Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.Von dem Neptunus.
[Spaltenumbruch]
Neptunus. PLATTE H. DEm Neptunus ist unter seinen Brüdern durchs Los das Wasserreich zugefallen; dahero er der Gott deß Meers genennt worden. Diesen haben die Alten unterweilen mit einem freundlichen/ sanfftmütigen und gelinden/ unterweilen aber auch mit trüben und unfreundlichem Angesicht gebildet/ wie solch es beym Homerus und Virgilius zu lesen ist; weil das Meer augenblicklich sich zu verändern pfleget/ also daß es aus der Stillheit in eine Ungestümme/ und dargegen aus der Ungestümme/ in eine angenehme Stille/ ehe man sichs versiehet/ verändert Seine Bildnus. wird. Eben diesem haben sie einen Dreyzanck in die Hände gegeben/ und ihn also in eine Muschel/ gleich als in einen Wagen/ gestellt/ welche von Meer-Pferden gezogen wird/ die unterhalb deß Leibs die Gestalt eines Fisches hatten. Man eignete ihme/ wie Phornutus sagt/ ein himmelblaues Gewand zu: weil dieses die Meer-Farb vorstellet. Lucianus bildet ihn im Opfern mit Himmelblau und schwartzen Haaren; wiewoln Servius sagt/ es seyen die Meer-Götter bey den Alten mit grauen Häuptern/ und gemeiniglich als alte Männer gemahlt worden. Dannenhero wann Glaucus. Philostratus unter denen Bildern den Glaucus (der auch ein Meer-Gott ist) beschreiben will/ sagt er von ihm/ er habe einen triefenden Bart/ und hange ihm das von Wasser zerstreuete Haar über die Achseln herab; die Augenbraunen seyen dick oder starck/ rauch und in einander verwirret/ Er hebe den Arm in die Höhe/ schlage darmit das Wasser von einander/ und schwimme also dahin: die Brust sey mit Meer-Graß und Haaren bewachsen; der Bauch werde allmählig dünne/ und von dannen enden sich die übrige Theile deß Leibs in einen Fisch/ also daß der Schwantz gerad und ausser dem Wasser empor gereckt zu sehen seye. Der Poet Ovidius führet den Glaucus im XIII. seiner Verwandlungs-Bücher also von sich selbst redend ein: Pabula decerpsi, decerptaqve dente momordi: Vix bene combiberant ignotos gut- tura succos, Cum subito trepidare intus praecor- dia sensi, Alteriusqve rapi naturae pectus a- more. Nec potui restare diu, repetendaque nunquam [Spaltenumbruch] Terra vale, dixi, corpusque sub aequo- re mersi. Hanc ego tum primum viridem ferrugine barbam Caesariemque meam, quam longa per aequora verro, Ingentesque humeros, & caerula bra- chia vidi, Cruraque pinnigero curvata novissi- ma pisce. Die Kräuter brach ich ab/ und brachte sie in Mund/ allein es ware kaum gelanget in den Schlund der unbekannte Safft/ krafft dessen ich ver- spühret wie alles Eingeweid im Augenblick sich rühret. und wolte werden das/ was ich zuvor nicht war/ und zwar in kurzer Zeit. Fahr/ sprach ich/ Erde! fahr/ gehab dich immer wol/ auf dich komm ich nicht wieder/ wormit ich in das Meer geworffen meine Glieder. Da ist zum ersten mal mein dunkelblau- er Bart/ mein klaffterlanges Haar/ die Schultern grössern Art/ die Arm auch blauer Farb mir kommen zu Gesichte/ und wie mein Unterleib der Flossen Dienst verrichte. Was deß Neptunus Dreyzanck bedeute. Eben dieser Philostratus führet den Neptunus mit Pferden und Wallfischen im Meer gemächlich einhertrettend ein/ und giebt ihm einen Dreyzanck/ welcher/ wie einige wollen/ die drey Busen deß Mittelländischen Meers bedeuten solle. Andere deuten ihn auf die dreyfache Natur deß Wassers/ dann das Brunn-Wasser ist süß/ das Meer-Wasser saltzig/ und das jenige so in den Weyhern befindlich/ ist zwar nicht bitter/ iedoch eines nicht so gar unannehmlichen Geschmacks. Neben dem giebt er ihm auch das Hirten-Horn/ Die Tritonen. oder die Muschel/ dero sich die Tritonen bedienen: dann auch diese haben die Alten unter die Meer-Götter gezehlet/ und dem Neptunus zu Gefärten zugeeignet. Die Poeten dichten/ es seyen die Tritonen deß Meeres Trompeter; weil sie eine gedrähete Muschel führen/ wordurch sie ein erschreckliches Gethön von sich geben. Daher Hyginus erzehlt/ daß zu eben Von dem Neptunus.
