Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

ist hier alles! Der Thurm der Kirche ist wohl so hoch als
der Strasburger Münsterthurm. *)

Bemerkungen.

Spiel, Komödie und Lotterie sind auch hier die
täglichen Beschäftigungen und Unterredungen so vieler
Menschen.

Wenn beim Souverain etwa in Schönbrunn, oder
bei einem Ambassadeur wegen irgend einem Anlaß ein
grosses Fest ist, Tanz und Ball von 1500, auch 2000.
Personen; so wird zweimahl soupirt, um 10. Uhr, und
um 1. oder 2. Uhr, man theilt Billets aus, gemeiniglich
gibts aber Unordnungen beim zweiten etc. Davon spricht
man denn hernach lange in den vornehmsten Gesellschaften.

Man bemerkt bald, daß in Wien stark gegessen
und getrunken wird. Dafür sollen aber auch fast alle
ächte Wiener die Hämorrhoiden haben. Der Fremde
sieht manchem mit Bewundrung zu, wie viel er hinter-
einander zu sich nehmen kan. -- Zu Mittage trinkt
man weissen Oesterreicher, rothen Ofener und Tokay-
erwein, Nachts meist nur weissen. Das Mittagsessen
ist um 2. halb 3. Uhr, und Nachtessen um 10, 11. Uhr.

Hier soll es Mode seyn, aus allem eine Sülz zu
machen. Beim ersten Mittagsessen hatten wir eine
blaue Veilchen-Sülz, die sehr hellblau aussah und wohl
schmeckte.

Die
*) Verglichen mit dem, was Hr. Nikolai im 2ten B.
seiner Reisen S. 655.-665. von dieser Kirche und
dem Thurme sagt. Herausgeber.
G g 2

iſt hier alles! Der Thurm der Kirche iſt wohl ſo hoch als
der Strasburger Muͤnſterthurm. *)

Bemerkungen.

Spiel, Komoͤdie und Lotterie ſind auch hier die
taͤglichen Beſchaͤftigungen und Unterredungen ſo vieler
Menſchen.

Wenn beim Souverain etwa in Schoͤnbrunn, oder
bei einem Ambaſſadeur wegen irgend einem Anlaß ein
groſſes Feſt iſt, Tanz und Ball von 1500, auch 2000.
Perſonen; ſo wird zweimahl ſoupirt, um 10. Uhr, und
um 1. oder 2. Uhr, man theilt Billets aus, gemeiniglich
gibts aber Unordnungen beim zweiten ꝛc. Davon ſpricht
man denn hernach lange in den vornehmſten Geſellſchaften.

Man bemerkt bald, daß in Wien ſtark gegeſſen
und getrunken wird. Dafuͤr ſollen aber auch faſt alle
aͤchte Wiener die Haͤmorrhoiden haben. Der Fremde
ſieht manchem mit Bewundrung zu, wie viel er hinter-
einander zu ſich nehmen kan. — Zu Mittage trinkt
man weiſſen Oeſterreicher, rothen Ofener und Tokay-
erwein, Nachts meiſt nur weiſſen. Das Mittagseſſen
iſt um 2. halb 3. Uhr, und Nachteſſen um 10, 11. Uhr.

Hier ſoll es Mode ſeyn, aus allem eine Suͤlz zu
machen. Beim erſten Mittagseſſen hatten wir eine
blaue Veilchen-Suͤlz, die ſehr hellblau ausſah und wohl
ſchmeckte.

