Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem geistlichen Gespräch.
so muß ich schliessen/ daß du nicht Geistlich/ sondern Weltlich seyest: dann
von dir und deines gleichen also geschrieben stehet: Jene seynd von der1. Joan. 4.
Welt/ darumb reden sie auch von der Welt/ und die
Welt höret sie.
Derhalben solle sich ein jeder befleissen/ in seiner
Einsambkeit solche Bücher zu lesen/ auß denen er bey ander er Gesellschafft
Gott-gefällige Gespräch halten/ und deß grossen Vortheils/ so wir in die-
sem folgenden andern Theil anführen/ alhier zeitlich/ und nachmahln ewig-
lich geniessen könne.

Der Andere Theil.

1. EHe und bevor wir den Nutzen/ so auß den geistlichen Reden entspries-
set/ dir vor Augen stellen; wollen wir erstlich sehen/ worinn dieselbe
Reden meistens bestehen. Jch finde aber/ daß zu dieser GOtt-gefäl-
liger Ubung einige Vorbereitung/ und auch eine sonderliche Obachtung
in dem Gespräch selbsten erfordert werde. Und zwarn vor demselbem ist
nöthig/ daß du die Hülff GOttes begehrest/ damit du die Kräfften deß
Leibs und der Seelen durch das freund- und lieblithe Gespräch also mögest
erquicken/ auff daß wir der Ruhe so wohl eines anderen/ als deines eigenen
Gewissens/ weder der gewönlichen Brunst der Andacht/ weder auch der ge-
bührenden geistlichen Zucht der geringste Schad möge zugefügt werden.
Neben diesem/ soll ein guter Geistlicher unter dem Gespräch solche Reden
mit einführen/ welche/ so viel dero eigentliche Wesenheit/ dero Ziel und End/
und dero Weiß und Manier betrifft/ gut seynd. Solche werden aber nach
ihrer Wesenheit gut seyn/ wann sie von guten oder Göttlichen/ oder auffs
wenigst von keinen bösen Sachen geschehen/ welche letztere doch alsdann
gut werden/ wann sie zu einem guten Ziel und End auff die Bahn gebracht
werden; Dahero wohl zu beobacheen ist/ daß nichts im Gespräch geredet/
und nichts mit Gnügen angehört werde/ dardurch die Ehr deß Nächsten/
auch von weitem geschmählert/ oder die brüderliche Lieb verletzet werde: nie-
mand soll mit solchen Reden hervor kommen/ so etwan auch einen geringen
Geschmack einer eitelen Ehr/ oder Beleidigung der Göttlichen Majestät
verursachen. Weiters/ wann du redest/ sagt der H. Bernardus/ solstuIn forma
honest.
vit.

wenig reden/ du solst die Warheit reden/ und solst dich befleissigen/ wichtige
Reden zu führen: und wann ein weltlicher Mensch mit dir redet/ und eitele
Dinge hervor bringt/ so verkürtze du solche Red/ so viel dir möglich ist/
und schreite zu einer anderen/ welche GOtt gefälliger/ und deinem Stand

bequem-
F f 3

Von dem geiſtlichen Geſpraͤch.
ſo muß ich ſchlieſſen/ daß du nicht Geiſtlich/ ſondern Weltlich ſeyeſt: dann
von dir und deines gleichen alſo geſchrieben ſtehet: Jene ſeynd von der1. Joan. 4.
Welt/ darumb reden ſie auch von der Welt/ und die
Welt hoͤret ſie.
Derhalben ſolle ſich ein jeder befleiſſen/ in ſeiner
Einſambkeit ſolche Buͤcher zu leſen/ auß denen er bey ander er Geſellſchafft
Gott-gefaͤllige Geſpraͤch halten/ und deß groſſen Vortheils/ ſo wir in die-
ſem folgenden andern Theil anfuͤhren/ alhier zeitlich/ und nachmahln ewig-
lich genieſſen koͤnne.

Der Andere Theil.