[Spaltenumbruch]
Neptunus. PLATTE H. DEm Neptunus ist unter seinen Brüdern durchs Los das Wasserreich zugefallen; dahero er der Gott deß Meers genennt worden. Diesen haben die Alten unterweilen mit einem freundlichen/ sanfftmütigen und gelinden/ unterweilen aber auch mit trüben und unfreundlichem Angesicht gebildet/ wie solch es beym Homerus und Virgilius zu lesen ist; weil das Meer augenblicklich sich zu verändern pfleget/ also daß es aus der Stillheit in eine Ungestümme/ und dargegen aus der Ungestümme/ in eine angenehme Stille/ ehe man sichs versiehet/ verändert Seine Bildnus. wird. Eben diesem haben sie einen Dreyzanck in die Hände gegeben/ und ihn also in eine Muschel/ gleich als in einen Wagen/ gestellt/ welche von Meer-Pferden gezogen wird/ die unterhalb deß Leibs die Gestalt eines Fisches hatten. Man eignete ihme/ wie Phornutus sagt/ ein himmelblaues Gewand zu: weil dieses die Meer-Farb vorstellet. Lucianus bildet ihn im Opfern mit Himmelblau und schwartzen Haaren; wiewoln Servius sagt/ es seyen die Meer-Götter bey den Alten mit grauen Häuptern/ und gemeiniglich als alte Männer gemahlt worden. Dannenhero wann Glaucus. Philostratus unter denen Bildern den Glaucus (der auch ein Meer-Gott ist) beschreiben will/ sagt er von ihm/ er habe einen triefenden Bart/ und hange ihm das von Wasser zerstreuete Haar über die Achseln herab; die Augenbraunen seyen dick oder starck/ rauch und in einander verwirret/ Er hebe den Arm in die Höhe/ schlage darmit das Wasser von einander/ und schwimme also dahin: die Brust sey mit Meer-Graß und Haaren bewachsen; der Bauch werde allmählig dünne/ und von dannen enden sich die übrige Theile deß Leibs in einen Fisch/ also daß der Schwantz gerad und ausser dem Wasser empor gereckt zu sehen seye. Der Poet Ovidius führet den Glaucus im XIII. seiner Verwandlungs-Bücher also von sich selbst redend ein: Pabula decerpsi, decerptaqve dente momordi: Vix benè combiberant ignotos gut- tura succos, Cum subito trepidare intus praecor- dia sensi, Alteriusqve rapi naturae pectus a- more. Nec potui restare diu, repetendaque nunquam [Spaltenumbruch] Terra vale, dixi, corpusque sub aequo- re mersi. Hanc ego tum primum viridem ferrugine barbam Caesariemque meam, quam longa per aequora verro, Ingentesque humeros, & caerula bra- chia vidi, Cruraque pinnigero curvata novissi- ma pisce. Die Kräuter brach ich ab/ und brachte sie in Mund/ allein es ware kaum gelanget in den Schlund der unbekannte Safft/ krafft dessen ich ver- spühret wie alles Eingeweid im Augenblick sich rühret. und wolte werden das/ was ich zuvor nicht war/ und zwar in kurzer Zeit. Fahr/ sprach ich/ Erde! fahr/ gehab dich immer wol/ auf dich komm ich nicht wieder/ wormit ich in das Meer geworffen meine Glieder. Da ist zum ersten mal mein dunkelblau- er Bart/ mein klaffterlanges Haar/ die Schultern grössern Art/ die Arm auch blauer Farb mir kommen zu Gesichte/ und wie mein Unterleib der Flossen Dienst verrichte. Was deß Neptunus Dreyzanck bedeute. Eben dieser Philostratus führet den Neptunus mit Pferden und Wallfischen im Meer gemächlich einhertrettend ein/ und giebt ihm einen Dreyzanck/ welcher/ wie einige wollen/ die drey Busen deß Mittelländischen Meers bedeuten solle. Andere deuten ihn auf die dreyfache Natur deß Wassers/ dann das Brunn-Wasser ist süß/ das Meer-Wasser saltzig/ und das jenige so in den Weyhern befindlich/ ist zwar nicht bitter/ iedoch eines nicht so gar unannehmlichen Geschmacks. Neben dem giebt er ihm auch das Hirten-Horn/ Die Tritonen. oder die Muschel/ dero sich die Tritonen bedienen: dann auch diese haben die Alten unter die Meer-Götter gezehlet/ und dem Neptunus zu Gefärten zugeeignet. Die Poeten dichten/ es seyen die Tritonen deß Meeres Trompeter; weil sie eine gedrähete Muschel führen/ wordurch sie ein erschreckliches Gethön von sich geben. Daher Hyginus erzehlt/ daß zu eben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0151" xml:id="pb-1437" n="TA 1680, Iconologia Deorum, S. 85"/> <div> <head>Von dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-528 http://d-nb.info/gnd/11952354X http://viaf.org/viaf/8199845">Neptunus</persName>.