Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.[Spaltenumbruch]
Mit festem Eisen sind die Ziegel eingefü-
get/ mit Eisen fest gemacht fast alle Schwel- len sind/ der Ercker und das Dach auf eisern Seu- len lieget: Die Sonne leidet drob/ wann sie sich gegen findt/ Es scheint/ ob fürcht' ihr Liecht das Schim- mern dieser Zinnen/ ein hartes Blitzen hält der Sternen Flin- kern innen. [Spaltenumbruch] Der Platz ist dessen wehrt. Aus denen er- sten Thüren der tolle Anlauf rennt/ und blindes Bu- benstück. Hernacher pflegt die Reyh der rohte Zorn zu führen/ und Furcht/ in der das Blut geloffen ist zurück. Die Hinterlist steht da/ mit dem verborg- nen Eisen/ und Zwietracht pfleget auch ein doppelt Schwerdt zu weisen. Von der Zweytracht.
[Spaltenumbruch]
Discordia oder Zweytracht. PLATTE P. DIe Zweytracht haben die Alten unter die jenige Götter gesetzt/ welche sie zwar verehrt/ iedoch mehr das Böse von ihnen abzuwenden/ als in Hoffnung etwas guts von ihnen zu erlangen: dann wo sich diese aufhielte/ sagten sie/ von dar pflegte sie von Stund an allen Frieden/ Ruh und Einigkeit auszujagen; Dannenhero man gesagt/ es habe Sie Jupiter aus dem Himmel verstossen. Von dieser dichtet man/ daß/ weil Sie auf deß Peleus und der Thetis Hochzeit/ dahin doch alle andere Götter und Göttinnen zusammen kommen/ nicht geladen worden/ sie deßwegen einen solchen Haß gefaßt/ daß Sie einen Apffel mitten unter Sie hineingeworffen/ über welchem hernach sehr grosse Uneinigkeiten unter den Göttern entstanden/ und endlich der herrlichen Stadt Trojen Untergang erfolget sey. Man hat Sie vor Alters in Gestalt einer Furie gebildet/ Aristides sagt/ in einer Oration an die Rhodier/ es stehe ihr der Kopff rücklings/ habe blaue lefftzen/ schielende und aufgeschwollene Augen/ (aus welchen ihr ohne Unterlaß eiterige Thränen in grosser Menge fliessen) sey unruhig mit den Händen/ führe inwendig gegen das Hertz ein Schwerdt/ und stehe auf subtilen krummen Füssen/ und seye endlich mit Finsternus und Dunckelheit/ als mit einem Garn/ umbwickelt. Pausanias schreibet in Eliacis prioribus, es[Spaltenumbruch] seyen an deß Cypselus Truhe Ajax und Hector/ wie sie in Gegenwart der Zweytracht gestritten/ eingegraben gewesen; da dann diese in Gestalt eines abscheulichen Weibs gebildet zu sehen ware. Weiter aber sagt er nichts von ihr; erkläret auch nicht/ auf was Art und Weise sie Caliphon Samius darvon abgesehen/ und in der Diana Tempel zu Ephesus gemahlet habe. Allwo Er auch den Krieg weit von der Griechen Schiffen ausgedrücket/ wie ebenmässiger Autor am ietztberührtem Orte gleichfalls bezeuget. Aber unter allen hat sie keiner besser und lebendiger entworffen als Petronius/ dieses Inhalts: Intremuere tubae; ac scisso Discor- dia crine Extulit ad superos stygium caput, Hujus in ore Concretus sanguis, contusaque lu- mina flebant, Stabant irati scabra rubigine den- tes, Tabo lingva fluens,obsessa draconi- bus ora, Atque inter toto laceratam pectore vestem, Sanguinea tremulam quatiebat lam- pada dextra. Die Tromten thönten schon; Die Zwey-
tracht hebt empor das Teuffel-schwangre Haupt mit gantz verwirrten Haaren; in derer Munde man geronnen Blut sieht fahren/ die Zähren rinnen aus zerstoßnen Augen vor. [Spaltenumbruch]
Mit festem Eisen sind die Ziegel eingefü-
get/ mit Eisen fest gemacht fast alle Schwel- len sind/ der Ercker und das Dach auf eisern Seu- len lieget: Die Sonne leidet drob/ wann sie sich gegen findt/ Es scheint/ ob fürcht’ ihr Liecht das Schim- mern dieser Zinnen/ ein hartes Blitzen hält der Sternen Flin- kern innen. [Spaltenumbruch] Der Platz ist dessen wehrt. Aus denen er- sten Thüren der tolle Anlauf rennt/ und blindes Bu- benstück. Hernacher pflegt die Reyh der rohte Zorn zu führen/ und Furcht/ in der das Blut geloffen ist zurück. Die Hinterlist steht da/ mit dem verborg- nen Eisen/ und Zwietracht pfleget auch ein doppelt Schwerdt zu weisen. Von der Zweytracht.
