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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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Buch I. Quellen. Kap. IV. Auslegung der Gesetze.
wird oft weit sicherer aus den Umständen erkannt werden
als jene. -- Außer diesen Verwechslungen aber hat noch
ein anderer Umstand zur Begünstigung der hier darge-
stellten unrichtigen Auslegungsart beygetragen: das Bey-
spiel der Römischen Juristen, die in der That dieses Ver-
fahren anwenden, und dabey kein Bedenken finden. Allein
eine Rechtfertigung für uns liegt darin auf keine Weise.
Denn bey den Römern hängt es zusammen mit der ganz
eigenthümlichen Stellung der Juristen, die ihnen einen so
unmittelbaren Einfluß auf die Fortbildung des Rechts ge-
währte, wie er den unsrigen (seyen sie Schriftsteller oder
Richter) nicht eingeräumt werden kann (l).

§. 51.
Aussprüche der neueren Gesetzbücher über die
Auslegung
.

Die neueren Gesetzbücher enthalten über die Auslegung
noch weit weniger Bestimmungen als über die Rechtsquel-
len (§ 31). Das Französische Gesetzbuch sagt darüber gar
Nichts; aber die dem Richter gegebene unbedingte Vor-
schrift, über jeden Rechtsstreit zu urtheilen ungeachtet der
Dunkelheit eines Gesetzes, und die eigenthümliche Stellung
des Cassationshofes, machen es unzweifelhaft wie dieser
Gegenstand im Französischen Recht gedacht ist. Der Rich-
ter hat daselbst volle Freyheit der Auslegung, daneben
aber wird die Gewißheit und Einheit des Rechts gegen

(l) Vgl. oben § 19 und § 37 Note. q.

Buch I. Quellen. Kap. IV. Auslegung der Geſetze.
wird oft weit ſicherer aus den Umſtänden erkannt werden
als jene. — Außer dieſen Verwechslungen aber hat noch
ein anderer Umſtand zur Begünſtigung der hier darge-
ſtellten unrichtigen Auslegungsart beygetragen: das Bey-
ſpiel der Römiſchen Juriſten, die in der That dieſes Ver-
fahren anwenden, und dabey kein Bedenken finden. Allein
eine Rechtfertigung für uns liegt darin auf keine Weiſe.
Denn bey den Römern hängt es zuſammen mit der ganz
eigenthümlichen Stellung der Juriſten, die ihnen einen ſo
unmittelbaren Einfluß auf die Fortbildung des Rechts ge-
währte, wie er den unſrigen (ſeyen ſie Schriftſteller oder
Richter) nicht eingeräumt werden kann (l).

§. 51.
Ausſprüche der neueren Geſetzbücher über die
Auslegung
.

Die neueren Geſetzbücher enthalten über die Auslegung
noch weit weniger Beſtimmungen als über die Rechtsquel-
len (§ 31). Das Franzöſiſche Geſetzbuch ſagt darüber gar
Nichts; aber die dem Richter gegebene unbedingte Vor-
ſchrift, über jeden Rechtsſtreit zu urtheilen ungeachtet der
Dunkelheit eines Geſetzes, und die eigenthümliche Stellung
des Caſſationshofes, machen es unzweifelhaft wie dieſer
Gegenſtand im Franzöſiſchen Recht gedacht iſt. Der Rich-
ter hat daſelbſt volle Freyheit der Auslegung, daneben
aber wird die Gewißheit und Einheit des Rechts gegen

(l) Vgl. oben § 19 und § 37 Note. q.
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[326/0382] Buch I. Quellen. Kap. IV. Auslegung der Geſetze. wird oft weit ſicherer aus den Umſtänden erkannt werden als jene. — Außer dieſen Verwechslungen aber hat noch ein anderer Umſtand zur Begünſtigung der hier darge- ſtellten unrichtigen Auslegungsart beygetragen: das Bey- ſpiel der Römiſchen Juriſten, die in der That dieſes Ver- fahren anwenden, und dabey kein Bedenken finden. Allein eine Rechtfertigung für uns liegt darin auf keine Weiſe. Denn bey den Römern hängt es zuſammen mit der ganz eigenthümlichen Stellung der Juriſten, die ihnen einen ſo unmittelbaren Einfluß auf die Fortbildung des Rechts ge- währte, wie er den unſrigen (ſeyen ſie Schriftſteller oder Richter) nicht eingeräumt werden kann (l). §. 51. Ausſprüche der neueren Geſetzbücher über die Auslegung. Die neueren Geſetzbücher enthalten über die Auslegung noch weit weniger Beſtimmungen als über die Rechtsquel- len (§ 31). Das Franzöſiſche Geſetzbuch ſagt darüber gar Nichts; aber die dem Richter gegebene unbedingte Vor- ſchrift, über jeden Rechtsſtreit zu urtheilen ungeachtet der Dunkelheit eines Geſetzes, und die eigenthümliche Stellung des Caſſationshofes, machen es unzweifelhaft wie dieſer Gegenſtand im Franzöſiſchen Recht gedacht iſt. Der Rich- ter hat daſelbſt volle Freyheit der Auslegung, daneben aber wird die Gewißheit und Einheit des Rechts gegen (l) Vgl. oben § 19 und § 37 Note. q.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/382>, abgerufen am 21.11.2024.