</head> <cb/> <p><note place="right"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-528 http://d-nb.info/gnd/11952354X http://viaf.org/viaf/8199845">Neptunus</persName>. <ref rendition="#aq" target="#figure-1436.1">PLATTE H.</ref></note><hi rendition="#in">D</hi>Em <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-528 http://d-nb.info/gnd/11952354X http://viaf.org/viaf/8199845">Neptunus</persName> ist unter seinen Brüdern durchs Los das Wasserreich zugefallen; dahero er der Gott deß Meers genennt worden. Diesen haben die Alten unterweilen mit einem freundlichen/ sanfftmütigen und gelinden/ unterweilen aber auch mit trüben und unfreundlichem Angesicht gebildet/ wie solch es beym <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-109 http://d-nb.info/gnd/11855333X http://viaf.org/viaf/63292865">Homerus</persName> und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-410 http://d-nb.info/gnd/118626574 http://viaf.org/viaf/8194433">Virgilius</persName> zu lesen ist; weil das Meer augenblicklich sich zu verändern pfleget/ also daß es aus der Stillheit in eine Ungestümme/ und dargegen aus der Ungestümme/ in eine angenehme Stille/ ehe man sichs versiehet/ verändert <note xml:id="n1437.2" place="right">Seine Bildnus.</note> wird. Eben diesem haben sie einen Dreyzanck in die Hände gegeben/ und ihn also in eine Muschel/ gleich als in einen Wagen/ gestellt/ welche von Meer-Pferden gezogen wird/ die unterhalb deß Leibs die Gestalt eines Fisches hatten. Man eignete ihme/ wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2381 http://d-nb.info/gnd/118522248 http://viaf.org/viaf/92055226">Phornutus</persName> sagt/ ein himmelblaues Gewand zu: weil dieses die Meer-Farb vorstellet. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-119 http://d-nb.info/gnd/118575228 http://viaf.org/viaf/89552688">Lucianus</persName> bildet ihn im Opfern mit Himmelblau und schwartzen Haaren; wiewoln <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1015 http://d-nb.info/gnd/118796313 http://viaf.org/viaf/78772467">Servius</persName> sagt/ es seyen die Meer-Götter bey den Alten mit grauen Häuptern/ und gemeiniglich als alte Männer gemahlt worden. Dannenhero wann <note xml:id="n1437.1" place="right"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2393">Glaucus</persName>.</note> <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1917 http://d-nb.info/gnd/118594044 http://viaf.org/viaf/89765385">Philostratus</persName> unter denen Bildern den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2393">Glaucus</persName> (der auch ein Meer-Gott ist) beschreiben will/ sagt er von ihm/ er habe einen triefenden Bart/ und hange ihm das von Wasser zerstreuete Haar über die Achseln herab; die Augenbraunen seyen dick oder starck/ rauch und in einander verwirret/ Er hebe den Arm in die Höhe/ schlage darmit das Wasser von einander/ und schwimme also dahin: die Brust sey mit Meer-Graß und Haaren bewachsen; der Bauch werde allmählig dünne/ und von dannen enden sich die übrige Theile deß Leibs in einen Fisch/ also daß der Schwantz gerad und ausser dem Wasser empor gereckt zu sehen seye. Der Poet <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-350 http://d-nb.info/gnd/118590995 http://viaf.org/viaf/88342447">Ovidius</persName> führet den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2393">Glaucus</persName> im <hi rendition="#aq">XIII.