Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,1. Nürnberg, 1679.[Spaltenumbruch] dem andern/ auch folgbarlich/ das Volle über dem Vollen/ und das Leere ober dem Leeren/ zu stehen komme. Die Zierligkeit nun wird sich hervor thun an der schönen Form/ und wenn das gantze Werck mit den Theilen/ ja/ die Theile unter sich selbst/ und diese mit dem ganzen Werk schiklich übereinstimmen/ zumal die Gebäue ein gantzer und wolgemachter Leib scheinen sollen/ an welchem ein Glied auf das ander folge/ und da alle Glieder zu dem/ was man thun wil/ von nöthen seyn. Wann nun diese Stucke so wol in der Zeichnung/ als dem Model recht erwogen worden; mus man auf das fleißigste die Unkosten/ so darauf gehen möchten/ überschlagen/ zu rechter Zeit Geld schaffen/ und die erforderende Materialien in Bereitschafft halten/ damit bey Fortsetzung des Baues nichts abgehen/ und vielleicht des Werckes Vollständigkeit verhindert werden möge/ sintemal dem Bau-Herrn es nicht zu geringem Lob/ und des Baues ungemeinem Nutzen gereichet/ wann es mit schuldiger Beschleinigung zu Ende gebracht wird/ und alle Mauren fein gleich und gerad aufgeführet/ mit einander sich setzen/ und keine solche Ritzen/ wie an denen Gebäuen/ so zu verschiedenen Zeiten/ und gantz ungleich aufgeführet worden/ zu geschehen pfleget/ bekommen mögen. Dahero wann nun die erfahrenste Baumeister/ so man haben kan/ bestellet/ damit das Werck auf das Beste/ nach ihrem Rath und Gutachten geleitet und angeordnet werde; muß man sich mit Holtz/ Steinen/ Sand/ Kalch und allerhand Metall versehen: Mit deren Herbeyschaffung auch ein und anders wird zu beobachten seyn/ als das Tramwerck auf dem Boden eines Saals/ oder Stuben zu machen/ müssen so viel Balcken geschafft werden/ damit/ wann solche aufgelegt/ immer einer von dem andern anderthalb Balcken breit stehen möge:[Spaltenumbruch] Gleichmässiges ist auch bey den Steinen zu mercken/ daß die/ so zu den Thür- und Fenster-Schwellen gebraucht werden/ nicht dicker/ als den fünfften/ auch nicht weniger/ als den sechsten Theil seyn sollen/ als die Breite des Liechts mit sich bringet. Dafern bey dem Bau einige Zieraden an den Seulen oder Pfeilern sollen gemacht werden/ kan man den Fuß/ den Krantz und den Haupt-Balcken von harten/ das übrige aber von gebachenen Steinen verfertigen. Bey dem Gemäuer hat man gleichfalls zu betrachten/ daß solches gleichsam im Aufführen sich verliere: Welche Anmerckungen zu einer richtigen Rechnung dienen/ und die Unkosten grossen theils abschneiden. Und weil wir an seinem Ort von allen diesen Theilen auch das geringste melden wollen/ so mag vor diesesmal gnug seyn/ daß wir diese allgemeine Erkändtnüs und Wissenschafft hervorgegeben/ und gleichsam den Haupt-grund alles Gebäues geleget haben. Dieweil aber/ nebenst der Anzahl/ auch die Eigenschafft und Güte der Materi zubeobachten/ damit man das Beste erwehlen möge; so ist sehr dienlich hierzu die Erfahrung/ und wie andere gebauet haben/ nach deren Bericht wir gar leichlich dasjenige/ so uns anständig und notwendig seyn möchte/ werden abnehmen können. Und ob wol unterschiedliche berühmte Scribenten diejenigen Anmerckungen/ welche bey Erwehlung der Materialien zu beobachten/ an Tag gegeben/ so wollen wir nichts destoweniger/ damit in diesen Buch nicht einiger Mangel erscheinen möge/ von etlichen/ und zwar den Notwendigsten einige Meldung mit beyfügen. Das II. Capittel. [Spaltenumbruch]