1. EHe und bevor wir den Nutzen/ ſo auß den geiſtlichen Reden entſprieſ-
ſet/ dir vor Augen ſtellen; wollen wir erſtlich ſehen/ worinn dieſelbe
Reden meiſtens beſtehen. Jch finde aber/ daß zu dieſer GOtt-gefaͤl-
liger Ubung einige Vorbereitung/ und auch eine ſonderliche Obachtung
in dem Geſpraͤch ſelbſten erfordert werde. Und zwarn vor demſelbem iſt
noͤthig/ daß du die Huͤlff GOttes begehreſt/ damit du die Kraͤfften deß
Leibs und der Seelen durch das freund- und lieblithe Geſpraͤch alſo moͤgeſt
erquicken/ auff daß wir der Ruhe ſo wohl eines anderen/ als deines eigenen
Gewiſſens/ weder der gewoͤnlichen Brunſt der Andacht/ weder auch der ge-
buͤhrenden geiſtlichen Zucht der geringſte Schad moͤge zugefuͤgt werden.
Neben dieſem/ ſoll ein guter Geiſtlicher unter dem Geſpraͤch ſolche Reden
mit einfuͤhren/ welche/ ſo viel dero eigentliche Weſenheit/ dero Ziel und End/
und dero Weiß und Manier betrifft/ gut ſeynd. Solche werden aber nach
ihrer Weſenheit gut ſeyn/ wann ſie von guten oder Goͤttlichen/ oder auffs
wenigſt von keinen boͤſen Sachen geſchehen/ welche letztere doch alsdann
gut werden/ wann ſie zu einem guten Ziel und End auff die Bahn gebracht
werden; Dahero wohl zu beobacheen iſt/ daß nichts im Geſpraͤch geredet/
und nichts mit Gnuͤgen angehoͤrt werde/ dardurch die Ehr deß Naͤchſten/
auch von weitem geſchmaͤhlert/ oder die bruͤderliche Lieb verletzet werde: nie-
mand ſoll mit ſolchen Reden hervor kommen/ ſo etwan auch einen geringen
Geſchmack einer eitelen Ehr/ oder Beleidigung der Goͤttlichen Majeſtaͤt
verurſachen. Weiters/ wann du redeſt/ ſagt der H. Bernardus/ ſolſtuIn forma
honeſt.
vit.

wenig reden/ du ſolſt die Warheit reden/ und ſolſt dich befleiſſigen/ wichtige
Reden zu fuͤhren: und wann ein weltlicher Menſch mit dir redet/ und eitele
Dinge hervor bringt/ ſo verkuͤrtze du ſolche Red/ ſo viel dir moͤglich iſt/
und ſchreite zu einer anderen/ welche GOtt gefaͤlliger/ und deinem Stand