</hi> seiner Verwandlungs-Bücher also von sich selbst redend ein:</p> <lg rendition="#aq" xml:lang="la"> <l>Pabula decerpsi, <reg>decerptaqve</reg> dente<lb/> momordi:</l><lb/> <l>Vix benè combiberant ignotos gut-<lb/> tura succos,</l><lb/> <l>Cum subito trepidare intus praecor-<lb/> dia sensi,</l><lb/> <l>Alteriusqve rapi naturae pectus a-<lb/> more.</l><lb/> <l>Nec potui restare diu, <reg>repetendaque</reg><lb/> nunquam</l><lb/> <cb/> <l>Terra vale, dixi, <reg>corpusque</reg> sub aequo-<lb/> re mersi.</l><lb/> <l>Hanc ego tum primum viridem<lb/> ferrugine barbam</l><lb/> <l><reg>Caesariemque</reg> meam, quam longa per<lb/> aequora verro,</l><lb/> <l><reg>Ingentesque</reg> humeros, & caerula bra-<lb/> chia vidi,</l><lb/> <l><reg>Cruraque</reg> pinnigero curvata novissi-<lb/> ma pisce.</l><lb/> </lg> <lg> <l>Die Kräuter brach ich ab/ und brachte<lb/> sie in Mund/</l><lb/> <l>allein es ware kaum gelanget in den<lb/> Schlund</l><lb/> <l>der unbekannte Safft/ krafft dessen ich ver-<lb/> spühret</l><lb/> <l>wie alles Eingeweid im Augenblick sich<lb/> rühret.</l><lb/> <l>und wolte werden das/ was ich zuvor<lb/> nicht war/</l><lb/> <l>und zwar in kurzer Zeit. Fahr/ sprach ich/<lb/> Erde! fahr/</l><lb/> <l>gehab dich immer wol/ auf dich komm ich<lb/> nicht wieder/</l><lb/> <l>wormit ich in das Meer geworffen meine<lb/> Glieder.</l><lb/> <l>Da ist zum ersten mal mein dunkelblau-<lb/> er Bart/</l><lb/> <l>mein klaffterlanges Haar/ die Schultern<lb/> grössern Art/</l><lb/> <l>die Arm auch blauer Farb mir kommen zu<lb/> Gesichte/</l><lb/> <l>und wie mein Unterleib der Flossen Dienst<lb/> verrichte.</l><lb/> </lg> <p xml:id="p1437.1"><note place="right">Was deß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-528 http://d-nb.info/gnd/11952354X http://viaf.org/viaf/8199845">Neptunus</persName> Dreyzanck bedeute.</note> Eben dieser <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1917 http://d-nb.info/gnd/118594044 http://viaf.org/viaf/89765385">Philostratus</persName> führet den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-528 http://d-nb.info/gnd/11952354X http://viaf.org/viaf/8199845">Neptunus</persName> mit Pferden und Wallfischen im Meer gemächlich einhertrettend ein/ und giebt ihm einen Dreyzanck/ welcher/ wie einige wollen/ die drey Busen deß Mittelländischen Meers bedeuten solle. Andere deuten ihn auf die dreyfache Natur deß Wassers/ dann das Brunn-Wasser ist süß/ das Meer-Wasser saltzig/ und das jenige so in den Weyhern befindlich/ ist zwar nicht bitter/ iedoch eines nicht so gar unannehmlichen Geschmacks. Neben dem giebt er ihm auch das Hirten-Horn/ <note xml:id="n1437.3" place="right">Die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3135">Tritonen</persName>.</note> oder die Muschel/ dero sich die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3135">Tritonen</persName> bedienen: dann auch diese haben die Alten unter die Meer-Götter gezehlet/ und dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-528 http://d-nb.info/gnd/11952354X http://viaf.org/viaf/8199845">Neptunus</persName> zu Gefärten zugeeignet. Die Poeten dichten/ es seyen die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3135">Tritonen</persName> deß Meeres Trompeter; weil sie eine gedrähete Muschel führen/ wordurch sie ein erschreckliches Gethön von sich geben. Daher <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1891 http://d-nb.info/gnd/119437627 http://viaf.org/viaf/51684175">Hyginus</persName> erzehlt/ daß zu eben </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [TA 1680, Iconologia Deorum, S. 85/0151]
Von dem Neptunus.
