Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 84. Einschränkung der Rechtsfähigkeit durch Religion.
§. 84.
Einschränkung der Rechtsfähigkeit durch Religion.

Seit der Herrschaft der christlichen Religion bildete
sich im Römischen Recht allmälig der Grundsatz aus, daß
gewisse Verschiedenheiten des religiösen Bekenntnisses eine
Beschränkung der Rechtsfähigkeit mit sich führen sollten.
Es gehören dahin folgende Fälle.

I. Pagani. Die Anhänger der alten Religion, deren
Herrschaft und Druck so lange Zeit den Christen verderb-
lich gewesen war, wurden nun abwechslend mit mehr oder
weniger Duldung behandelt, ja es wurden auf sie die
härtesten Strafgesetze nicht selten angewendet. Es erklärt
sich wohl gerade aus der Strenge dieser Strafen, daß
dabey von einer Beschränkung der Rechtsfähigkeit, die
doch immer einen Zustand ruhiger Duldung voraussetzt,
und durch vertilgende Maasregeln unnütz wird, nicht un-
mittelbar die Rede ist. Gegen die willkührliche Verfol-
gung durch Privatpersonen wurden sie zu Zeiten durch be-
sondere Gesetze in Schutz genommen (a).

II. Judaei. Der Regel nach sollten sie gleiches Recht
mit den Christen haben (b). Nur die Ehe zwischen Chri-
sten und Juden war gänzlich verboten, und sollte mit der
gesetzlichen Strafe des Ehebruchs belegt werden (c). Diese

(a) L. 6 C. de paganis (1. 11.).
(b) L. 8. 15 C. de Judaeis
(1. 9.).
(c) L. 6 C. de Judaeis (1. 9.).
§. 84. Einſchränkung der Rechtsfähigkeit durch Religion.
§. 84.
Einſchränkung der Rechtsfähigkeit durch Religion.

Seit der Herrſchaft der chriſtlichen Religion bildete
ſich im Römiſchen Recht allmaͤlig der Grundſatz aus, daß
gewiſſe Verſchiedenheiten des religiöſen Bekenntniſſes eine
Beſchränkung der Rechtsfähigkeit mit ſich führen ſollten.
Es gehören dahin folgende Fälle.

I. Pagani. Die Anhänger der alten Religion, deren
Herrſchaft und Druck ſo lange Zeit den Chriſten verderb-
lich geweſen war, wurden nun abwechslend mit mehr oder
weniger Duldung behandelt, ja es wurden auf ſie die
härteſten Strafgeſetze nicht ſelten angewendet. Es erklärt
ſich wohl gerade aus der Strenge dieſer Strafen, daß
dabey von einer Beſchränkung der Rechtsfähigkeit, die
doch immer einen Zuſtand ruhiger Duldung vorausſetzt,
und durch vertilgende Maasregeln unnütz wird, nicht un-
mittelbar die Rede iſt. Gegen die willkührliche Verfol-
gung durch Privatperſonen wurden ſie zu Zeiten durch be-
ſondere Geſetze in Schutz genommen (a).

II. Judaei. Der Regel nach ſollten ſie gleiches Recht
mit den Chriſten haben (b). Nur die Ehe zwiſchen Chri-
ſten und Juden war gänzlich verboten, und ſollte mit der
geſetzlichen Strafe des Ehebruchs belegt werden (c). Dieſe