Vom Holtzwerck. DAs Holtzwerck (wie Vitruvius in seinem 2. Buch am 9. Cap. setzet) soll spat im Herbst/ und den gantzen Winter durch/ wann der Mond am aller schwächsten/ gefället werden/ dann zur selben Zeit/ bekommen die Bäume aus ihren Wurtzeln den Safft und die Dicke wieder/ welche im Frühling und Sommer/ durch das Laub und Früchte/ ihnen entzogen werden. Es soll auch solches Fällen verstandener massen geschehen/ im Abnehmen des Monds; dieweil diejenige Feuchtigkeit/ so das Holtz verderbet/ als dann schon vergangen ist/ und dahero nachgehends von den Holtzwürmern und Schaben nicht versehret werden kan; Mann soll es allein auch hauen/ bis auf die Mitte des Marcks/ und also stehen lassen/ bis es trucken werde damit/ wann es tropfe/ alsdann die Feuchtigkeit/ welche der Faulung verursachet/ heraus komme. Wann es gehauen/ soll man solches an Ort und Ende hin thun/ wo weder die Sonne gar zu starck hin scheine/ noch die[Spaltenumbruch] rauhen Winde und der Regen darzu kommen mögen: absonderlich aber zum Dachstuhl aufheben und gebrauchen dasjenige Holtz/ so von sich selbsten wächst/ und nicht gepflantzet wird. Und damit solches nicht zerlechze/ sondern fein gleich dürr werde/ soll man es mit Küh-oder Ochsen-Koht überschmieren. Mann soll es auch nicht fällen früh bey dem Thau/ sondern/ Nachmittag/ weniger daran arbeiten/ wann es vom Thau benätzet/ oder gar zu dürr wäre: Dann solche Höltzer werden gar bald verderbt/ und keine gute Arbeit aus ihnen gemacht. Und unter drey Jahren werden sie auch nicht dürr gnug/ das sie zu Balcken/ Thüren und Fenstern mögen gebraucht werden. Diejenige Herren/ welche wollen bauen lassen/ müssen vorhero von den Erfahrnen guten Bericht einziehen/ was jedes Holtz für eine Art und Eigenschafft habe/ und zu was dieses oder jenes gut und nicht gut sey. Vitruvius giebt/ an gemeldtem Ort/ gute Anleitung; ingleichen auch andere gelehrte Leute/ so hiervon überflüssig geschrieben. [Spaltenumbruch] dem andern/ auch folgbarlich/ das Volle über dem Vollen/ und das Leere ober dem Leeren/ zu stehen komme. Die Zierligkeit nun wird sich hervor thun an der schönen Form/ und wenn das gantze Werck mit den Theilen/ ja/ die Theile unter sich selbst/ und diese mit dem ganzen Werk schiklich übereinstimmen/ zumal die Gebäue ein gantzer und wolgemachter Leib scheinen sollen/ an welchem ein Glied auf das ander folge/ und da alle Glieder zu dem/ was man thun wil/ von nöthen seyn. Wann nun diese Stucke so wol in der Zeichnung/ als dem Model recht erwogen worden; mus man auf das fleißigste die Unkosten/ so darauf gehen möchten/ überschlagen/ zu rechter Zeit Geld schaffen/ und die erforderende Materialien in Bereitschafft halten/ damit bey Fortsetzung des Baues nichts abgehen/ und vielleicht des Werckes Vollständigkeit verhindert werden möge/ sintemal dem Bau-Herrn es nicht zu geringem Lob/ und des Baues ungemeinem Nutzen gereichet/ wann es mit schuldiger Beschleinigung zu Ende gebracht wird/ und alle Mauren fein gleich und gerad aufgeführet/ mit einander sich setzen/ und keine solche