sinnlich, und will nur immer etwas zum Vergnügen ha- ben.
Es ist hier, wie in kleinen Städten, ein ewiges Ein- und Ausziehen der Miethleute. Die Gesetze ha- ben genau bestimmt, wie viel von dem Gelaß 8. Tage nach dem 22. Georgi oder April an den künftigen Be- sitzer geräumt werden soll, doch entsteht darüber immer viel Streit.
Das schlechte Volk der Bedienten sucht hier, wie aller Orten, den Fremden zu betrügen, und zu bevor- theilen, wo es kan. Und wenn sie befürchten, der Fremde wisse die Taxe oder den ordinären Preis, so for- dern sie doch einen Kreuzer von jedem Stück mehr, oder verlangen unter besondern Rubriken und Titeln noch mehr, als man ihnen akkordirt hat. Putzwäscherinnen thun das sogar Frauen, denen sie lange dienen, oft hal- ten sie's in der Stille mit dem Stubenmädchen, die doch zuerst über das Weib, wenn sie Geld für jene holt, bei der Herrschaft klagt, und sich stellt, als sorge sie auf das Redlichste für das Interesse ihrer Frau.
Eine sonderbare Gewohnheit hat man hier, Ein Pferd oder einen Ochsen nur an Eine Seite des Wa- gens, der Kalesche, oder was es nun für ein Fuhrwerk ist, zu spannen, und so in- und ausserhalb der Stadt zu fahren. Kabriolets oder Landwieden für Ein Pferd sieht man nicht. Auf diese Art fahren viele Leute vom Lande nach der Stadt, und viele Waaren werden so her- eingebracht.
Den 2ten Mai.
Die Luft war heute wieder so scharf, daß sie ei- nem von vielen Gegenden her wie scharfe Messer in den
Mund
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ſinnlich, und will nur immer etwas zum Vergnuͤgen ha- ben.
Es iſt hier, wie in kleinen Staͤdten, ein ewiges Ein- und Ausziehen der Miethleute. Die Geſetze ha- ben genau beſtimmt, wie viel von dem Gelaß 8. Tage nach dem 22. Georgi oder April an den kuͤnftigen Be- ſitzer geraͤumt werden ſoll, doch entſteht daruͤber immer viel Streit.
Das ſchlechte Volk der Bedienten ſucht hier, wie aller Orten, den Fremden zu betruͤgen, und zu bevor- theilen, wo es kan. Und wenn ſie befuͤrchten, der Fremde wiſſe die Taxe oder den ordinaͤren Preis, ſo for- dern ſie doch einen Kreuzer von jedem Stuͤck mehr, oder verlangen unter beſondern Rubriken und Titeln noch mehr, als man ihnen akkordirt hat. Putzwaͤſcherinnen thun das ſogar Frauen, denen ſie lange dienen, oft hal- ten ſie’s in der Stille mit dem Stubenmaͤdchen, die doch zuerſt uͤber das Weib, wenn ſie Geld fuͤr jene holt, bei der Herrſchaft klagt, und ſich ſtellt, als ſorge ſie auf das Redlichſte fuͤr das Intereſſe ihrer Frau.
Eine ſonderbare Gewohnheit hat man hier, Ein Pferd oder einen Ochſen nur an Eine Seite des Wa- gens, der Kaleſche, oder was es nun fuͤr ein Fuhrwerk iſt, zu ſpannen, und ſo in- und auſſerhalb der Stadt zu fahren. Kabriolets oder Landwieden fuͤr Ein Pferd ſieht man nicht. Auf dieſe Art fahren viele Leute vom Lande nach der Stadt, und viele Waaren werden ſo her- eingebracht.
Den 2ten Mai.
Die Luft war heute wieder ſo ſcharf, daß ſie ei- nem von vielen Gegenden her wie ſcharfe Meſſer in den
Mund
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ſinnlich, und will nur immer etwas zum Vergnuͤgen ha-
ben.
Es iſt hier, wie in kleinen Staͤdten, ein ewiges
Ein- und Ausziehen der Miethleute. Die Geſetze ha-
ben genau beſtimmt, wie viel von dem Gelaß 8. Tage
nach dem 22. Georgi oder April an den kuͤnftigen Be-
ſitzer geraͤumt werden ſoll, doch entſteht daruͤber immer
viel Streit.
Das ſchlechte Volk der Bedienten ſucht hier, wie
aller Orten, den Fremden zu betruͤgen, und zu bevor-
theilen, wo es kan. Und wenn ſie befuͤrchten, der
Fremde wiſſe die Taxe oder den ordinaͤren Preis, ſo for-
dern ſie doch einen Kreuzer von jedem Stuͤck mehr, oder
verlangen unter beſondern Rubriken und Titeln noch
mehr, als man ihnen akkordirt hat. Putzwaͤſcherinnen
thun das ſogar Frauen, denen ſie lange dienen, oft hal-
ten ſie’s in der Stille mit dem Stubenmaͤdchen, die doch
zuerſt uͤber das Weib, wenn ſie Geld fuͤr jene holt, bei
der Herrſchaft klagt, und ſich ſtellt, als ſorge ſie auf das
Redlichſte fuͤr das Intereſſe ihrer Frau.
Eine ſonderbare Gewohnheit hat man hier, Ein
Pferd oder einen Ochſen nur an Eine Seite des Wa-
gens, der Kaleſche, oder was es nun fuͤr ein Fuhrwerk
iſt, zu ſpannen, und ſo in- und auſſerhalb der Stadt
zu fahren. Kabriolets oder Landwieden fuͤr Ein Pferd
ſieht man nicht. Auf dieſe Art fahren viele Leute vom
Lande nach der Stadt, und viele Waaren werden ſo her-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/575>, abgerufen am 21.12.2024.
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