Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Gleißnerey und eytelen Ehr. der Gerechte allen Gewinn der Gnaden GOttes zuschreibet/ nach den Wor-ten deß Apostels: Gott gibt das Gedeyen. Der Mensch pflantzet und benetzet; daß aber das Gepflantzte und Benetzte solle gewünschte Früch- ten bringen/ dieses entspriesset auß der Gnade GOttes. Nicht sagt die kluge Judith: Jch hab dem Holoferni das Haubt abgeschlagen: sondern sie sagt: Der Herr unser Gott hat ihn durch eines Weibs Hand er-Jud. 1[3.] schlagen. Die vier und zwantzig Eltiste in der Offenbahrung Joannis zohen ihre Cronen ab/ und legten selbige zu den Füssen deß Lambs. Also/ mein Christliche Seel/ lege du auch die Ehr deiner guten Werck zu den Füssen deines Herrn/ und sage mit dem frommen David: Nicht uns/ O Herr/ nicht uns; sondern deinem Nah-Psal. 113. men gib die Ehyre. Du solst aber nicht vermeinen/ als ob ich tadlen wolle; daß einer dem andern auß Verträwligkeit/ oder anderer billigen Ursach seine gute Werckoffenbahre: Mit nichten: sondern muß ich vielmehr loben den jenigen/ welcher zu Aufferbawung seines Nechsten/ demselben seine tugentsame Thaten erzehlet. Seye dannoch behutsamb/ und schawe fleissig zu/ daß nicht unter dem Schein der Ehren GOTTES/ der Betrug deß bösen Feinds verbor gen liege. Dieses lehret uns neben andern Heiligen/ der heilige Paulus/ welcher seine Ver- zückung viele Jahr verschwiegen/ und nicht ehender offenbahren wollen/ biß er vermeinet/ daß durch dessen Entdeckung seinem Nechsten befürderlich seyn könte. Der Andere Theil. 7. DJe Gleißnerey ist nichts anders/ als wann einer sich vergestal- mer A a a
Von der Gleißnerey und eytelen Ehr. der Gerechte allen Gewinn der Gnaden GOttes zuſchreibet/ nach den Wor-ten deß Apoſtels: Gott gibt das Gedeyen. Der Menſch pflantzet und benetzet; daß aber das Gepflantzte und Benetzte ſolle gewuͤnſchte Fruͤch- ten bringen/ dieſes entſprieſſet auß der Gnade GOttes. Nicht ſagt die kluge Judith: Jch hab dem Holoferni das Haubt abgeſchlagen: ſondern ſie ſagt: Der Herr unſer Gott hat ihn durch eines Weibs Hand er-Jud. 1[3.] ſchlagen. Die vier und zwantzig Eltiſte in der Offenbahrung Joannis zohen ihre Cronen ab/ und legten ſelbige zu den Fuͤſſen deß Lambs. Alſo/ mein Chriſtliche Seel/ lege du auch die Ehr deiner guten Werck zu den Fuͤſſen deines Herrn/ und ſage mit dem frommen David: Nicht uns/ O Herr/ nicht uns; ſondern deinem Nah-Pſal. 113. men gib die Ehyre. Du ſolſt aber nicht vermeinen/ als ob ich tadlen wolle; daß einer dem andern auß Vertraͤwligkeit/ oder anderer billigen Urſach ſeine gute Werckoffenbahre: Mit nichten: ſondern muß ich vielmehr loben den jenigen/ welcher zu Aufferbawung ſeines Nechſten/ demſelben ſeine tugentſame Thaten erzehlet. Seye dannoch behutſamb/ und ſchawe fleiſſig zu/ daß nicht unter dem Schein der Ehren GOTTES/ der Betrug deß boͤſen Feinds verbor gen liege. Dieſes lehret uns neben andern Heiligen/ der heilige Paulus/ welcher ſeine Ver- zuͤckung viele Jahr verſchwiegen/ und nicht ehender offenbahren wollen/ biß er vermeinet/ daß durch deſſen Entdeckung ſeinem Nechſten befuͤrderlich ſeyn koͤnte. Der Andere Theil. 7. DJe Gleißnerey iſt nichts anders/ als wann einer ſich vergeſtal- mer A a a
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Von der Gleißnerey und eytelen Ehr.
der Gerechte allen Gewinn der Gnaden GOttes zuſchreibet/ nach den Wor-
ten deß Apoſtels: Gott gibt das Gedeyen. Der Menſch pflantzet
und benetzet; daß aber das Gepflantzte und Benetzte ſolle gewuͤnſchte Fruͤch-
ten bringen/ dieſes entſprieſſet auß der Gnade GOttes. Nicht ſagt die kluge
Judith: Jch hab dem Holoferni das Haubt abgeſchlagen: ſondern ſie ſagt:
Der Herr unſer Gott hat ihn durch eines Weibs Hand er-
ſchlagen. Die vier und zwantzig Eltiſte in der Offenbahrung Joannis
zohen ihre Cronen ab/ und legten ſelbige zu den Fuͤſſen deß Lambs. Alſo/
mein Chriſtliche Seel/ lege du auch die Ehr deiner guten Werck
zu den Fuͤſſen deines Herrn/ und ſage mit dem frommen David:
Nicht uns/ O Herr/ nicht uns; ſondern deinem Nah-
men gib die Ehyre. Du ſolſt aber nicht vermeinen/ als ob ich
tadlen wolle; daß einer dem andern auß Vertraͤwligkeit/ oder anderer
billigen Urſach ſeine gute Werckoffenbahre: Mit nichten: ſondern muß
ich vielmehr loben den jenigen/ welcher zu Aufferbawung ſeines Nechſten/
demſelben ſeine tugentſame Thaten erzehlet. Seye dannoch behutſamb/
und ſchawe fleiſſig zu/ daß nicht unter dem Schein der Ehren
GOTTES/ der Betrug deß boͤſen Feinds verbor gen liege. Dieſes
lehret uns neben andern Heiligen/ der heilige Paulus/ welcher ſeine Ver-
zuͤckung viele Jahr verſchwiegen/ und nicht ehender offenbahren wollen/
biß er vermeinet/ daß durch deſſen Entdeckung ſeinem Nechſten befuͤrderlich
ſeyn koͤnte.
Jud. 13.
Pſal. 113.
Der Andere Theil.
7. DJe Gleißnerey iſt nichts anders/ als wann einer ſich vergeſtal-
tet/ oder laſſet angehen/ daß er gerecht ſeye; oder daß er gerech-
ter ſeye/ als er iſt. Dieſe Gleißnerey beflicht uns zu vermei-
den CHRJSTUS mit dieſen Worten: Hůtet euch fůr dem
Sauerteich der Phariſeer/ welcher iſt Heucheley. Und daß
auß billigen Urſachen. Dann gleich wie den Schiffenden die verborgene
Stein-Klippen leichter ſchaden/ dann die außſtehende: Alſo ſeynd durch
ihr verdecktes Laſter andern mehr ſchaͤdlich die Gleißner/ als offenbahre
Suͤnder: Dahero ſagt der Herr; Attendite, huͤtet euch: weilen es ein
ſehr groſſes Ubel/ und ein gar geheimes Laſter iſt. Auch gleich wie ein
Wald-Waſſer oder Bach zur Winters-Zeit haͤuffig flieſſet; im Som-
mer
Luc. 12.
v. l.
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Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/397>, abgerufen am 01.03.2025. |