Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.Beylage VIII. I. Der Mangel richtiger Vorstellung von einem Gegen- Das Daseyn eines solchen mangelhaften Zustandes Man unterscheidet den Rechtsirrthum und den fac- (a) Über die wesentliche Iden- tität des Irrthums und der Un- wissenheit vgl. das System § 115, und Donellus I. 19 § 5. -- Ei- gentlich besteht also das allgemein- ste Wesen des hier vorhandenen mangelhaften Seelenzustandes in der Unwissenheit, oder dem Man- gel richtiger Erkenntniß, und da- von ist der Irrthum nur eine be- sondere Modification, deren Eigen- thümlichkeit aber juristisch gleich- gültig ist. (b) L. 5 h. t., L. 3 quis ordo
(38. 15.). Vgl. Cujacius opp. VII. 888 und in Africanum Tract. 8 ad L. 51 de aedil. ed. Hei- neccius ad L. Jul. p. 189. Glück B. 22 S. 306. Vgl. auch unten Num. XXI. Note w. Beylage VIII. I. Der Mangel richtiger Vorſtellung von einem Gegen- Das Daſeyn eines ſolchen mangelhaften Zuſtandes Man unterſcheidet den Rechtsirrthum und den fac- (a) Über die weſentliche Iden- tität des Irrthums und der Un- wiſſenheit vgl. das Syſtem § 115, und Donellus I. 19 § 5. — Ei- gentlich beſteht alſo das allgemein- ſte Weſen des hier vorhandenen mangelhaften Seelenzuſtandes in der Unwiſſenheit, oder dem Man- gel richtiger Erkenntniß, und da- von iſt der Irrthum nur eine be- ſondere Modification, deren Eigen- thümlichkeit aber juriſtiſch gleich- gültig iſt. (b) L. 5 h. t., L. 3 quis ordo
(38. 15.). Vgl. Cujacius opp. VII. 888 und in Africanum Tract. 8 ad L. 51 de aedil. ed. Hei- neccius ad L. Jul. p. 189. Glück B. 22 S. 306. Vgl. auch unten Num. XXI. Note w. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0338" n="326"/> <fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">VIII.</hi></fw><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">I.</hi> </head><lb/> <p>Der Mangel richtiger Vorſtellung von einem Gegen-<lb/> ſtand läßt ſich auf zweyerley Weiſe denken: entweder als<lb/> bloße Bewußtloſigkeit in Beziehung auf denſelben, oder als<lb/> falſche Vorſtellung welche die Stelle der wahren einge-<lb/> nommen hat. Den erſten Zuſtand nennen wir <hi rendition="#g">Unwiſ-<lb/> ſenheit</hi>, den zweyten <hi rendition="#g">Irrthum</hi>. Die juriſtiſche Beur-<lb/> theilung iſt für beide Zuſtände völlig dieſelbe, und darum<lb/> iſt es gleichgültig, welchen von beiden Ausdrücken man<lb/> gebraucht. Bey unſren Juriſten iſt der zweyte gebräuch-<lb/> licher, weil der Irrthum häufiger als die bloße Unwiſſen-<lb/> heit bey Rechtsverhältniſſen in Betracht kommt <note place="foot" n="(a)">Über die weſentliche Iden-<lb/> tität des Irrthums und der Un-<lb/> wiſſenheit vgl. das Syſtem § 115,<lb/> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Donellus</hi> I.</hi> 19 § 5. — Ei-<lb/> gentlich beſteht alſo das allgemein-<lb/> ſte Weſen des hier vorhandenen<lb/> mangelhaften Seelenzuſtandes in<lb/> der Unwiſſenheit, oder dem Man-<lb/> gel richtiger Erkenntniß, und da-<lb/> von iſt der Irrthum nur eine be-<lb/> ſondere Modification, deren Eigen-<lb/> thümlichkeit aber juriſtiſch gleich-<lb/> gültig iſt.</note>.</p><lb/> <p>Das Daſeyn eines ſolchen mangelhaften Zuſtandes<lb/> wird ſtets nach dem Bewußtſeyn derjenigen Perſon beur-<lb/> theilt, auf welche ſich das Rechtsverhältniß zunächſt und<lb/> unmittelbar bezieht, ohne Rückſicht auf die, welche neben<lb/> ihr ein Intereſſe, vielleicht ſelbſt ein größeres, an jenem<lb/> Verhältniß haben kann <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 5 <hi rendition="#i">h. t.</hi>, <hi rendition="#i">L.</hi> 3 <hi rendition="#i">quis ordo</hi></hi><lb/> (38. 15.). Vgl. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Cujacius</hi> opp.<lb/> VII.</hi> 888 und <hi rendition="#aq">in Africanum Tract.<lb/> 8 ad L. 51 de aedil. ed. <hi rendition="#k">Hei-<lb/> neccius</hi> ad L. Jul. p.</hi> 189. <hi rendition="#g">Glück</hi><lb/> B. 22 S. 306. Vgl. auch unten<lb/> Num. <hi rendition="#aq">XXI.</hi> Note <hi rendition="#aq">w.</hi></note>.</p><lb/> <p>Man unterſcheidet den <hi rendition="#g">Rechtsirrthum</hi> und den <hi rendition="#g">fac-</hi><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [326/0338]
Beylage VIII.
I.
Der Mangel richtiger Vorſtellung von einem Gegen-
ſtand läßt ſich auf zweyerley Weiſe denken: entweder als
bloße Bewußtloſigkeit in Beziehung auf denſelben, oder als
falſche Vorſtellung welche die Stelle der wahren einge-
nommen hat. Den erſten Zuſtand nennen wir Unwiſ-
ſenheit, den zweyten Irrthum. Die juriſtiſche Beur-
theilung iſt für beide Zuſtände völlig dieſelbe, und darum
iſt es gleichgültig, welchen von beiden Ausdrücken man
gebraucht. Bey unſren Juriſten iſt der zweyte gebräuch-
licher, weil der Irrthum häufiger als die bloße Unwiſſen-
heit bey Rechtsverhältniſſen in Betracht kommt (a).
Das Daſeyn eines ſolchen mangelhaften Zuſtandes
wird ſtets nach dem Bewußtſeyn derjenigen Perſon beur-
theilt, auf welche ſich das Rechtsverhältniß zunächſt und
unmittelbar bezieht, ohne Rückſicht auf die, welche neben
ihr ein Intereſſe, vielleicht ſelbſt ein größeres, an jenem
Verhältniß haben kann (b).
Man unterſcheidet den Rechtsirrthum und den fac-
(a) Über die weſentliche Iden-
tität des Irrthums und der Un-
wiſſenheit vgl. das Syſtem § 115,
und Donellus I. 19 § 5. — Ei-
gentlich beſteht alſo das allgemein-
ſte Weſen des hier vorhandenen
mangelhaften Seelenzuſtandes in
der Unwiſſenheit, oder dem Man-
gel richtiger Erkenntniß, und da-
von iſt der Irrthum nur eine be-
ſondere Modification, deren Eigen-
thümlichkeit aber juriſtiſch gleich-
gültig iſt.
(b) L. 5 h. t., L. 3 quis ordo
(38. 15.). Vgl. Cujacius opp.
VII. 888 und in Africanum Tract.
8 ad L. 51 de aedil. ed. Hei-
neccius ad L. Jul. p. 189. Glück
B. 22 S. 306. Vgl. auch unten
Num. XXI. Note w.
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Zitationshilfe: | Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/338>, abgerufen am 22.02.2025. |