bequem-
F f 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0257" n="229"/><fw place="top" type="header">Von dem gei&#x017F;tlichen Ge&#x017F;pra&#x0364;ch.</fw><lb/>
&#x017F;o muß ich &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en/ daß du nicht Gei&#x017F;tlich/ &#x017F;ondern Weltlich &#x017F;eye&#x017F;t: dann<lb/>
von dir und deines gleichen al&#x017F;o ge&#x017F;chrieben &#x017F;tehet: <hi rendition="#fr">Jene &#x017F;eynd von der</hi><note place="right">1. <hi rendition="#aq">Joan.</hi> 4.</note><lb/><hi rendition="#fr">Welt/ darumb reden &#x017F;ie auch von der Welt/ und die<lb/>
Welt ho&#x0364;ret &#x017F;ie.</hi> Derhalben &#x017F;olle &#x017F;ich ein jeder beflei&#x017F;&#x017F;en/ in &#x017F;einer<lb/>
Ein&#x017F;ambkeit &#x017F;olche Bu&#x0364;cher zu le&#x017F;en/ auß denen er bey ander er Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft<lb/>
Gott-gefa&#x0364;llige Ge&#x017F;pra&#x0364;ch halten/ und deß gro&#x017F;&#x017F;en Vortheils/ &#x017F;o wir in die-<lb/>
&#x017F;em folgenden andern Theil anfu&#x0364;hren/ alhier zeitlich/ und nachmahln ewig-<lb/>
lich genie&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nne.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Der Andere Theil.</hi> </head><lb/>
          <p>1. <hi rendition="#in">E</hi>He und bevor wir den Nutzen/ &#x017F;o auß den gei&#x017F;tlichen Reden ent&#x017F;prie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et/ dir vor Augen &#x017F;tellen; wollen wir er&#x017F;tlich &#x017F;ehen/ worinn die&#x017F;elbe<lb/>
Reden mei&#x017F;tens be&#x017F;tehen. Jch finde aber/ daß zu die&#x017F;er GOtt-gefa&#x0364;l-<lb/>
liger Ubung einige Vorbereitung/ und auch eine &#x017F;onderliche Obachtung<lb/>
in dem Ge&#x017F;pra&#x0364;ch &#x017F;elb&#x017F;ten erfordert werde. Und zwarn vor dem&#x017F;elbem i&#x017F;t<lb/>
no&#x0364;thig/ daß du die Hu&#x0364;lff GOttes begehre&#x017F;t/ damit du die Kra&#x0364;fften deß<lb/>
Leibs und der Seelen durch das freund- und lieblithe Ge&#x017F;pra&#x0364;ch al&#x017F;o mo&#x0364;ge&#x017F;t<lb/>
erquicken/ auff daß wir der Ruhe &#x017F;o wohl eines anderen/ als deines eigenen<lb/>
Gewi&#x017F;&#x017F;ens/ weder der gewo&#x0364;nlichen Brun&#x017F;t der Andacht/ weder auch der ge-<lb/>
bu&#x0364;hrenden gei&#x017F;tlichen Zucht der gering&#x017F;te Schad mo&#x0364;ge zugefu&#x0364;gt werden.<lb/>
Neben die&#x017F;em/ &#x017F;oll ein guter Gei&#x017F;tlicher unter dem Ge&#x017F;pra&#x0364;ch &#x017F;olche Reden<lb/>
mit einfu&#x0364;hren/ welche/ &#x017F;o viel dero eigentliche We&#x017F;enheit/ dero Ziel und End/<lb/>
und dero Weiß und Manier betrifft/ gut &#x017F;eynd. Solche werden aber nach<lb/>
ihrer We&#x017F;enheit gut &#x017F;eyn/ wann &#x017F;ie von guten oder Go&#x0364;ttlichen/ oder auffs<lb/>
wenig&#x017F;t von keinen bo&#x0364;&#x017F;en Sachen ge&#x017F;chehen/ welche letztere doch alsdann<lb/>
gut werden/ wann &#x017F;ie zu einem guten Ziel und End auff die Bahn gebracht<lb/>
werden; Dahero wohl zu beobacheen i&#x017F;t/ daß nichts im Ge&#x017F;pra&#x0364;ch geredet/<lb/>
und nichts mit Gnu&#x0364;gen angeho&#x0364;rt werde/ dardurch die Ehr deß Na&#x0364;ch&#x017F;ten/<lb/>
auch von weitem ge&#x017F;chma&#x0364;hlert/ oder die bru&#x0364;derliche Lieb verletzet werde: nie-<lb/>
mand &#x017F;oll mit &#x017F;olchen Reden hervor kommen/ &#x017F;o etwan auch einen geringen<lb/>
Ge&#x017F;chmack einer eitelen Ehr/ oder Beleidigung der Go&#x0364;ttlichen Maje&#x017F;ta&#x0364;t<lb/>
