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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

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Erklärung/
über die
METAMORPHOSIS,
oder
Wandlungs-Bücher/
Des
Publius Ovidius Naso.
Vierzehendes Buch.
[Spaltenumbruch]

Ausleg- und lehrliche Deutung des Glaucus bey der Circe Raht suchend.DGlaucus/ von deme wir/ im vorhergehendem Buche/ geschieden/ sich auf die Reise zur Göttin/ oder vielmehr Zauberin Circe begeben/ und bey derselben sich Rahts erholet/ wie er seiner unkeuschen Lust in Liebe/ an der Scylla ein Gnügen thun möchte/ giebt zuerkennen/ die reitzende Kräffte der unsinnig-machenden Gemüts-Seuche/ welche ins gemein Liebe genennet wird. Wordurch der Mensch/ wenn er gar zu sehr damit übernommen ist/ sehr unruhig wird/ und weder Tugend/ Ehre/ noch guten Namen achtet/ sondern auch noch grossen Fleiß und Unkosten/ oder wol gar ungebürliche Mittel gebrauchet/ ein schön gläntzendes eiteles Nichts zu erlangen/ und sich endlich betrogen findet/ hertzlich drüber betrübt wird/ und sich schämt/ auch endlich/ wann er anders seinen Fehler erkennt/ über sich selbst zu klagen anfänget: Gestalt ein Frantzösischer Poet in einem Gedicht nachfolgendes Innhalts thut:

Gleichwie ein kleines Kind/ voll kinndi-
schem Verlangen

nach eitler Augen-lust/ herumlauft Gold
zu fangen:

Es treibt der falsche Glantz der Som-
mer-Vögelein

dasselb' im Garten um/ nach falschem
Goldes-schein/

das auf den Flügeln blinckt/ von Febus
guldnen Stralen/

rohtblaulecht/ und so schön/ als man es
könte mahlen:

so war der Jugendlauff/ auf vielen Irr-
thums-wegen/

den eiteln Lüsten nach/ mir eifrig ange-
legen.

Die ich beklage nun/ weil aus verblend-
ten Sinnen

ich viel zu fangen dacht' und lauter Reu-
beginnen/

[Spaltenumbruch] mit Schaamheit untermengt/ statt des
Gewins bekommen.

Nun dann des Himmels Güt' hat solche
Deck' entnommen

mir vom Gesichte hin/ zu sehn/ wie ich ge-
loffen

so thöricht/ weil mir ietzt die Seelen-Au-
gen offen.

Jetzt/ ob gleich ziemlich spät/ kan ich aus
selben lernen

mich von der Schnödigkeit der Welt-lust
zu entfernen.

denn was ist Wollust doch? Ein Spiel
voll Trug und Räncken/

Liecht- Würmer/ die nur Nachts/ uns
falsche Funcken schencken;

Ein brechliches Gefäß/ das endlich gie-
bet Scherben:

wie sehr es gleisst und gläntzt/ muß es
doch letzt verderben.

Unser Poet sagt/ daß/ als die Trojanische Schiffe diese zwo gefährliche Steinklippen vorbey gewesen/ und nun gemeint hätten/ an dem so hefftig verlangten Italien an zu länden/ sie ein gewaltiger Sturmwind bis in Libyen/ zu der Königin Dido, getrieben habe. Worbey dann zu mercken/ daß der Mensch niemals Fayer-Abend habe/ oder der Anfechtung befreyt sey/ so lange er/ in dieser unruhigen Welt/ mit den schwachen Schiffe seines Leibes/ Lehrliche Auslegung vom AEeas bey der Dido. die beschwerliche Seefahrt thut. Dann ob er gleich die schädliche Klippen des Zorns/ und der Unkeuschheit vorbey ist/ kan man doch/ dafern man nicht wol vorsichtig ist/ durch die Winde der unmässigen Begierden/ leichtlich in Libyen getrieben werden/ das ist/ in den Wollüsten dieser Welt sich verirren/ und durch des Sichäus Tochter / die Dido/ dem Reichthum dieser Welt/ auch alsdann darüber in der Juno Dienst/ das ist/ in ein hochmütig Wesen gerahten/ den Muht empor heben/ und den rechten Hafen der Ruhe zu suchen vergessen: Es sey dann/ daß man die Göttliche Vermahnung/