Ritzen/ wie an denen Gebäuen/ so zu verschiedenen Zeiten/ und gantz ungleich aufgeführet worden/ zu geschehen pfleget/ bekommen mögen. Dahero wann nun die erfahrenste Baumeister/ so man haben kan/ bestellet/ damit das Werck auf das Beste/ nach ihrem Rath und Gutachten geleitet und angeordnet werde; muß man sich mit Holtz/ Steinen/ Sand/ Kalch und allerhand Metall versehen: Mit deren Herbeyschaffung auch ein und anders wird zu beobachten seyn/ als das Tramwerck auf dem Boden eines Saals/ oder Stuben zu machen/ müssen so viel Balcken geschafft werden/ damit/ wann solche aufgelegt/ immer einer von dem andern anderthalb Balcken breit stehen möge:[Spaltenumbruch] Gleichmässiges ist auch bey den Steinen zu mercken/ daß die/ so zu den Thür- und Fenster-Schwellen gebraucht werden/ nicht dicker/ als den fünfften/ auch nicht weniger/ als den sechsten Theil seyn sollen/ als die Breite des Liechts mit sich bringet. Dafern bey dem Bau einige Zieraden an den Seulen oder Pfeilern sollen gemacht werden/ kan man den Fuß/ den Krantz und den Haupt-Balcken von harten/ das übrige aber von gebachenen Steinen verfertigen. Bey dem Gemäuer hat man gleichfalls zu betrachten/ daß solches gleichsam im Aufführen sich verliere: Welche Anmerckungen zu einer richtigen Rechnung dienen/ und die Unkosten grossen theils abschneiden. Und weil wir an seinem Ort von allen diesen Theilen auch das geringste melden wollen/ so mag vor diesesmal gnug seyn/ daß wir diese allgemeine Erkändtnüs und Wissenschafft hervorgegeben/ und gleichsam den Haupt-grund alles Gebäues geleget haben. Dieweil aber/ nebenst der Anzahl/ auch die Eigenschafft und Güte der Materi zubeobachten/ damit man das Beste erwehlen möge; so ist sehr dienlich hierzu die Erfahrung/ und wie andere gebauet haben/ nach deren Bericht wir gar leichlich dasjenige/ so uns anständig und notwendig seyn möchte/ werden abnehmen können. Und ob wol unterschiedliche berühmte Scribenten diejenigen Anmerckungen/ welche bey Erwehlung der Materialien zu beobachten/ an Tag gegeben/ so wollen wir nichts destoweniger/ damit in diesen Buch nicht einiger Mangel erscheinen möge/ von etlichen/ und zwar den Notwendigsten einige Meldung mit beyfügen. Das II. Capittel. [Spaltenumbruch]
Vom Holtzwerck. DAs Holtzwerck (wie Vitruvius in seinem 2. Buch am 9. Cap. setzet) soll spat im Herbst/ und den gantzen Winter durch/ wann der Mond am aller schwächsten/ gefället werden/ dann zur selben Zeit/ bekommen die Bäume aus ihren Wurtzeln den Safft und die Dicke wieder/ welche im Frühling und Sommer/ durch das Laub und Früchte/ ihnen entzogen werden. Es soll auch solches Fällen verstandener massen geschehen/ im Abnehmen des Monds; dieweil diejenige Feuchtigkeit/ so das Holtz verderbet/ als dann schon vergangen ist/ und dahero nachgehends von den Holtzwürmern und Schaben nicht versehret werden kan; Mann soll es allein auch hauen/ bis auf die Mitte des Marcks/ und also stehen lassen/ bis es trucken werde damit/ wann es tropfe/ alsdann die Feuchtigkeit/ welche der Faulung verursachet/ heraus komme. Wann es gehauen/ soll man solches an Ort und Ende hin thun/ wo weder die Sonne gar zu starck hin scheine/ noch die[Spaltenumbruch] rauhen Winde und der Regen darzu kommen mögen: