sie nach Civilrecht ungültig, die Kinder folg- ten nicht dem Stande des Vaters, und kamen nicht in väterliche Gewalt. Hielten aber die Ehegatten ihre Ehe für eine richtige, indem sie aus Irrthum dem einen unter ihnen einen höheren oder niederen Stand, als er hatte, zuschrieben, und deshalb Standesgleichheit unter sich an- nahmen, so war ihnen gestattet, eine causae probatio,
(e) § 7 J. de test. ord. (2. 10.), L. 1 C. de test. (6. 23.).
(f) Dahin gehört der Fruchter- werb (§ 35 J. de rer. div. 2. 1.), und der (etwas beschränkte) Er- werb durch den servus bona fide possessus (§ 4 J. per quas pers. 2. 9.).
Beylage VIII.
gehalten wurde, ſo ſollte das Teſtament darum nicht min- der gültig ſeyn (e).
Eben dahin kann man auch die Vortheile rechnen, die der redliche Beſitz einer Sache verſchafft; denn dieſer muß immer auf Irrthum beruhen, wenn in der That kein Ei- genthum zum Grunde liegt (f).
XIV.
Wichtiger aber ſind die Fälle, in welchen der Irrthum die Folge hat, daß die anfängliche Ungültigkeit eines Rechts- geſchäfts hinterher weggeräumt wird. Eine ſolche Verän- derung kann man als Ergänzung eines unvollſtaͤndigen Rechtsgeſchäfts bezeichnen, und dieſe Ergänzung eben iſt es, welche durch den Irrthum vermittelt werden kann.
Ein Fall dieſer Art war im älteren Recht die erroris causae probatio. War nämlich eine Ehe unter ſolchen Perſonen geſchloſſen, die kein gegenſeitiges Connubium hat- ten, ſo war ſie nach Civilrecht ungültig, die Kinder folg- ten nicht dem Stande des Vaters, und kamen nicht in väterliche Gewalt. Hielten aber die Ehegatten ihre Ehe für eine richtige, indem ſie aus Irrthum dem einen unter ihnen einen höheren oder niederen Stand, als er hatte, zuſchrieben, und deshalb Standesgleichheit unter ſich an- nahmen, ſo war ihnen geſtattet, eine causae probatio,
(e) § 7 J. de test. ord. (2. 10.), L. 1 C. de test. (6. 23.).
(f) Dahin gehört der Fruchter- werb (§ 35 J. de rer. div. 2. 1.), und der (etwas beſchränkte) Er- werb durch den servus bona fide possessus (§ 4 J. per quas pers. 2. 9.).
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Beylage VIII.
gehalten wurde, ſo ſollte das Teſtament darum nicht min-
der gültig ſeyn (e).
Eben dahin kann man auch die Vortheile rechnen, die
der redliche Beſitz einer Sache verſchafft; denn dieſer muß
immer auf Irrthum beruhen, wenn in der That kein Ei-
genthum zum Grunde liegt (f).
XIV.
Wichtiger aber ſind die Fälle, in welchen der Irrthum
die Folge hat, daß die anfängliche Ungültigkeit eines Rechts-
geſchäfts hinterher weggeräumt wird. Eine ſolche Verän-
derung kann man als Ergänzung eines unvollſtaͤndigen
Rechtsgeſchäfts bezeichnen, und dieſe Ergänzung eben iſt
es, welche durch den Irrthum vermittelt werden kann.
Ein Fall dieſer Art war im älteren Recht die erroris
causae probatio. War nämlich eine Ehe unter ſolchen
Perſonen geſchloſſen, die kein gegenſeitiges Connubium hat-
ten, ſo war ſie nach Civilrecht ungültig, die Kinder folg-
ten nicht dem Stande des Vaters, und kamen nicht in
väterliche Gewalt. Hielten aber die Ehegatten ihre Ehe
für eine richtige, indem ſie aus Irrthum dem einen unter
ihnen einen höheren oder niederen Stand, als er hatte,
zuſchrieben, und deshalb Standesgleichheit unter ſich an-
nahmen, ſo war ihnen geſtattet, eine causae probatio,
(e) § 7 J. de test. ord. (2. 10.),
L. 1 C. de test. (6. 23.).
(f) Dahin gehört der Fruchter-
werb (§ 35 J. de rer. div. 2. 1.),
und der (etwas beſchränkte) Er-
werb durch den servus bona fide
possessus (§ 4 J. per quas pers.
2. 9.).
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/380>, abgerufen am 22.02.2025.
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