ser Rückforderung die Rede ist, so sind allerdings die Ver- hältnisse ganz ähnlich denjenigen, welche so eben bey der actio depositi und commodati erwähnt worden sind. Daß sie demungeachtet nicht in dieser Verbindung erwähnt wird, mag wohl daher rühren, daß hier die Klage zugleich auf die Zahlung des Miethgeldes gerichtet, also die Rückfor- derung meist mit der Verfolgung eines reinen und voll- ständigen Vermögensrechts vermischt ist.
E.Der natürliche Besitz (die bloße Detention).
Kinder in väterlicher Gewalt, eben so wie Sklaven, sind des juristischen Besitzes unfähig, der Detention aber, da sie blos faktisch ist, fähig (u). Diese Fähigkeit zeigt sich in folgenden Anwendungen.
Wenn der Vater dem Sohn etwas stipulirte, das ju- ristische Natur hatte, z. B. Eigenthum, so war es gültig, weil das dem Sohn gegebene Eigenthum so gut als dem stipulirenden Vater selbst gegeben ist. Geht aber die Sti- pulation auf etwas blos Faktisches, z. B. auf Detention des Sohnes oder auf dessen Gehen über einen bestimmten Weg, so ist es ungültig, weil dieses Faktum nicht in des Vaters Vermögen kommen kann, so daß es wie jede Sti- pulation für einen Andern, den der Stipulator nicht re- präsentirt, zu betrachten ist. Wenn umgekehrt der Sohn stipulirt, daß der Vater Eigenthum, oder Detention, oder die Erlaubniß zu gehen erhalte, so ist dieses Alles gültig, weil der Sohn allgemein den Vater repräsentiren kann.
ſer Rückforderung die Rede iſt, ſo ſind allerdings die Ver- hältniſſe ganz ähnlich denjenigen, welche ſo eben bey der actio depositi und commodati erwähnt worden ſind. Daß ſie demungeachtet nicht in dieſer Verbindung erwähnt wird, mag wohl daher rühren, daß hier die Klage zugleich auf die Zahlung des Miethgeldes gerichtet, alſo die Rückfor- derung meiſt mit der Verfolgung eines reinen und voll- ſtändigen Vermögensrechts vermiſcht iſt.
E.Der natürliche Beſitz (die bloße Detention).
Kinder in väterlicher Gewalt, eben ſo wie Sklaven, ſind des juriſtiſchen Beſitzes unfähig, der Detention aber, da ſie blos faktiſch iſt, fähig (u). Dieſe Fähigkeit zeigt ſich in folgenden Anwendungen.
Wenn der Vater dem Sohn etwas ſtipulirte, das ju- riſtiſche Natur hatte, z. B. Eigenthum, ſo war es gültig, weil das dem Sohn gegebene Eigenthum ſo gut als dem ſtipulirenden Vater ſelbſt gegeben iſt. Geht aber die Sti- pulation auf etwas blos Faktiſches, z. B. auf Detention des Sohnes oder auf deſſen Gehen über einen beſtimmten Weg, ſo iſt es ungültig, weil dieſes Faktum nicht in des Vaters Vermögen kommen kann, ſo daß es wie jede Sti- pulation für einen Andern, den der Stipulator nicht re- präſentirt, zu betrachten iſt. Wenn umgekehrt der Sohn ſtipulirt, daß der Vater Eigenthum, oder Detention, oder die Erlaubniß zu gehen erhalte, ſo iſt dieſes Alles gültig, weil der Sohn allgemein den Vater repräſentiren kann.
(u)Savigny Recht des Beſitzes § 9. 26.
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§. 74. Anomaliſche Rechte. Faktiſche Natur. Familie.
ſer Rückforderung die Rede iſt, ſo ſind allerdings die Ver-
hältniſſe ganz ähnlich denjenigen, welche ſo eben bey der
actio depositi und commodati erwähnt worden ſind. Daß
ſie demungeachtet nicht in dieſer Verbindung erwähnt wird,
mag wohl daher rühren, daß hier die Klage zugleich auf
die Zahlung des Miethgeldes gerichtet, alſo die Rückfor-
derung meiſt mit der Verfolgung eines reinen und voll-
ſtändigen Vermögensrechts vermiſcht iſt.
E. Der natürliche Beſitz (die bloße Detention).
Kinder in väterlicher Gewalt, eben ſo wie Sklaven,
ſind des juriſtiſchen Beſitzes unfähig, der Detention aber,
da ſie blos faktiſch iſt, fähig (u). Dieſe Fähigkeit zeigt
ſich in folgenden Anwendungen.
Wenn der Vater dem Sohn etwas ſtipulirte, das ju-
riſtiſche Natur hatte, z. B. Eigenthum, ſo war es gültig,
weil das dem Sohn gegebene Eigenthum ſo gut als dem
ſtipulirenden Vater ſelbſt gegeben iſt. Geht aber die Sti-
pulation auf etwas blos Faktiſches, z. B. auf Detention
des Sohnes oder auf deſſen Gehen über einen beſtimmten
Weg, ſo iſt es ungültig, weil dieſes Faktum nicht in des
Vaters Vermögen kommen kann, ſo daß es wie jede Sti-
pulation für einen Andern, den der Stipulator nicht re-
präſentirt, zu betrachten iſt. Wenn umgekehrt der Sohn
ſtipulirt, daß der Vater Eigenthum, oder Detention, oder
die Erlaubniß zu gehen erhalte, ſo iſt dieſes Alles gültig,
weil der Sohn allgemein den Vater repräſentiren kann.
(u) Savigny Recht des Beſitzes § 9. 26.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/157>, abgerufen am 03.12.2024.
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