(a) L. 6 C. de paganis (1. 11.).
(b) L. 8. 15 C. de Judaeis
(1. 9.).
(c) L. 6 C. de Judaeis (1. 9.).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0245" n="231"/>
          <fw place="top" type="header">§. 84. Ein&#x017F;chränkung der Rechtsfähigkeit durch Religion.</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 84.<lb/><hi rendition="#g">Ein&#x017F;chränkung der Rechtsfähigkeit durch Religion</hi>.</head><lb/>
            <p>Seit der Herr&#x017F;chaft der chri&#x017F;tlichen Religion bildete<lb/>
&#x017F;ich im Römi&#x017F;chen Recht allma&#x0364;lig der Grund&#x017F;atz aus, daß<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e Ver&#x017F;chiedenheiten des religiö&#x017F;en Bekenntni&#x017F;&#x017F;es eine<lb/>
Be&#x017F;chränkung der Rechtsfähigkeit mit &#x017F;ich führen &#x017F;ollten.<lb/>
Es gehören dahin folgende Fälle.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">I. Pagani.</hi> Die Anhänger der alten Religion, deren<lb/>
Herr&#x017F;chaft und Druck &#x017F;o lange Zeit den Chri&#x017F;ten verderb-<lb/>
lich gewe&#x017F;en war, wurden nun abwechslend mit mehr oder<lb/>
weniger Duldung behandelt, ja es wurden auf &#x017F;ie die<lb/>
härte&#x017F;ten Strafge&#x017F;etze nicht &#x017F;elten angewendet. Es erklärt<lb/>
&#x017F;ich wohl gerade aus der Strenge die&#x017F;er Strafen, daß<lb/>
dabey von einer Be&#x017F;chränkung der Rechtsfähigkeit, die<lb/>
doch immer einen Zu&#x017F;tand ruhiger Duldung voraus&#x017F;etzt,<lb/>
und durch vertilgende Maasregeln unnütz wird, nicht un-<lb/>
mittelbar die Rede i&#x017F;t. Gegen die willkührliche Verfol-<lb/>
gung durch Privatper&#x017F;onen wurden &#x017F;ie zu Zeiten durch be-<lb/>
&#x017F;ondere Ge&#x017F;etze in Schutz genommen <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L</hi>. 6 <hi rendition="#i">C. de paganis</hi></hi> (1. 11.).</note>.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">II. Judaei.</hi> Der Regel nach &#x017F;ollten &#x017F;ie gleiches Recht<lb/>
mit den Chri&#x017F;ten haben <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L</hi>. 8. 15 <hi rendition="#i">C. de Judaeis</hi></hi><lb/>
(1. 9.).</note>. Nur die Ehe zwi&#x017F;chen Chri-<lb/>
&#x017F;ten und Juden war gänzlich verboten, und &#x017F;ollte mit der<lb/>
ge&#x017F;etzlichen Strafe des Ehebruchs belegt werden <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L</hi>. 6 <hi rendition="#i">C. de Judaeis</hi></hi> (1. 9.).</note>. Die&#x017F;e<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0245] §. 84. Einſchränkung der Rechtsfähigkeit durch Religion. §. 84. Einſchränkung der Rechtsfähigkeit durch Religion. Seit der Herrſchaft der chriſtlichen Religion bildete ſich im Römiſchen Recht allmaͤlig der Grundſatz aus, daß gewiſſe Verſchiedenheiten des religiöſen Bekenntniſſes eine Beſchränkung der Rechtsfähigkeit mit ſich führen ſollten. Es gehören dahin folgende Fälle. I. Pagani. Die Anhänger der alten Religion, deren Herrſchaft und Druck ſo lange Zeit den Chriſten verderb- lich geweſen war, wurden nun abwechslend mit mehr oder weniger Duldung behandelt, ja es wurden auf ſie die härteſten Strafgeſetze nicht ſelten angewendet. Es erklärt ſich wohl gerade aus der Strenge dieſer Strafen, daß dabey von einer Beſchränkung der Rechtsfähigkeit, die doch immer einen Zuſtand ruhiger Duldung vorausſetzt, und durch vertilgende Maasregeln unnütz wird, nicht un- mittelbar die Rede iſt. Gegen die willkührliche Verfol- gung durch Privatperſonen wurden ſie zu Zeiten durch be- ſondere Geſetze in Schutz genommen (a). II. Judaei. Der Regel nach ſollten ſie gleiches Recht mit den Chriſten haben (b). Nur die Ehe zwiſchen Chri- ſten und Juden war gänzlich verboten, und ſollte mit der geſetzlichen Strafe des Ehebruchs belegt werden (c). Dieſe (a) L. 6 C. de paganis (1. 11.). (b) L. 8. 15 C. de Judaeis (1. 9.). (c) L. 6 C. de Judaeis (1. 9.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/245
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/245>, abgerufen am 21.11.2024.