absonderlich aber zum Dachstuhl aufheben und gebrauchen dasjenige Holtz/ so von sich selbsten wächst/ und nicht gepflantzet wird. Und damit solches nicht zerlechze/ sondern fein gleich dürr werde/ soll man es mit Küh-oder Ochsen-Koht überschmieren. Mann soll es auch nicht fällen früh bey dem Thau/ sondern/ Nachmittag/ weniger daran arbeiten/ wann es vom Thau benätzet/ oder gar zu dürr wäre: Dann solche Höltzer werden gar bald verderbt/ und keine gute Arbeit aus ihnen gemacht. Und unter drey Jahren werden sie auch nicht dürr gnug/ das sie zu Balcken/ Thüren und Fenstern mögen gebraucht werden. Diejenige Herren/ welche wollen bauen lassen/ müssen vorhero von den Erfahrnen guten Bericht einziehen/ was jedes Holtz für eine Art und Eigenschafft habe/ und zu was dieses oder jenes gut und nicht gut sey. 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Dahero wann nun die erfahrenste Baumeister/ so man haben kan/ bestellet/ damit das Werck auf das Beste/ nach ihrem Rath und Gutachten geleitet und angeordnet werde; muß man sich mit Holtz/ Steinen/ Sand/ Kalch und allerhand Metall versehen: Mit deren Herbeyschaffung auch ein und anders wird zu beobachten seyn/ als das Tramwerck auf dem Boden eines Saals/ oder Stuben zu machen/ müssen so viel Balcken geschafft werden/ damit/ wann solche aufgelegt/ immer einer von dem andern anderthalb Balcken breit stehen möge:<cb/> Gleichmässiges ist auch bey den Steinen zu mercken/ daß die/ so zu den Thür- und Fenster-Schwellen gebraucht werden/ nicht dicker/ als den fünfften/ auch nicht weniger/ als den sechsten Theil seyn sollen/ als die Breite des Liechts mit sich bringet.</p> <p>Dafern bey dem Bau einige Zieraden an den Seulen oder Pfeilern sollen gemacht werden/ kan man den Fuß/ den Krantz und den Haupt-Balcken von harten/ das übrige aber von gebachenen Steinen verfertigen. Bey dem Gemäuer hat man gleichfalls zu betrachten/ daß solches gleichsam im Aufführen sich verliere: Welche Anmerckungen zu einer richtigen Rechnung dienen/ und die Unkosten grossen theils abschneiden. Und weil wir an seinem Ort von allen diesen Theilen auch das geringste melden wollen/ so mag vor diesesmal gnug seyn/ daß wir diese allgemeine Erkändtnüs und Wissenschafft hervorgegeben/ und gleichsam den Haupt-grund alles Gebäues geleget haben.</p> <p>Dieweil aber/ nebenst der Anzahl/ auch die Eigenschafft und Güte der Materi zubeobachten/ damit man das Beste erwehlen möge; so ist sehr dienlich hierzu die Erfahrung/ und wie andere gebauet haben/ nach deren Bericht wir gar leichlich dasjenige/ so uns anständig und notwendig seyn möchte/ werden abnehmen können. 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Es soll auch solches Fällen verstandener massen geschehen/ im Abnehmen des Monds; dieweil diejenige Feuchtigkeit/ so das Holtz verderbet/ als dann schon vergangen ist/ und dahero nachgehends von den Holtzwürmern und Schaben nicht versehret werden kan; Mann soll es allein auch hauen/ bis auf die Mitte des Marcks/ und also stehen lassen/ bis es trucken werde damit/ wann es tropfe/ alsdann die Feuchtigkeit/ welche der Faulung verursachet/ heraus komme. Wann es gehauen/ soll man solches an Ort und Ende hin thun/ wo weder die Sonne gar zu starck hin