[Spaltenumbruch]
Discordia oder Zweytracht. PLATTE P. DIe Zweytracht haben die Alten unter die jenige Götter gesetzt/ welche sie zwar verehrt/ iedoch mehr das Böse von ihnen abzuwenden/ als in Hoffnung etwas guts von ihnen zu erlangen: dann wo sich diese aufhielte/ sagten sie/ von dar pflegte sie von Stund an allen Frieden/ Ruh und Einigkeit auszujagen; Dannenhero man gesagt/ es habe Sie Jupiter aus dem Himmel verstossen. Von dieser dichtet man/ daß/ weil Sie auf deß Peleus und der Thetis Hochzeit/ dahin doch alle andere Götter und Göttinnen zusammen kommen/ nicht geladen worden/ sie deßwegen einen solchen Haß gefaßt/ daß Sie einen Apffel mitten unter Sie hineingeworffen/ über welchem hernach sehr grosse Uneinigkeiten unter den Göttern entstanden/ und endlich der herrlichen Stadt Trojen Untergang erfolget sey. Man hat Sie vor Alters in Gestalt einer Furie gebildet/ Aristides sagt/ in einer Oration an die Rhodier/ es stehe ihr der Kopff rücklings/ habe blaue lefftzen/ schielende und aufgeschwollene Augen/ (aus welchen ihr ohne Unterlaß eiterige Thränen in grosser Menge fliessen) sey unruhig mit den Händen/ führe inwendig gegen das Hertz ein Schwerdt/ und stehe auf subtilen krummen Füssen/ und seye endlich mit Finsternus und Dunckelheit/ als mit einem Garn/ umbwickelt. Pausanias schreibet in Eliacis prioribus, es[Spaltenumbruch] seyen an deß Cypselus Truhe Ajax und Hector/ wie sie in Gegenwart der Zweytracht gestritten/ eingegraben gewesen; da dann diese in Gestalt eines abscheulichen Weibs gebildet zu sehen ware. Weiter aber sagt er nichts von ihr; erkläret auch nicht/ auf was Art und Weise sie Caliphon Samius darvon abgesehen/ und in der Diana Tempel zu Ephesus gemahlet habe. Allwo Er auch den Krieg weit von der Griechen Schiffen ausgedrücket/ wie ebenmässiger Autor am ietztberührtem Orte gleichfalls bezeuget. Aber unter allen hat sie keiner besser und lebendiger entworffen als Petronius/ dieses Inhalts: Intremuere tubae; ac scisso Discor- dia crine Extulit ad superos stygium caput, Hujus in ore Concretus sanguis, contusaque lu- mina flebant, Stabant irati scabra rubigine den- tes, Tabo lingva fluens,obsessa draconi- bus ora, Atque inter toto laceratam pectore vestem, Sanguinea tremulam quatiebat lam- pada dextra. Die Tromten thönten schon; Die Zwey-
tracht hebt empor das Teuffel-schwangre Haupt mit gantz verwirrten Haaren; in derer Munde man geronnen Blut sieht fahren/ die Zähren rinnen aus zerstoßnen Augen vor. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="d1482.1"> <pb facs="#f0220" xml:id="pb-1500" n="TA 1680, Iconologia Deorum, S. 142"/> <cb/> <lg> <l>Mit festem Eisen sind die Ziegel eingefü-<lb/> get/</l><lb/> <l>mit Eisen fest gemacht fast alle Schwel-<lb/> len sind/</l><lb/> <l>der Ercker und das Dach auf eisern Seu-<lb/> len lieget:</l><lb/> <l>Die Sonne leidet drob/ wann sie sich<lb/> gegen findt/</l><lb/> <l>Es scheint/ ob fürcht’ ihr Liecht das Schim-<lb/> mern dieser Zinnen/</l><lb/> <l>ein hartes Blitzen hält der Sternen Flin-<lb/> kern innen.</l><lb/> <cb/> <l>Der Platz ist dessen wehrt. 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Aber unter allen hat sie keiner besser und lebendiger entworffen als <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3857 http://d-nb.info/gnd/118593293 http://viaf.org/viaf/95155909">Petronius</persName>/ dieses Inhalts:</p> <lg rendition="#aq" xml:lang="la"> <l>Intremuere tubae; ac scisso <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3858 http://d-nb.info/gnd/129906905 http://viaf.org/viaf/25696236">Discor-<lb/> dia</persName> crine</l><lb/> <l>Extulit ad superos stygium caput,<lb/> Hujus in ore</l><lb/> <l>Concretus sanguis, contusaque lu-<lb/> mina flebant,</l><lb/> <l>Stabant irati scabra rubigine den-<lb/> tes,</l><lb/> <l>Tabo lingva fluens,obsessa draconi-<lb/> bus ora,</l><lb/> <l>Atque inter toto laceratam pectore<lb/> vestem,</l><lb/> <l>Sanguinea tremulam quatiebat lam-<lb/> pada dextra.</l><lb/> </lg> <lg> <l>Die Tromten thönten schon; Die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3858 http://d-nb.info/gnd/129906905 http://viaf.org/viaf/25696236">Zwey-<lb/> tracht</persName> hebt empor</l><lb/> <l>das Teuffel-schwangre Haupt mit gantz<lb/> verwirrten Haaren;</l><lb/> <l>in derer Munde man geronnen Blut sieht<lb/> fahren/</l><lb/> <l>die Zähren rinnen aus zerstoßnen Augen<lb/> vor.</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [TA 1680, Iconologia Deorum, S. 142/0220]
Mit festem Eisen sind die Ziegel eingefü-
get/
mit Eisen fest gemacht fast alle Schwel-
len sind/
der Ercker und das Dach auf eisern Seu-
len lieget:
Die Sonne leidet drob/ wann sie sich
gegen findt/
Es scheint/ ob fürcht’ ihr Liecht das Schim-
mern dieser Zinnen/
ein hartes Blitzen hält der Sternen Flin-
kern innen.
