Meine heutige Predigt*) in der Dänischen Ge- sandschaftskapelle lief ganz gut ab. Die Menge der Leu- te erregte aber so eine erschreckliche Hitze, daß ich wider alle meine Erwartung schon in dieser Jahrszeit schwitzte. Der Königl. Dänische Hr. Gesandte war das zweite- mahl während seines Hierseyns in der Kirche, und lies mich gleich auf Morgen zur Tafel bitten, es ward aber verschoben. Der Reichshofrath, Hr. Graf von der Lippe, suchte mich auch auf, und präsentirte mich an seine Fr. Gemahlin, als den Verfasser des Erbauungs- buchs. Dem Hrn. von Stockmaier, der in der Nacht dem Herzoge von Würtemberg entgegen gefah- ren war, mußte ich das Manuskript, während meiner Reise nach Ungarn, zurücklassen. Viele gestanden, sie wären mit dem Entschluß hingegangen, nur den Eingang zu hören, sie blieben aber da, und hielten aus. Es waren auch Katholicken und Reformirte zugegen.
Nach geendigtem Gottesdienste fuhr ich nach
Schönbrunn, wohin mich Hr. Vogel mit noch einer Gesellschaft nach 12. Uhr führte, um dort zu speisen. Im zweiten Wagen waren verschiedene junge Kaufleute, die aus Petersburg kamen, und weit gereist waren.
Das Schloß in Schönbrunn ist im italiänischen Geschmack, mit grossen Flügeln am Corps de Logis, worin unendliche Hallen, oder bedeckte Gänge sind. Weil im obern Stock eben diese sind, so hat man, um mehr
Licht
*) Sie handelte vom Gebet der Christen nach dem Mu- ster des Erlösers. Herausgeber.
M m 3
Den 5ten Mai.
Meine heutige Predigt*) in der Daͤniſchen Ge- ſandſchaftskapelle lief ganz gut ab. Die Menge der Leu- te erregte aber ſo eine erſchreckliche Hitze, daß ich wider alle meine Erwartung ſchon in dieſer Jahrszeit ſchwitzte. Der Koͤnigl. Daͤniſche Hr. Geſandte war das zweite- mahl waͤhrend ſeines Hierſeyns in der Kirche, und lies mich gleich auf Morgen zur Tafel bitten, es ward aber verſchoben. Der Reichshofrath, Hr. Graf von der Lippe, ſuchte mich auch auf, und praͤſentirte mich an ſeine Fr. Gemahlin, als den Verfaſſer des Erbauungs- buchs. Dem Hrn. von Stockmaier, der in der Nacht dem Herzoge von Wuͤrtemberg entgegen gefah- ren war, mußte ich das Manuſkript, waͤhrend meiner Reiſe nach Ungarn, zuruͤcklaſſen. Viele geſtanden, ſie waͤren mit dem Entſchluß hingegangen, nur den Eingang zu hoͤren, ſie blieben aber da, und hielten aus. Es waren auch Katholicken und Reformirte zugegen.
Nach geendigtem Gottesdienſte fuhr ich nach
Schoͤnbrunn, wohin mich Hr. Vogel mit noch einer Geſellſchaft nach 12. Uhr fuͤhrte, um dort zu ſpeiſen. Im zweiten Wagen waren verſchiedene junge Kaufleute, die aus Petersburg kamen, und weit gereiſt waren.
Das Schloß in Schoͤnbrunn iſt im italiaͤniſchen Geſchmack, mit groſſen Fluͤgeln am Corps de Logis, worin unendliche Hallen, oder bedeckte Gaͤnge ſind. Weil im obern Stock eben dieſe ſind, ſo hat man, um mehr
Licht
*) Sie handelte vom Gebet der Chriſten nach dem Mu- ſter des Erloͤſers. Herausgeber.