verur&#x017F;achen. Weiters/ wann du rede&#x017F;t/ &#x017F;agt der H. Bernardus/ &#x017F;ol&#x017F;tu<note place="right"><hi rendition="#aq">In forma<lb/>
hone&#x017F;t.<lb/>
vit.</hi></note><lb/>
wenig reden/ du &#x017F;ol&#x017F;t die Warheit reden/ und &#x017F;ol&#x017F;t dich beflei&#x017F;&#x017F;igen/ wichtige<lb/>
Reden zu fu&#x0364;hren: und wann ein weltlicher Men&#x017F;ch mit dir redet/ und eitele<lb/>
Dinge hervor bringt/ &#x017F;o verku&#x0364;rtze du &#x017F;olche Red/ &#x017F;o viel dir mo&#x0364;glich i&#x017F;t/<lb/>
und &#x017F;chreite zu einer anderen/ welche GOtt gefa&#x0364;lliger/ und deinem Stand<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F f 3</fw><fw place="bottom" type="catch">bequem-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[229/0257] Von dem geiſtlichen Geſpraͤch. ſo muß ich ſchlieſſen/ daß du nicht Geiſtlich/ ſondern Weltlich ſeyeſt: dann von dir und deines gleichen alſo geſchrieben ſtehet: Jene ſeynd von der Welt/ darumb reden ſie auch von der Welt/ und die Welt hoͤret ſie. Derhalben ſolle ſich ein jeder befleiſſen/ in ſeiner Einſambkeit ſolche Buͤcher zu leſen/ auß denen er bey ander er Geſellſchafft Gott-gefaͤllige Geſpraͤch halten/ und deß groſſen Vortheils/ ſo wir in die- ſem folgenden andern Theil anfuͤhren/ alhier zeitlich/ und nachmahln ewig- lich genieſſen koͤnne. 1. Joan. 4. Der Andere Theil. 1. EHe und bevor wir den Nutzen/ ſo auß den geiſtlichen Reden entſprieſ- ſet/ dir vor Augen ſtellen; wollen wir erſtlich ſehen/ worinn dieſelbe Reden meiſtens beſtehen. Jch finde aber/ daß zu dieſer GOtt-gefaͤl- liger Ubung einige Vorbereitung/ und auch eine ſonderliche Obachtung in dem Geſpraͤch ſelbſten erfordert werde. Und zwarn vor demſelbem iſt noͤthig/ daß du die Huͤlff GOttes begehreſt/ damit du die Kraͤfften deß Leibs und der Seelen durch das freund- und lieblithe Geſpraͤch alſo moͤgeſt erquicken/ auff daß wir der Ruhe ſo wohl eines anderen/ als deines eigenen Gewiſſens/ weder der gewoͤnlichen Brunſt der Andacht/ weder auch der ge- buͤhrenden geiſtlichen Zucht der geringſte Schad moͤge zugefuͤgt werden. Neben dieſem/ ſoll ein guter Geiſtlicher unter dem Geſpraͤch ſolche Reden mit einfuͤhren/ welche/ ſo viel dero eigentliche Weſenheit/ dero Ziel und End/ und dero Weiß und Manier betrifft/ gut ſeynd. Solche werden aber nach ihrer Weſenheit gut ſeyn/ wann ſie von guten oder Goͤttlichen/ oder auffs wenigſt von keinen boͤſen Sachen geſchehen/ welche letztere doch alsdann gut werden/ wann ſie zu einem guten Ziel und End auff die Bahn gebracht werden; Dahero wohl zu beobacheen iſt/ daß nichts im Geſpraͤch geredet/ und nichts mit Gnuͤgen angehoͤrt werde/ dardurch die Ehr deß Naͤchſten/ auch von weitem geſchmaͤhlert/ oder die bruͤderliche Lieb verletzet werde: nie- mand ſoll mit ſolchen Reden hervor kommen/ ſo etwan auch einen geringen Geſchmack einer eitelen Ehr/ oder Beleidigung der Goͤttlichen Majeſtaͤt verurſachen. Weiters/ wann du redeſt/ ſagt der H. Bernardus/ ſolſtu wenig reden/ du ſolſt die Warheit reden/ und ſolſt dich befleiſſigen/ wichtige Reden zu fuͤhren: und wann ein weltlicher Menſch mit dir redet/ und eitele Dinge hervor bringt/ ſo verkuͤrtze du ſolche Red/ ſo viel dir moͤglich iſt/ und ſchreite zu einer anderen/ welche GOtt gefaͤlliger/ und deinem Stand bequem- In forma honeſt. vit. F f 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/257
Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/257>, abgerufen am 03.12.2024.