Der Teutschen Academie/ Zweyten Theils/ Erstes Buch/
Von Der ur-alt-berühmten Egyptischen/ Griechischen und Römischen Ersten Kunst-Mahlere Leben und Lob.
Vorrede.
[Spaltenumbruch]
IN den meisten und ältesten Scribenten findet man durchgehends diese Meinung/ daß die ädle Bildhauerey und Mahl-Kunst anfänglich von den Egyptern solle erdacht und erfunden worden seyn: Wiewol auch andere sind/ welche die Aushauung/ oder die Ausarbeitung des Marmors/ auch die Aufstellung der Statuen/ den Chaldeern/ wie auch die Colorirung der Gemälde und Führung des Pinsels/ den Griechen/ als Erfindern/ heimschreiben.
Damit man aber recht aus dem Grund von Der erste Erfinder der Bildhau- und Mahlerey-Kunst/ ist GOtt/ der Schöpfer aller Dinge. der Sache rede/ so ist der ur-erste Erfinder/ wie alles Guten/ also auch dieser Künste/ der Allerhöchste GOtt und Schöpfer Himmels und der Erden. Dieser grosser Bau- und Erz-Meister aller Dinge/ hat erstlich/ durch sein Wort und Geist/ das Liecht hervorgebracht/ und damit die finstere Tieffe des ungeformten Chaos beleuchtet. Nach diesem hat er den erschaffenen Himmel mit hellgläntzenden Liechtern/ und die Erde mit tausendfärbigen Baum-[Spaltenumbruch]
Blüten/ Kräutern und Blumen/ gezieret/ auch alles in Liecht und Schatten/ zur allerschönsten Vollkommenheit/ eingerichtet/ und Die Erde das erste vollkommenste Gemälde. an der Erde/ durch Erhöh- und Vertieffung der Berge und Thäler/ den herrlichsten Bau vorgestellet/ und also eine vollkommene Zeichnung und Mahlerey in die Natur geleget.
Nachdem er hierauf die Thiere in tausenderley Arten hervorkommen lassen/ hat er Der Mensch die erste und bäste Statua. endlich den Menschen/ die erste und allerfürtrefflichste Statue, aus einem Erd-Klosse/ plasmiret und gebildet/ und dardurch ein gewisses und unfehlbares model, Idea und exemplar der Bildhauerey aufgestellet. Er hat/ indem er dieses Wunder-Bild aus unformlichem schlechtem Stoff gestaltet/ damit den Weg und die Manier zeigen wollen/ wie man das untüchtige und geringe empor und zu Nutzen/ auch durch Zusatz und Erhebung zur perfection und Vollkommenheit/ bringen möge. Hiernächst hat er auch/ dieses sein Meister-Stuck/ mit schönster lebhaffter Farbe coloriret und vermahlet; welcher sein Kunst-Pinsel nun allen Mahlern die Hand führet/ und sie durch die Augen zum Nachsinnen fähig
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Der Teutschen Academie/ Zweyten Theils/ Erstes Buch/
Von Der ur-alt-berühmten Egyptischen/ Griechischen und Römischen Ersten Kunst-Mahlere Leben und Lob.
Vorrede.
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IN den meisten und ältesten Scribenten findet man durchgehends diese Meinung/ daß die ädle Bildhauerey und Mahl-Kunst anfänglich von den Egyptern solle erdacht und erfunden worden seyn: Wiewol auch andere sind/ welche die Aushauung/ oder die Ausarbeitung des Marmors/ auch die Aufstellung der Statuen/ den Chaldeern/ wie auch die Colorirung der Gemälde und Führung des Pinsels/ den Griechen/ als Erfindern/ heimschreiben.
Damit man aber recht aus dem Grund von Der erste Erfinder der Bildhau- und Mahlerey-Kunst/ ist GOtt/ der Schöpfer aller Dinge. der Sache rede/ so ist der ur-erste Erfinder/ wie alles Guten/ also auch dieser Künste/ der Allerhöchste GOtt und Schöpfer Himmels und der Erden. Dieser grosser Bau- und Erz-Meister aller Dinge/ hat erstlich/ durch sein Wort und Geist/ das Liecht hervorgebracht/ und damit die finstere Tieffe des ungeformten Chaos beleuchtet. Nach diesem hat er den erschaffenen Himmel mit hellgläntzenden Liechtern/ und die Erde mit tausendfärbigen Baum-[Spaltenumbruch]
Blüten/ Kräutern und Blumen/ gezieret/ auch alles in Liecht und Schatten/ zur allerschönsten Vollkommenheit/ eingerichtet/ und Die Erde das erste vollkommenste Gemälde. an der Erde/ durch Erhöh- und Vertieffung der Berge und Thäler/ den herrlichsten Bau vorgestellet/ und also eine vollkommene Zeichnung und Mahlerey in die Natur geleget.