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Des
Publius Ovidius Naso.
Vierzehendes Buch.
[Spaltenumbruch]

Ausleg- und lehrliche Deutung des Glaucus bey der Circe Raht suchend.DGlaucus/ von deme wir/ im vorhergehendem Buche/ geschieden/ sich auf die Reise zur Göttin/ oder vielmehr Zauberin Circe begeben/ und bey derselben sich Rahts erholet/ wie er seiner unkeuschen Lust in Liebe/ an der Scylla ein Gnügen thun möchte/ giebt zuerkennen/ die reitzende Kräffte der unsinnig-machenden Gemüts-Seuche/ welche ins gemein Liebe genennet wird. Wordurch der Mensch/ wenn er gar zu sehr damit übernommen ist/ sehr unruhig wird/ und weder Tugend/ Ehre/ noch guten Namen achtet/ sondern auch noch grossen Fleiß und Unkosten/ oder wol gar ungebürliche Mittel gebrauchet/ ein schön gläntzendes eiteles Nichts zu erlangen/ und sich endlich betrogen findet/ hertzlich drüber betrübt wird/ und sich schämt/ auch endlich/ wann er anders seinen Fehler erkennt/ über sich selbst zu klagen anfänget: Gestalt ein Frantzösischer Poet in einem Gedicht nachfolgendes Innhalts thut:

Gleichwie ein kleines Kind/ voll kinndi-
schem Verlangen

nach eitler Augen-lust/ herumlauft Gold
zu fangen:

Es treibt der falsche Glantz der Som-
mer-Vögelein

dasselb’ im Garten um/ nach falschem
Goldes-schein/

das auf den Flügeln blinckt/ von Febus
guldnen Stralen/

rohtblaulecht/ und so schön/ als man es
könte mahlen:

so war der Jugendlauff/ auf vielen Irr-
thums-wegen/

den eiteln Lüsten nach/ mir eifrig ange-
legen.

Die ich beklage nun/ weil aus verblend-
ten Sinnen

ich viel zu fangen dacht’ und lauter Reu-
beginnen/

[Spaltenumbruch] mit Schaamheit untermengt/ statt des
Gewins bekommen.

Nun dann des Himmels Güt’ hat solche
Deck’ entnommen

mir vom Gesichte hin/ zu sehn/ wie ich ge-
loffen

so thöricht/ weil mir ietzt die Seelen-Au-
gen offen.

Jetzt/ ob gleich ziemlich spät/ kan ich aus
selben lernen

mich von der Schnödigkeit der Welt-lust
zu entfernen.

denn was ist Wollust doch? Ein Spiel
voll Trug und Räncken/

Liecht- Würmer/ die nur Nachts/ uns
falsche Funcken schencken;

Ein brechliches Gefäß/ das endlich gie-
bet Scherben:

wie sehr es gleisst und gläntzt/ muß es
doch letzt verderben.

Unser Poet sagt/ daß/ als die Trojanische Schiffe diese zwo gefährliche Steinklippen vorbey gewesen/ und nun gemeint hätten/ an dem so hefftig verlangten Italien an zu länden/ sie ein gewaltiger Sturmwind bis in Libyen/ zu der Königin Dido, getrieben habe. Worbey dann zu mercken/ daß der Mensch niemals Fayer-Abend habe/ oder der Anfechtung befreyt sey/ so lange er/ in dieser unruhigen Welt/ mit den schwachen Schiffe seines Leibes/ Lehrliche Auslegung vom AEeas bey der Dido. die beschwerliche Seefahrt thut. Dann ob er gleich die schädliche Klippen des Zorns/ und der Unkeuschheit vorbey ist/ kan man doch/ dafern man nicht wol vorsichtig ist/ durch die Winde der unmässigen Begierden/ leichtlich in Libyen getrieben werden/ das ist/ in den Wollüsten dieser Welt sich verirren/ und durch des Sichäus Tochter / die Dido/ dem Reichthum dieser Welt/ auch alsdann darüber in der Juno Dienst/ das ist/ in ein hochmütig Wesen gerahten/ den Muht empor heben/ und den rechten Hafen der Ruhe zu suchen vergessen: Es sey dann/ daß man die Göttliche Vermahnung/

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 152]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/328>, abgerufen am 21.11.2024.