Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. I. Wesen und Arten.
chen Bestimmung durch Rechtsregeln empfänglich und be- dürftig sind. Es lassen sich in dieser Hinsicht dreyerley Fälle unterscheiden. Menschliche Verhältnisse, die ganz, andere die gar nicht, noch andere die nur theilweise dem Rechtsgebiet angehören, oder durch Rechtsregeln beherrscht werden. Als Beyspiel für die erste Klasse kann das Ei- genthum, für die zweyte die Freundschaft, für die dritte die Ehe gelten, da die Ehe zum Theil in das Rechtsge- biet fällt, theilweise aber außer demselben liegt.
§. 53. Arten der Rechtsverhältnisse.
Das Wesen des Rechtsverhältnisses wurde bestimmt als ein Gebiet unabhängiger Herrschaft des individuellen Willens (§ 52). Wir haben also zunächst die Gegen- stände aufzusuchen, worauf möglicherweise der Wille ein- wirken, also seine Herrschaft erstrecken kann; daraus wird eine Übersicht der verschiedenen Arten möglicher Rechts- verhältnisse von selbst folgen.
Der Wille kann einwirken erstlich auf die eigene Per- son, zweytens nach außen, also auf dasjenige, was wir in Beziehung auf den Wollenden die äußere Welt nennen müssen; dieses ist der allgemeinste Gegensatz unter den denkbaren Gegenständen jener Einwirkung. Die äußere Welt aber besteht theils aus der unfreyen Natur, theils aus den dem Wollenden gleichartigen freyen Wesen, das heißt aus fremden Personen. Und so erscheinen uns, in
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. I. Weſen und Arten.
chen Beſtimmung durch Rechtsregeln empfänglich und be- dürftig ſind. Es laſſen ſich in dieſer Hinſicht dreyerley Fälle unterſcheiden. Menſchliche Verhältniſſe, die ganz, andere die gar nicht, noch andere die nur theilweiſe dem Rechtsgebiet angehören, oder durch Rechtsregeln beherrſcht werden. Als Beyſpiel für die erſte Klaſſe kann das Ei- genthum, für die zweyte die Freundſchaft, für die dritte die Ehe gelten, da die Ehe zum Theil in das Rechtsge- biet fällt, theilweiſe aber außer demſelben liegt.
§. 53. Arten der Rechtsverhältniſſe.
Das Weſen des Rechtsverhältniſſes wurde beſtimmt als ein Gebiet unabhängiger Herrſchaft des individuellen Willens (§ 52). Wir haben alſo zunächſt die Gegen- ſtände aufzuſuchen, worauf möglicherweiſe der Wille ein- wirken, alſo ſeine Herrſchaft erſtrecken kann; daraus wird eine Überſicht der verſchiedenen Arten möglicher Rechts- verhältniſſe von ſelbſt folgen.
Der Wille kann einwirken erſtlich auf die eigene Per- ſon, zweytens nach außen, alſo auf dasjenige, was wir in Beziehung auf den Wollenden die äußere Welt nennen müſſen; dieſes iſt der allgemeinſte Gegenſatz unter den denkbaren Gegenſtänden jener Einwirkung. Die äußere Welt aber beſteht theils aus der unfreyen Natur, theils aus den dem Wollenden gleichartigen freyen Weſen, das heißt aus fremden Perſonen. Und ſo erſcheinen uns, in
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbn="334"facs="#f0390"/><fwtype="header"place="top">Buch <hirendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hirendition="#aq">I.</hi> Weſen und Arten.</fw><lb/>
chen Beſtimmung durch Rechtsregeln empfänglich und be-<lb/>
dürftig ſind. Es laſſen ſich in dieſer Hinſicht dreyerley<lb/>
Fälle unterſcheiden. Menſchliche Verhältniſſe, die ganz,<lb/>
andere die gar nicht, noch andere die nur theilweiſe dem<lb/>
Rechtsgebiet angehören, oder durch Rechtsregeln beherrſcht<lb/>
werden. Als Beyſpiel für die erſte Klaſſe kann das Ei-<lb/>
genthum, für die zweyte die Freundſchaft, für die dritte<lb/>
die Ehe gelten, da die Ehe zum Theil in das Rechtsge-<lb/>
biet fällt, theilweiſe aber außer demſelben liegt.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 53.<lb/><hirendition="#g">Arten der Rechtsverhältniſſe</hi>.</head><lb/><p>Das Weſen des Rechtsverhältniſſes wurde beſtimmt<lb/>
als ein Gebiet unabhängiger Herrſchaft des individuellen<lb/>
Willens (§ 52). Wir haben alſo zunächſt die Gegen-<lb/>ſtände aufzuſuchen, worauf möglicherweiſe der Wille ein-<lb/>
wirken, alſo ſeine Herrſchaft erſtrecken kann; daraus wird<lb/>
eine Überſicht der verſchiedenen Arten möglicher Rechts-<lb/>
verhältniſſe von ſelbſt folgen.</p><lb/><p>Der Wille kann einwirken erſtlich auf die eigene Per-<lb/>ſon, zweytens nach außen, alſo auf dasjenige, was wir<lb/>
in Beziehung auf den Wollenden die äußere Welt nennen<lb/>
müſſen; dieſes iſt der allgemeinſte Gegenſatz unter den<lb/>
denkbaren Gegenſtänden jener Einwirkung. Die äußere<lb/>
Welt aber beſteht theils aus der unfreyen Natur, theils<lb/>
aus den dem Wollenden gleichartigen freyen Weſen, das<lb/>
heißt aus fremden Perſonen. Und ſo erſcheinen uns, in<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[334/0390]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. I. Weſen und Arten.
chen Beſtimmung durch Rechtsregeln empfänglich und be-
dürftig ſind. Es laſſen ſich in dieſer Hinſicht dreyerley
Fälle unterſcheiden. Menſchliche Verhältniſſe, die ganz,
andere die gar nicht, noch andere die nur theilweiſe dem
Rechtsgebiet angehören, oder durch Rechtsregeln beherrſcht
werden. Als Beyſpiel für die erſte Klaſſe kann das Ei-
genthum, für die zweyte die Freundſchaft, für die dritte
die Ehe gelten, da die Ehe zum Theil in das Rechtsge-
biet fällt, theilweiſe aber außer demſelben liegt.
§. 53.
Arten der Rechtsverhältniſſe.
Das Weſen des Rechtsverhältniſſes wurde beſtimmt
als ein Gebiet unabhängiger Herrſchaft des individuellen
Willens (§ 52). Wir haben alſo zunächſt die Gegen-
ſtände aufzuſuchen, worauf möglicherweiſe der Wille ein-
wirken, alſo ſeine Herrſchaft erſtrecken kann; daraus wird
eine Überſicht der verſchiedenen Arten möglicher Rechts-
verhältniſſe von ſelbſt folgen.
Der Wille kann einwirken erſtlich auf die eigene Per-
ſon, zweytens nach außen, alſo auf dasjenige, was wir
in Beziehung auf den Wollenden die äußere Welt nennen
müſſen; dieſes iſt der allgemeinſte Gegenſatz unter den
denkbaren Gegenſtänden jener Einwirkung. Die äußere
Welt aber beſteht theils aus der unfreyen Natur, theils
aus den dem Wollenden gleichartigen freyen Weſen, das
heißt aus fremden Perſonen. Und ſo erſcheinen uns, in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/390>, abgerufen am 03.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.