seinen Stuhl in der protestantischen Kirche. Er wohnt zur Miethe, und hat ein schönes Haus inne, das ein Kaufmann gebaut hat.
Die Theisse war weiter hinunter ausgetreten, und hatte grossen Schaden gethan.
Nach Tische bekam ich einen Besuch von Hrn. Sub- rektor, und machte einen beim Hrn. Rektor. -- Sie sind auch mit neuen Vorschlägen und Verbesserungen sehr gebunden, stehen unter Senatoren, die nichts verstehen etc.
Hr. von Windisch, der auch Senator ist, ward zum Abendessen bei Hrn. Löwe gebeten. Ein Mann, den man als autodidaktos ansehen muß, und der in seiner Jugend eigentlich nicht studirt hat.
Ein Kaiserlicher Hoskammerrath hier, Kempele, hat eine Moschine erfunden, die von sich selber Schach spielt. Der Kaiser hat ihm erlaubt, damit auf Reisen zu gehen, er hat Addressen an die Königinnen von Frankreich, Neapel etc. und ist mit seiner ganzen Fa- milie auf diese Reise gegangen.
Man lebt hier viel besser, als in Wien. Das Getümmel auf den Strassen ist bei weitem so gros nicht, man ißt zur rechten Zeit, man steht früh auf.
Bemerkungen.
Gewaltig viele Märkte sind in Ungarn: in Tyr- nau achtmahl im Jahr, in Presburg siebenmahl 3. Tage, in Pest, das der Hauptort ist, viere, in De- brezin auch viere im Jahr. -- Das ernährt die Faul- heit, und das Fressen und Saufen der Ungarn.
Den
ſeinen Stuhl in der proteſtantiſchen Kirche. Er wohnt zur Miethe, und hat ein ſchoͤnes Haus inne, das ein Kaufmann gebaut hat.
Die Theiſſe war weiter hinunter ausgetreten, und hatte groſſen Schaden gethan.
Nach Tiſche bekam ich einen Beſuch von Hrn. Sub- rektor, und machte einen beim Hrn. Rektor. — Sie ſind auch mit neuen Vorſchlaͤgen und Verbeſſerungen ſehr gebunden, ſtehen unter Senatoren, die nichts verſtehen ꝛc.
Hr. von Windiſch, der auch Senator iſt, ward zum Abendeſſen bei Hrn. Loͤwe gebeten. Ein Mann, den man als αυτοδιδακτος anſehen muß, und der in ſeiner Jugend eigentlich nicht ſtudirt hat.
Ein Kaiſerlicher Hoſkammerrath hier, Kempele, hat eine Moſchine erfunden, die von ſich ſelber Schach ſpielt. Der Kaiſer hat ihm erlaubt, damit auf Reiſen zu gehen, er hat Addreſſen an die Koͤniginnen von Frankreich, Neapel ꝛc. und iſt mit ſeiner ganzen Fa- milie auf dieſe Reiſe gegangen.
Man lebt hier viel beſſer, als in Wien. Das Getuͤmmel auf den Straſſen iſt bei weitem ſo gros nicht, man ißt zur rechten Zeit, man ſteht fruͤh auf.
Bemerkungen.
Gewaltig viele Maͤrkte ſind in Ungarn: in Tyr- nau achtmahl im Jahr, in Presburg ſiebenmahl 3. Tage, in Peſt, das der Hauptort iſt, viere, in De- brezin auch viere im Jahr. — Das ernaͤhrt die Faul- heit, und das Freſſen und Saufen der Ungarn.
