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Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680.

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Mercks Wienn.
Ein lebendiger Entwurff deß sterb-
lichen Lebens/ und daß der Todt ein
Regel ohne Unterscheid allen
vorschreibe.

NJcht umsonst list man das Wort Leben/ zuruck
Nebel/ kaum daß ein Nebel dieser trampische
Sohn der morastigen Erden geboren wird/ so
trohen ihme schon die Sonnen-Strahlen den Gar-
aus: Also hat es ein gantz ähnliche Beschaffenheit mit unseren
Leben/ vix orimur morimur. Unser erster Lebens-Athem
ist schon ein Seuffzer zum Todt/ und der erste Augenblick
deß menschlichen Lebens fallt schon unter die Bottmässigkeit
deß Knochenreichen Sensentragers/ auch den ersten Trunck
an der Säugammel bringt das unmündige Kind schon zu
solchem dürren Weltstürmer/ die hin und her wanckende Wie-
gen/ zeigt allbereit die Unbeständigkeit deß Lebens.

Die Natur-Erfahrne schreiben/ daß ein Kind noch in
Mutterleib eingeschranckter/ nicht anderst lige/ und das
Maul hencke/ als wie ein melancholischer; zeigt demnach
dieser wintzige Lebens-Scolar schon an/ daß er dessenthal-
ben in diesem neun monatlichen Arrest pfnotte/ um weilen
sein ersterworbenes Leben schon worden ein Vigil deß Todts.

Wann ein Weib von ihrer Leibs-Bürde los/ mit
zlücklicher Genesung Kindes-Mutter wird/ und das Haus
mit einem neugebornen Söhnl erfreuet/ so frolocket nicht
allein die solches Lasts entbürdet worden/ sondern pflegt auch
andere zu diesem Freuden-Fest/ welches ins gemein das
Kindel-Mahl genennt wird/ höfllich einladen/ bey dem
dann die Frau Ober-Gefatterin/ die Frau Unter-Gefatte-
rin/ die Frau Neben-Gefatterin/ die Frau Gespielin/ die
Frau Gespanin/ die Frau Maimb/ die Frau Schwiegerin/
die Frau Nachbarin mit gewöhnlichem Geschmuck und Apri-
lischen Aufzug gantz Freuden-voll erscheinen/ und ihrer an-
gebornen Wolredenheit die hierzu gehörige Glückwünschung
dem Gebrauch nach ablegen: Wann nun die süsse Spei-
sen/ die verzuckerte Trachten/ die Christallene Sultzen/

die
Mercks Wienn.
Ein lebendiger Entwurff deß ſterb-
lichen Lebens/ und daß der Todt ein
Regel ohne Unterſcheid allen
vorſchreibe.

NJcht umſonſt liſt man das Wort Leben/ zuruck
Nebel/ kaum daß ein Nebel dieſer trampiſche
Sohn der moraſtigen Erden geboren wird/ ſo
trohen ihme ſchon die Sonnen-Strahlen den Gar-
aus: Alſo hat es ein gantz aͤhnliche Beſchaffenheit mit unſeren
Leben/ vix orimur morimur. Unſer erſter Lebens-Athem
iſt ſchon ein Seuffzer zum Todt/ und der erſte Augenblick
deß menſchlichen Lebens fallt ſchon unter die Bottmaͤſſigkeit
deß Knochenreichen Senſentragers/ auch den erſten Trunck
an der Saͤugammel bringt das unmuͤndige Kind ſchon zu
ſolchem duͤrren Weltſtuͤrmer/ die hin und her wanckende Wie-
gen/ zeigt allbereit die Unbeſtaͤndigkeit deß Lebens.

Die Natur-Erfahrne ſchreiben/ daß ein Kind noch in
Mutterleib eingeſchranckter/ nicht anderſt lige/ und das
Maul hencke/ als wie ein melancholiſcher; zeigt demnach
dieſer wintzige Lebens-Scolar ſchon an/ daß er deſſenthal-
ben in dieſem neun monatlichen Arreſt pfnotte/ um weilen
ſein erſterworbenes Leben ſchon worden ein Vigil deß Todts.