Nachdem er hierauf die Thiere in tausenderley Arten hervorkommen lassen/ hat er Der Mensch die erste und bäste Statua. endlich den Menschen/ die erste und allerfürtrefflichste Statue, aus einem Erd-Klosse/ plasmiret und gebildet/ und dardurch ein gewisses und unfehlbares modél, Idea und exemplar der Bildhauerey aufgestellet. Er hat/ indem er dieses Wunder-Bild aus unformlichem schlechtem Stoff gestaltet/ damit den Weg und die Manier zeigen wollen/ wie man das untüchtige und geringe empor und zu Nutzen/ auch durch Zusatz und Erhebung zur perfection und Vollkommenheit/ bringen möge. Hiernächst hat er auch/ dieses sein Meister-Stuck/ mit schönster lebhaffter Farbe coloriret und vermahlet; welcher sein Kunst-Pinsel nun allen Mahlern die Hand führet/ und sie durch die Augen zum Nachsinnen fähig
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[[II, Vorrede, S. 1]/0003]
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Der
Teutschen Academie/
Zweyten Theils/
Erstes Buch/
Von
Der ur-alt-berühmten
Egyptischen/ Griechischen und Römischen
Ersten Kunst-Mahlere
Leben und Lob.
Vorrede.
IN den meisten und ältesten Scribenten findet man durchgehends diese Meinung/ daß die ädle Bildhauerey und Mahl-Kunst anfänglich von den Egyptern solle erdacht und erfunden worden seyn: Wiewol auch andere sind/ welche die Aushauung/ oder die Ausarbeitung des Marmors/ auch die Aufstellung der Statuen/ den Chaldeern/ wie auch die Colorirung der Gemälde und Führung des Pinsels/ den Griechen/ als Erfindern/ heimschreiben.
Damit man aber recht aus dem Grund von der Sache rede/ so ist der ur-erste Erfinder/ wie alles Guten/ also auch dieser Künste/ der Allerhöchste GOtt und Schöpfer Himmels und der Erden. Dieser grosser Bau- und Erz-Meister aller Dinge/ hat erstlich/ durch sein Wort und Geist/ das Liecht hervorgebracht/ und damit die finstere Tieffe des ungeformten Chaos beleuchtet. Nach diesem hat er den erschaffenen Himmel mit hellgläntzenden Liechtern/ und die Erde mit tausendfärbigen Baum-
Blüten/ Kräutern und Blumen/ gezieret/ auch alles in Liecht und Schatten/ zur allerschönsten Vollkommenheit/ eingerichtet/ und an der Erde/ durch Erhöh- und Vertieffung der Berge und Thäler/ den herrlichsten Bau vorgestellet/ und also eine vollkommene Zeichnung und Mahlerey in die Natur geleget.
Der erste Erfinder der Bildhau- und Mahlerey-Kunst/ ist GOtt/ der Schöpfer aller Dinge.
Die Erde das erste vollkommenste Gemälde. Nachdem er hierauf die Thiere in tausenderley Arten hervorkommen lassen/ hat er endlich den Menschen/ die erste und allerfürtrefflichste Statue, aus einem Erd-Klosse/ plasmiret und gebildet/ und dardurch ein gewisses und unfehlbares modél, Idea und exemplar der Bildhauerey aufgestellet. Er hat/ indem er dieses Wunder-Bild aus unformlichem schlechtem Stoff gestaltet/ damit den Weg und die Manier zeigen wollen/ wie man das untüchtige und geringe empor und zu Nutzen/ auch durch Zusatz und Erhebung zur perfection und Vollkommenheit/ bringen möge. Hiernächst hat er auch/ dieses sein Meister-Stuck/ mit schönster lebhaffter Farbe coloriret und vermahlet; welcher sein Kunst-Pinsel nun allen Mahlern die Hand führet/ und sie durch die Augen zum Nachsinnen fähig
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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675, S. [II, Vorrede, S. 1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675/3>, abgerufen am 21.02.2025.
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