Der Platz ist dessen wehrt. Aus denen er-
sten Thüren
der tolle Anlauf rennt/ und blindes Bu-
benstück.
Hernacher pflegt die Reyh der rohte Zorn
zu führen/
und Furcht/ in der das Blut geloffen ist
zurück.
Die Hinterlist steht da/ mit dem verborg-
nen Eisen/
und Zwietracht pfleget auch ein doppelt
Schwerdt zu weisen.
Von der Zweytracht.
DIe Zweytracht haben die Alten unter die jenige Götter gesetzt/ welche sie zwar verehrt/ iedoch mehr das Böse von ihnen abzuwenden/ als in Hoffnung etwas guts von ihnen zu erlangen: dann wo sich diese aufhielte/ sagten sie/ von dar pflegte sie von Stund an allen Frieden/ Ruh und Einigkeit auszujagen; Dannenhero man gesagt/ es habe Sie Jupiter aus dem Himmel verstossen. Von dieser dichtet man/ daß/ weil Sie auf deß Peleus und der Thetis Hochzeit/ dahin doch alle andere Götter und Göttinnen zusammen kommen/ nicht geladen worden/ sie deßwegen einen solchen Haß gefaßt/ daß Sie einen Apffel mitten unter Sie hineingeworffen/ über welchem hernach sehr grosse Uneinigkeiten unter den Göttern entstanden/ und endlich der herrlichen Stadt Trojen Untergang erfolget sey. Man hat Sie vor Alters in Gestalt einer Furie gebildet/
Discordia oder Zweytracht. PLATTE P.--- ---Et discordia demens
Vipereum crinem vittis innexa cru-
entis.
= = = = = = Die Zweytracht/ dero
Haar
mit Schlangen schrecklich umb und umb ge-
flochten war.
Aristides sagt/ in einer Oration an die Rhodier/ es stehe ihr der Kopff rücklings/ habe blaue lefftzen/ schielende und aufgeschwollene Augen/ (aus welchen ihr ohne Unterlaß eiterige Thränen in grosser Menge fliessen) sey unruhig mit den Händen/ führe inwendig gegen das Hertz ein Schwerdt/ und stehe auf subtilen krummen Füssen/ und seye endlich mit Finsternus und Dunckelheit/ als mit einem Garn/ umbwickelt. Pausanias schreibet in Eliacis prioribus, es
seyen an deß Cypselus Truhe Ajax und Hector/ wie sie in Gegenwart der Zweytracht gestritten/ eingegraben gewesen; da dann diese in Gestalt eines abscheulichen Weibs gebildet zu sehen ware. Weiter aber sagt er nichts von ihr; erkläret auch nicht/ auf was Art und Weise sie Caliphon Samius darvon abgesehen/ und in der Diana Tempel zu Ephesus gemahlet habe. Allwo Er auch den Krieg weit von der Griechen Schiffen ausgedrücket/ wie ebenmässiger Autor am ietztberührtem Orte gleichfalls bezeuget. Aber unter allen hat sie keiner besser und lebendiger entworffen als Petronius/ dieses Inhalts:
Intremuere tubae; ac scisso Discor-
dia crine
Extulit ad superos stygium caput,
Hujus in ore
Concretus sanguis, contusaque lu-
mina flebant,
Stabant irati scabra rubigine den-
tes,
Tabo lingva fluens,obsessa draconi-
bus ora,
Atque inter toto laceratam pectore
vestem,
Sanguinea tremulam quatiebat lam-
pada dextra.
Die Tromten thönten schon; Die Zwey-
tracht hebt empor
das Teuffel-schwangre Haupt mit gantz
verwirrten Haaren;
in derer Munde man geronnen Blut sieht
fahren/
die Zähren rinnen aus zerstoßnen Augen
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