scheine/ noch die<cb/> rauhen Winde und der Regen darzu kommen mögen: absonderlich aber zum Dachstuhl aufheben und gebrauchen dasjenige Holtz/ so von sich selbsten wächst/ und nicht gepflantzet wird. Und damit solches nicht zerlechze/ sondern fein gleich dürr werde/ soll man es mit Küh-oder Ochsen-Koht überschmieren. Mann soll es auch nicht fällen früh bey dem Thau/ sondern/ Nachmittag/ weniger daran arbeiten/ wann es vom Thau benätzet/ oder gar zu dürr wäre: Dann solche Höltzer werden gar bald verderbt/ und keine gute Arbeit aus ihnen gemacht. Und unter drey Jahren werden sie auch nicht dürr gnug/ das sie zu Balcken/ Thüren und Fenstern mögen gebraucht werden. Diejenige Herren/ welche wollen bauen lassen/ müssen vorhero von den Erfahrnen guten Bericht einziehen/ was jedes Holtz für eine Art und Eigenschafft habe/ und zu was dieses oder jenes gut und nicht gut sey. <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-317 http://d-nb.info/gnd/118627252 http://viaf.org/viaf/46768430">Vitruvius</persName></hi> giebt/ an gemeldtem Ort/ gute Anleitung; ingleichen auch andere gelehrte Leute/ so hiervon überflüssig geschrieben.</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[I (Architektur), S. 4]/0201]
dem andern/ auch folgbarlich/ das Volle über dem Vollen/ und das Leere ober dem Leeren/ zu stehen komme. Die Zierligkeit nun wird sich hervor thun an der schönen Form/ und wenn das gantze Werck mit den Theilen/ ja/ die Theile unter sich selbst/ und diese mit dem ganzen Werk schiklich übereinstimmen/ zumal die Gebäue ein gantzer und wolgemachter Leib scheinen sollen/ an welchem ein Glied auf das ander folge/ und da alle Glieder zu dem/ was man thun wil/ von nöthen seyn. Wann nun diese Stucke so wol in der Zeichnung/ als dem Model recht erwogen worden; mus man auf das fleißigste die Unkosten/ so darauf gehen möchten/ überschlagen/ zu rechter Zeit Geld schaffen/ und die erforderende Materialien in Bereitschafft halten/ damit bey Fortsetzung des Baues nichts abgehen/ und vielleicht des Werckes Vollständigkeit verhindert werden möge/ sintemal dem Bau-Herrn es nicht zu geringem Lob/ und des Baues ungemeinem Nutzen gereichet/ wann es mit schuldiger Beschleinigung zu Ende gebracht wird/ und alle Mauren fein gleich und gerad aufgeführet/ mit einander sich setzen/ und keine solche Ritzen/ wie an denen Gebäuen/ so zu verschiedenen Zeiten/ und gantz ungleich aufgeführet worden/ zu geschehen pfleget/ bekommen mögen. Dahero wann nun die erfahrenste Baumeister/ so man haben kan/ bestellet/ damit das Werck auf das Beste/ nach ihrem Rath und Gutachten geleitet und angeordnet werde; muß man sich mit Holtz/ Steinen/ Sand/ Kalch und allerhand Metall versehen: Mit deren Herbeyschaffung auch ein und anders wird zu beobachten seyn/ als das Tramwerck auf dem Boden eines Saals/ oder Stuben zu machen/ müssen so viel Balcken geschafft werden/ damit/ wann solche aufgelegt/ immer einer von dem andern anderthalb Balcken breit stehen möge:
Gleichmässiges ist auch bey den Steinen zu mercken/ daß die/ so zu den Thür- und Fenster-Schwellen gebraucht werden/ nicht dicker/ als den fünfften/ auch nicht weniger/ als den sechsten Theil seyn sollen/ als die Breite des Liechts mit sich bringet.