DEm Neptunus ist unter seinen Brüdern durchs Los das Wasserreich zugefallen; dahero er der Gott deß Meers genennt worden. Diesen haben die Alten unterweilen mit einem freundlichen/ sanfftmütigen und gelinden/ unterweilen aber auch mit trüben und unfreundlichem Angesicht gebildet/ wie solch es beym Homerus und Virgilius zu lesen ist; weil das Meer augenblicklich sich zu verändern pfleget/ also daß es aus der Stillheit in eine Ungestümme/ und dargegen aus der Ungestümme/ in eine angenehme Stille/ ehe man sichs versiehet/ verändert wird. Eben diesem haben sie einen Dreyzanck in die Hände gegeben/ und ihn also in eine Muschel/ gleich als in einen Wagen/ gestellt/ welche von Meer-Pferden gezogen wird/ die unterhalb deß Leibs die Gestalt eines Fisches hatten. Man eignete ihme/ wie Phornutus sagt/ ein himmelblaues Gewand zu: weil dieses die Meer-Farb vorstellet. Lucianus bildet ihn im Opfern mit Himmelblau und schwartzen Haaren; wiewoln Servius sagt/ es seyen die Meer-Götter bey den Alten mit grauen Häuptern/ und gemeiniglich als alte Männer gemahlt worden. Dannenhero wann Philostratus unter denen Bildern den Glaucus (der auch ein Meer-Gott ist) beschreiben will/ sagt er von ihm/ er habe einen triefenden Bart/ und hange ihm das von Wasser zerstreuete Haar über die Achseln herab; die Augenbraunen seyen dick oder starck/ rauch und in einander verwirret/ Er hebe den Arm in die Höhe/ schlage darmit das Wasser von einander/ und schwimme also dahin: die Brust sey mit Meer-Graß und Haaren bewachsen; der Bauch werde allmählig dünne/ und von dannen enden sich die übrige Theile deß Leibs in einen Fisch/ also daß der Schwantz gerad und ausser dem Wasser empor gereckt zu sehen seye. Der Poet Ovidius führet den Glaucus im XIII. seiner Verwandlungs-Bücher also von sich selbst redend ein:
Neptunus. PLATTE H.
Seine Bildnus.
Glaucus. Pabula decerpsi, decerptaqve dente
momordi:
Vix benè combiberant ignotos gut-
tura succos,
Cum subito trepidare intus praecor-
dia sensi,
Alteriusqve rapi naturae pectus a-
more.
Nec potui restare diu, repetendaque
nunquam
Terra vale, dixi, corpusque sub aequo-
re mersi.
Hanc ego tum primum viridem
ferrugine barbam
Caesariemque meam, quam longa per
aequora verro,
Ingentesque humeros, & caerula bra-
chia vidi,
Cruraque pinnigero curvata novissi-
ma pisce.
Die Kräuter brach ich ab/ und brachte
sie in Mund/
allein es ware kaum gelanget in den
Schlund
der unbekannte Safft/ krafft dessen ich ver-
spühret
wie alles Eingeweid im Augenblick sich
rühret.
und wolte werden das/ was ich zuvor
nicht war/
und zwar in kurzer Zeit. Fahr/ sprach ich/
Erde! fahr/
gehab dich immer wol/ auf dich komm ich
nicht wieder/
wormit ich in das Meer geworffen meine
Glieder.
Da ist zum ersten mal mein dunkelblau-
er Bart/
mein klaffterlanges Haar/ die Schultern
grössern Art/
die Arm auch blauer Farb mir kommen zu
Gesichte/
und wie mein Unterleib der Flossen Dienst
verrichte.
Eben dieser Philostratus führet den Neptunus mit Pferden und Wallfischen im Meer gemächlich einhertrettend ein/ und giebt ihm einen Dreyzanck/ welcher/ wie einige wollen/ die drey Busen deß Mittelländischen Meers bedeuten solle. Andere deuten ihn auf die dreyfache Natur deß Wassers/ dann das Brunn-Wasser ist süß/ das Meer-Wasser saltzig/ und das jenige so in den Weyhern befindlich/ ist zwar nicht bitter/ iedoch eines nicht so gar unannehmlichen Geschmacks. Neben dem giebt er ihm auch das Hirten-Horn/ oder die Muschel/ dero sich die Tritonen bedienen: dann auch diese haben die Alten unter die Meer-Götter gezehlet/ und dem Neptunus zu Gefärten zugeeignet. Die Poeten dichten/ es seyen die Tritonen deß Meeres Trompeter; weil sie eine gedrähete Muschel führen/ wordurch sie ein erschreckliches Gethön von sich geben. Daher Hyginus erzehlt/ daß zu eben
Was deß Neptunus Dreyzanck bedeute.
Die Tritonen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/151 |
Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/151>, abgerufen am 22.02.2025. |