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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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Buch I. Quellen. Kap. IV. Auslegung der Gesetze.
§. 39.
Auslegung der Justinianischen Gesetze. (Kritik.)
Fortsetzung.

Ist nun durch diese Gründe das Recht der Kritik gel-
tend gemacht, so müssen ferner die Regeln ihres Verfah-
rens aufgestellt werden. -- Die diplomatische Kritik hat
das handschriftliche Material zu sammeln, und, durch
Prüfung der Handschriften nach ihrem Alter und Werth,
äußerlich zu ordnen. Sie hat ferner den recipirten Ca-
non durch Ausscheidung aller fremdartigen Theile (§ 17)
rein zu erhalten, die demselben, nach der Einrichtung der
meisten neueren Ausgaben, aus Versehen leicht zugezählt
werden können (a). -- Das Geschäft der höheren Kritik
zerfällt in zwey Theile: Verarbeitung des durch die diplo-
matische Kritik überlieferten handschriftlichen Vorraths,
und Verbesserung desselben. Sie hat also zunächst, dem
ersten Theile nach, durch freye Auswahl aus dem hand-
schriftlichen Vorrath einen Text zu bilden. Allerdings

(a) Noch schlimmer, als die
irrige Anwendung des nicht
glossirten aber ächten Textes, ist
es freylich, wenn hie und da die
seit dem vierzehnten Jahrhundert
verfaßten und später in die Aus-
gaben aufgenommenen Summa-
rien als Bestandtheile des Rö-
mischen Rechts angesehen wor-
den sind, welcher starke Misgriff
jedoch leicht zu erklären ist. Denn
die Glosse und die neueren An-
merkungen stehen stets am Rande
der Ausgaben, diese Summa-
rien aber als Überschriften mit-
ten im Text, daher sie der Un-
kundige leicht für Text halten
kann. Vgl. hierüber Savigny
Beruf unsrer Zeit S. 62, und:
Geschichte des R. R. im Mittel-
alter B. 6 S. 162.
Buch I. Quellen. Kap. IV. Auslegung der Geſetze.
§. 39.
Auslegung der Juſtinianiſchen Geſetze. (Kritik.)
Fortſetzung.

Iſt nun durch dieſe Gründe das Recht der Kritik gel-
tend gemacht, ſo müſſen ferner die Regeln ihres Verfah-
rens aufgeſtellt werden. — Die diplomatiſche Kritik hat
das handſchriftliche Material zu ſammeln, und, durch
Prüfung der Handſchriften nach ihrem Alter und Werth,
äußerlich zu ordnen. Sie hat ferner den recipirten Ca-
non durch Ausſcheidung aller fremdartigen Theile (§ 17)
rein zu erhalten, die demſelben, nach der Einrichtung der
meiſten neueren Ausgaben, aus Verſehen leicht zugezählt
werden können (a). — Das Geſchäft der höheren Kritik
zerfällt in zwey Theile: Verarbeitung des durch die diplo-
matiſche Kritik überlieferten handſchriftlichen Vorraths,
und Verbeſſerung deſſelben. Sie hat alſo zunächſt, dem
erſten Theile nach, durch freye Auswahl aus dem hand-
ſchriftlichen Vorrath einen Text zu bilden. Allerdings

(a) Noch ſchlimmer, als die
irrige Anwendung des nicht
gloſſirten aber ächten Textes, iſt
es freylich, wenn hie und da die
ſeit dem vierzehnten Jahrhundert
verfaßten und ſpäter in die Aus-
gaben aufgenommenen Summa-
rien als Beſtandtheile des Rö-
miſchen Rechts angeſehen wor-
den ſind, welcher ſtarke Misgriff
jedoch leicht zu erklären iſt. Denn
die Gloſſe und die neueren An-
merkungen ſtehen ſtets am Rande
der Ausgaben, dieſe Summa-
rien aber als Überſchriften mit-
ten im Text, daher ſie der Un-
kundige leicht für Text halten
kann. Vgl. hierüber Savigny
Beruf unſrer Zeit S. 62, und:
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alter B. 6 S. 162.
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[246/0302] Buch I. Quellen. Kap. IV. Auslegung der Geſetze. §. 39. Auslegung der Juſtinianiſchen Geſetze. (Kritik.) Fortſetzung. Iſt nun durch dieſe Gründe das Recht der Kritik gel- tend gemacht, ſo müſſen ferner die Regeln ihres Verfah- rens aufgeſtellt werden. — Die diplomatiſche Kritik hat das handſchriftliche Material zu ſammeln, und, durch Prüfung der Handſchriften nach ihrem Alter und Werth, äußerlich zu ordnen. Sie hat ferner den recipirten Ca- non durch Ausſcheidung aller fremdartigen Theile (§ 17) rein zu erhalten, die demſelben, nach der Einrichtung der meiſten neueren Ausgaben, aus Verſehen leicht zugezählt werden können (a). — Das Geſchäft der höheren Kritik zerfällt in zwey Theile: Verarbeitung des durch die diplo- matiſche Kritik überlieferten handſchriftlichen Vorraths, und Verbeſſerung deſſelben. Sie hat alſo zunächſt, dem erſten Theile nach, durch freye Auswahl aus dem hand- ſchriftlichen Vorrath einen Text zu bilden. Allerdings (a) Noch ſchlimmer, als die irrige Anwendung des nicht gloſſirten aber ächten Textes, iſt es freylich, wenn hie und da die ſeit dem vierzehnten Jahrhundert verfaßten und ſpäter in die Aus- gaben aufgenommenen Summa- rien als Beſtandtheile des Rö- miſchen Rechts angeſehen wor- den ſind, welcher ſtarke Misgriff jedoch leicht zu erklären iſt. Denn die Gloſſe und die neueren An- merkungen ſtehen ſtets am Rande der Ausgaben, dieſe Summa- rien aber als Überſchriften mit- ten im Text, daher ſie der Un- kundige leicht für Text halten kann. Vgl. hierüber Savigny Beruf unſrer Zeit S. 62, und: Geſchichte des R. R. im Mittel- alter B. 6 S. 162.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/302>, abgerufen am 21.11.2024.