Den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0596"n="558"/>ſeinen Stuhl in der proteſtantiſchen Kirche. Er wohnt<lb/>
zur Miethe, und hat ein ſchoͤnes Haus inne, das ein<lb/>
Kaufmann gebaut hat.</p><lb/><p>Die <hirendition="#fr">Theiſſe</hi> war weiter hinunter ausgetreten, und<lb/>
hatte groſſen Schaden gethan.</p><lb/><p>Nach Tiſche bekam ich einen Beſuch von Hrn. Sub-<lb/>
rektor, und machte einen beim Hrn. Rektor. — Sie<lb/>ſind auch mit neuen Vorſchlaͤgen und Verbeſſerungen ſehr<lb/>
gebunden, ſtehen unter Senatoren, die nichts verſtehen ꝛc.</p><lb/><p>Hr. <hirendition="#fr">von Windiſch,</hi> der auch Senator iſt, ward<lb/>
zum Abendeſſen bei Hrn. <hirendition="#fr">Loͤwe</hi> gebeten. Ein Mann,<lb/>
den man als αυτοδιδακτος anſehen muß, und der in<lb/>ſeiner Jugend eigentlich nicht ſtudirt hat.</p><lb/><p>Ein Kaiſerlicher Hoſkammerrath hier, <hirendition="#fr">Kempele,</hi><lb/>
hat eine Moſchine erfunden, die von ſich ſelber Schach<lb/>ſpielt. Der Kaiſer hat ihm erlaubt, damit auf Reiſen<lb/>
zu gehen, er hat Addreſſen an die Koͤniginnen von<lb/><hirendition="#fr">Frankreich, Neapel</hi>ꝛc. und iſt mit ſeiner ganzen Fa-<lb/>
milie auf dieſe Reiſe gegangen.</p><lb/><p>Man lebt hier viel beſſer, als in <hirendition="#fr">Wien.</hi> Das<lb/>
Getuͤmmel auf den Straſſen iſt bei weitem ſo gros nicht,<lb/>
man ißt zur rechten Zeit, man ſteht fruͤh auf.</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#fr"><hirendition="#g">Bemerkungen</hi>.</hi></head><lb/><p>Gewaltig viele <hirendition="#fr">Maͤrkte</hi>ſind in <hirendition="#fr">Ungarn:</hi> in <hirendition="#fr">Tyr-<lb/>
nau</hi> achtmahl im Jahr, in <hirendition="#fr">Presburg</hi>ſiebenmahl 3.<lb/>
Tage, in <hirendition="#fr">Peſt,</hi> das der Hauptort iſt, viere, in <hirendition="#fr">De-<lb/>
brezin</hi> auch viere im Jahr. — Das ernaͤhrt die Faul-<lb/>
heit, und das Freſſen und Saufen der <hirendition="#fr">Ungarn.</hi></p></div></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Den</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[558/0596]
ſeinen Stuhl in der proteſtantiſchen Kirche. Er wohnt
zur Miethe, und hat ein ſchoͤnes Haus inne, das ein
Kaufmann gebaut hat.
Die Theiſſe war weiter hinunter ausgetreten, und
hatte groſſen Schaden gethan.
Nach Tiſche bekam ich einen Beſuch von Hrn. Sub-
rektor, und machte einen beim Hrn. Rektor. — Sie
ſind auch mit neuen Vorſchlaͤgen und Verbeſſerungen ſehr
gebunden, ſtehen unter Senatoren, die nichts verſtehen ꝛc.
Hr. von Windiſch, der auch Senator iſt, ward
zum Abendeſſen bei Hrn. Loͤwe gebeten. Ein Mann,
den man als αυτοδιδακτος anſehen muß, und der in
ſeiner Jugend eigentlich nicht ſtudirt hat.
Ein Kaiſerlicher Hoſkammerrath hier, Kempele,
hat eine Moſchine erfunden, die von ſich ſelber Schach
ſpielt. Der Kaiſer hat ihm erlaubt, damit auf Reiſen
zu gehen, er hat Addreſſen an die Koͤniginnen von
Frankreich, Neapel ꝛc. und iſt mit ſeiner ganzen Fa-
milie auf dieſe Reiſe gegangen.
Man lebt hier viel beſſer, als in Wien. Das
Getuͤmmel auf den Straſſen iſt bei weitem ſo gros nicht,
man ißt zur rechten Zeit, man ſteht fruͤh auf.
Bemerkungen.
Gewaltig viele Maͤrkte ſind in Ungarn: in Tyr-
nau achtmahl im Jahr, in Presburg ſiebenmahl 3.
Tage, in Peſt, das der Hauptort iſt, viere, in De-
brezin auch viere im Jahr. — Das ernaͤhrt die Faul-
heit, und das Freſſen und Saufen der Ungarn.
Den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/596>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.