Dafern bey dem Bau einige Zieraden an den Seulen oder Pfeilern sollen gemacht werden/ kan man den Fuß/ den Krantz und den Haupt-Balcken von harten/ das übrige aber von gebachenen Steinen verfertigen. Bey dem Gemäuer hat man gleichfalls zu betrachten/ daß solches gleichsam im Aufführen sich verliere: Welche Anmerckungen zu einer richtigen Rechnung dienen/ und die Unkosten grossen theils abschneiden. Und weil wir an seinem Ort von allen diesen Theilen auch das geringste melden wollen/ so mag vor diesesmal gnug seyn/ daß wir diese allgemeine Erkändtnüs und Wissenschafft hervorgegeben/ und gleichsam den Haupt-grund alles Gebäues geleget haben.
Dieweil aber/ nebenst der Anzahl/ auch die Eigenschafft und Güte der Materi zubeobachten/ damit man das Beste erwehlen möge; so ist sehr dienlich hierzu die Erfahrung/ und wie andere gebauet haben/ nach deren Bericht wir gar leichlich dasjenige/ so uns anständig und notwendig seyn möchte/ werden abnehmen können. Und ob wol unterschiedliche berühmte Scribenten diejenigen Anmerckungen/ welche bey Erwehlung der Materialien zu beobachten/ an Tag gegeben/ so wollen wir nichts destoweniger/ damit in diesen Buch nicht einiger Mangel erscheinen möge/ von etlichen/ und zwar den Notwendigsten einige Meldung mit beyfügen.
Das II. Capittel.
Vom Holtzwerck.
DAs Holtzwerck (wie Vitruvius in seinem 2. Buch am 9. Cap. setzet) soll spat im Herbst/ und den gantzen Winter durch/ wann der Mond am aller schwächsten/ gefället werden/ dann zur selben Zeit/ bekommen die Bäume aus ihren Wurtzeln den Safft und die Dicke wieder/ welche im Frühling und Sommer/ durch das Laub und Früchte/ ihnen entzogen werden. Es soll auch solches Fällen verstandener massen geschehen/ im Abnehmen des Monds; dieweil diejenige Feuchtigkeit/ so das Holtz verderbet/ als dann schon vergangen ist/ und dahero nachgehends von den Holtzwürmern und Schaben nicht versehret werden kan; Mann soll es allein auch hauen/ bis auf die Mitte des Marcks/ und also stehen lassen/ bis es trucken werde damit/ wann es tropfe/ alsdann die Feuchtigkeit/ welche der Faulung verursachet/ heraus komme. Wann es gehauen/ soll man solches an Ort und Ende hin thun/ wo weder die Sonne gar zu starck hin scheine/ noch die
rauhen Winde und der Regen darzu kommen mögen: absonderlich aber zum Dachstuhl aufheben und gebrauchen dasjenige Holtz/ so von sich selbsten wächst/ und nicht gepflantzet wird. Und damit solches nicht zerlechze/ sondern fein gleich dürr werde/ soll man es mit Küh-oder Ochsen-Koht überschmieren. Mann soll es auch nicht fällen früh bey dem Thau/ sondern/ Nachmittag/ weniger daran arbeiten/ wann es vom Thau benätzet/ oder gar zu dürr wäre: Dann solche Höltzer werden gar bald verderbt/ und keine gute Arbeit aus ihnen gemacht. Und unter drey Jahren werden sie auch nicht dürr gnug/ das sie zu Balcken/ Thüren und Fenstern mögen gebraucht werden. Diejenige Herren/ welche wollen bauen lassen/ müssen vorhero von den Erfahrnen guten Bericht einziehen/ was jedes Holtz für eine Art und Eigenschafft habe/ und zu was dieses oder jenes gut und nicht gut sey. Vitruvius giebt/ an gemeldtem Ort/ gute Anleitung; ingleichen auch andere gelehrte Leute/ so hiervon überflüssig geschrieben.
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Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,1. Nürnberg, 1679, S. [I (Architektur), S. 4]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0201_1679/201>, abgerufen am 03.03.2025. |