M m 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="2"><pbfacs="#f0587"n="549"/><divn="3"><head>Den 5ten Mai.</head><lb/><p>Meine heutige <hirendition="#fr">Predigt</hi><noteplace="foot"n="*)">Sie handelte vom Gebet der Chriſten nach dem Mu-<lb/>ſter des Erloͤſers. <hirendition="#et"><hirendition="#fr">Herausgeber.</hi></hi></note> in der <hirendition="#fr">Daͤniſchen</hi> Ge-<lb/>ſandſchaftskapelle lief ganz gut ab. Die Menge der Leu-<lb/>
te erregte aber ſo eine erſchreckliche Hitze, daß ich wider<lb/>
alle meine Erwartung ſchon in dieſer Jahrszeit ſchwitzte.<lb/>
Der Koͤnigl. <hirendition="#fr">Daͤniſche</hi> Hr. <hirendition="#fr">Geſandte</hi> war das zweite-<lb/>
mahl waͤhrend ſeines Hierſeyns in der Kirche, und lies<lb/>
mich gleich auf Morgen zur Tafel bitten, es ward aber<lb/>
verſchoben. Der Reichshofrath, Hr. Graf <hirendition="#fr">von der<lb/>
Lippe,</hi>ſuchte mich auch auf, und praͤſentirte mich an<lb/>ſeine Fr. Gemahlin, als den Verfaſſer des <hirendition="#fr">Erbauungs-<lb/>
buchs.</hi> Dem Hrn. <hirendition="#fr">von Stockmaier,</hi> der in der<lb/>
Nacht dem Herzoge von <hirendition="#fr">Wuͤrtemberg</hi> entgegen gefah-<lb/>
ren war, mußte ich das Manuſkript, waͤhrend meiner<lb/>
Reiſe nach <hirendition="#fr">Ungarn,</hi> zuruͤcklaſſen. Viele geſtanden, ſie<lb/>
waͤren mit dem Entſchluß hingegangen, nur den Eingang<lb/>
zu hoͤren, ſie blieben aber da, und hielten aus. Es<lb/>
waren auch Katholicken und Reformirte zugegen.</p><lb/><p>Nach geendigtem Gottesdienſte fuhr ich nach</p><lb/><p><hirendition="#fr">Schoͤnbrunn,</hi> wohin mich Hr. <hirendition="#fr">Vogel</hi> mit noch<lb/>
einer Geſellſchaft nach 12. Uhr fuͤhrte, um dort zu ſpeiſen.<lb/>
Im zweiten Wagen waren verſchiedene junge Kaufleute,<lb/>
die aus <hirendition="#fr">Petersburg</hi> kamen, und weit gereiſt waren.</p><lb/><p>Das <hirendition="#fr">Schloß</hi> in <hirendition="#fr">Schoͤnbrunn</hi> iſt im <hirendition="#fr">italiaͤn</hi>iſchen<lb/>
Geſchmack, mit groſſen Fluͤgeln am <hirendition="#aq">Corps de Logis,</hi><lb/>
worin unendliche Hallen, oder bedeckte Gaͤnge ſind. Weil<lb/>
im obern Stock eben dieſe ſind, ſo hat man, um mehr<lb/><fwplace="bottom"type="sig">M m 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">Licht</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[549/0587]
Den 5ten Mai.
Meine heutige Predigt *) in der Daͤniſchen Ge-
ſandſchaftskapelle lief ganz gut ab. Die Menge der Leu-
te erregte aber ſo eine erſchreckliche Hitze, daß ich wider
alle meine Erwartung ſchon in dieſer Jahrszeit ſchwitzte.
Der Koͤnigl. Daͤniſche Hr. Geſandte war das zweite-
mahl waͤhrend ſeines Hierſeyns in der Kirche, und lies
mich gleich auf Morgen zur Tafel bitten, es ward aber
verſchoben. Der Reichshofrath, Hr. Graf von der
Lippe, ſuchte mich auch auf, und praͤſentirte mich an
ſeine Fr. Gemahlin, als den Verfaſſer des Erbauungs-
buchs. Dem Hrn. von Stockmaier, der in der
Nacht dem Herzoge von Wuͤrtemberg entgegen gefah-
ren war, mußte ich das Manuſkript, waͤhrend meiner
Reiſe nach Ungarn, zuruͤcklaſſen. Viele geſtanden, ſie
waͤren mit dem Entſchluß hingegangen, nur den Eingang
zu hoͤren, ſie blieben aber da, und hielten aus. Es
waren auch Katholicken und Reformirte zugegen.
Nach geendigtem Gottesdienſte fuhr ich nach
Schoͤnbrunn, wohin mich Hr. Vogel mit noch
einer Geſellſchaft nach 12. Uhr fuͤhrte, um dort zu ſpeiſen.
Im zweiten Wagen waren verſchiedene junge Kaufleute,
die aus Petersburg kamen, und weit gereiſt waren.
Das Schloß in Schoͤnbrunn iſt im italiaͤniſchen
Geſchmack, mit groſſen Fluͤgeln am Corps de Logis,
worin unendliche Hallen, oder bedeckte Gaͤnge ſind. Weil
im obern Stock eben dieſe ſind, ſo hat man, um mehr
Licht
*) Sie handelte vom Gebet der Chriſten nach dem Mu-
ſter des Erloͤſers. Herausgeber.
M m 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/587>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.