Wann ein Weib von ihrer Leibs-Buͤrde los/ mit
zluͤcklicher Geneſung Kindes-Mutter wird/ und das Haus
mit einem neugebornen Soͤhnl erfreuet/ ſo frolocket nicht
allein die ſolches Laſts entbuͤrdet worden/ ſondern pflegt auch
andere zu dieſem Freuden-Feſt/ welches ins gemein das
Kindel-Mahl genennt wird/ hoͤfllich einladen/ bey dem
dann die Frau Ober-Gefatterin/ die Frau Unter-Gefatte-
rin/ die Frau Neben-Gefatterin/ die Frau Geſpielin/ die
Frau Geſpanin/ die Frau Maimb/ die Frau Schwiegerin/
die Frau Nachbarin mit gewoͤhnlichem Geſchmuck und Apri-
liſchen Aufzug gantz Freuden-voll erſcheinen/ und ihrer an-
gebornen Wolredenheit die hierzu gehoͤrige Gluͤckwuͤnſchung
dem Gebrauch nach ablegen: Wann nun die ſuͤſſe Spei-
ſen/ die verzuckerte Trachten/ die Chriſtallene Sultzen/

die
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[14/0024] Mercks Wienn. Ein lebendiger Entwurff deß ſterb- lichen Lebens/ und daß der Todt ein Regel ohne Unterſcheid allen vorſchreibe. NJcht umſonſt liſt man das Wort Leben/ zuruck Nebel/ kaum daß ein Nebel dieſer trampiſche Sohn der moraſtigen Erden geboren wird/ ſo trohen ihme ſchon die Sonnen-Strahlen den Gar- aus: Alſo hat es ein gantz aͤhnliche Beſchaffenheit mit unſeren Leben/ vix orimur morimur. Unſer erſter Lebens-Athem iſt ſchon ein Seuffzer zum Todt/ und der erſte Augenblick deß menſchlichen Lebens fallt ſchon unter die Bottmaͤſſigkeit deß Knochenreichen Senſentragers/ auch den erſten Trunck an der Saͤugammel bringt das unmuͤndige Kind ſchon zu ſolchem duͤrren Weltſtuͤrmer/ die hin und her wanckende Wie- gen/ zeigt allbereit die Unbeſtaͤndigkeit deß Lebens. Die Natur-Erfahrne ſchreiben/ daß ein Kind noch in Mutterleib eingeſchranckter/ nicht anderſt lige/ und das Maul hencke/ als wie ein melancholiſcher; zeigt demnach dieſer wintzige Lebens-Scolar ſchon an/ daß er deſſenthal- ben in dieſem neun monatlichen Arreſt pfnotte/ um weilen ſein erſterworbenes Leben ſchon worden ein Vigil deß Todts. Wann ein Weib von ihrer Leibs-Buͤrde los/ mit zluͤcklicher Geneſung Kindes-Mutter wird/ und das Haus mit einem neugebornen Soͤhnl erfreuet/ ſo frolocket nicht allein die ſolches Laſts entbuͤrdet worden/ ſondern pflegt auch andere zu dieſem Freuden-Feſt/ welches ins gemein das Kindel-Mahl genennt wird/ hoͤfllich einladen/ bey dem dann die Frau Ober-Gefatterin/ die Frau Unter-Gefatte- rin/ die Frau Neben-Gefatterin/ die Frau Geſpielin/ die Frau Geſpanin/ die Frau Maimb/ die Frau Schwiegerin/ die Frau Nachbarin mit gewoͤhnlichem Geſchmuck und Apri- liſchen Aufzug gantz Freuden-voll erſcheinen/ und ihrer an- gebornen Wolredenheit die hierzu gehoͤrige Gluͤckwuͤnſchung dem Gebrauch nach ablegen: Wann nun die ſuͤſſe Spei- ſen/ die verzuckerte Trachten/ die Chriſtallene Sultzen/ die

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_mercks_1680/24>, abgerufen am 21.11.2024.