Die
*) Verglichen mit dem, was Hr. Nikolai im 2ten B.
ſeiner Reiſen S. 655.-665. von dieſer Kirche und
dem Thurme ſagt. Herausgeber.
G g 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <p><pb facs="#f0505" n="467"/>
i&#x017F;t hier alles! Der Thurm der Kirche i&#x017F;t wohl &#x017F;o hoch als<lb/>
der <hi rendition="#fr">Strasburg</hi>er Mu&#x0364;n&#x017F;terthurm. <note place="foot" n="*)">Verglichen mit dem, was Hr. <hi rendition="#fr">Nikolai</hi> im 2ten B.<lb/>
&#x017F;einer Rei&#x017F;en S. 655.-665. von die&#x017F;er Kirche und<lb/>
dem Thurme &#x017F;agt. <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Herausgeber.</hi></hi></note></p>
            </div><lb/>
            <div n="3">
              <head> <hi rendition="#fr">Bemerkungen.</hi> </head><lb/>
              <p><hi rendition="#fr">Spiel, Komo&#x0364;die</hi> und <hi rendition="#fr">Lotterie</hi> &#x017F;ind auch hier die<lb/>
ta&#x0364;glichen Be&#x017F;cha&#x0364;ftigungen und Unterredungen &#x017F;o vieler<lb/>
Men&#x017F;chen.</p><lb/>
              <p>Wenn beim Souverain etwa in <hi rendition="#fr">Scho&#x0364;nbrunn,</hi> oder<lb/>
bei einem Amba&#x017F;&#x017F;adeur wegen irgend einem Anlaß ein<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;es <hi rendition="#fr">Fe&#x017F;t</hi> i&#x017F;t, Tanz und Ball von 1500, auch 2000.<lb/>
Per&#x017F;onen; &#x017F;o wird zweimahl &#x017F;oupirt, um 10. Uhr, und<lb/>
um 1. oder 2. Uhr, man theilt Billets aus, gemeiniglich<lb/>
gibts aber Unordnungen beim zweiten &#xA75B;c. Davon &#x017F;pricht<lb/>
man denn hernach lange in den vornehm&#x017F;ten Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften.</p><lb/>
              <p>Man bemerkt bald, daß in <hi rendition="#fr">Wien</hi> &#x017F;tark <hi rendition="#fr">gege&#x017F;&#x017F;en</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">getrunken</hi> wird. Dafu&#x0364;r &#x017F;ollen aber auch fa&#x017F;t alle<lb/>
a&#x0364;chte <hi rendition="#fr">Wien</hi>er die Ha&#x0364;morrhoiden haben. Der Fremde<lb/>
&#x017F;ieht manchem mit Bewundrung zu, wie viel er hinter-<lb/>
einander zu &#x017F;ich nehmen kan. &#x2014; Zu Mittage trinkt<lb/>
man wei&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">Oe&#x017F;terreich</hi>er, rothen <hi rendition="#fr">Ofen</hi>er und <hi rendition="#fr">Tokay-</hi><lb/>
erwein, Nachts mei&#x017F;t nur wei&#x017F;&#x017F;en. Das Mittagse&#x017F;&#x017F;en<lb/>
i&#x017F;t um 2. halb 3. Uhr, und Nachte&#x017F;&#x017F;en um 10, 11. Uhr.</p><lb/>
              <p>Hier &#x017F;oll es Mode &#x017F;eyn, aus allem eine <hi rendition="#fr">Su&#x0364;lz</hi> zu<lb/>
machen. Beim er&#x017F;ten Mittagse&#x017F;&#x017F;en hatten wir eine<lb/>
blaue Veilchen-Su&#x0364;lz, die &#x017F;ehr hellblau aus&#x017F;ah und wohl<lb/>
&#x017F;chmeckte.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">G g 2</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[467/0505] iſt hier alles! Der Thurm der Kirche iſt wohl ſo hoch als der Strasburger Muͤnſterthurm. *) Bemerkungen. Spiel, Komoͤdie und Lotterie ſind auch hier die taͤglichen Beſchaͤftigungen und Unterredungen ſo vieler Menſchen. Wenn beim Souverain etwa in Schoͤnbrunn, oder bei einem Ambaſſadeur wegen irgend einem Anlaß ein groſſes Feſt iſt, Tanz und Ball von 1500, auch 2000. Perſonen; ſo wird zweimahl ſoupirt, um 10. Uhr, und um 1. oder 2. Uhr, man theilt Billets aus, gemeiniglich gibts aber Unordnungen beim zweiten ꝛc. Davon ſpricht man denn hernach lange in den vornehmſten Geſellſchaften. Man bemerkt bald, daß in Wien ſtark gegeſſen und getrunken wird. Dafuͤr ſollen aber auch faſt alle aͤchte Wiener die Haͤmorrhoiden haben. Der Fremde ſieht manchem mit Bewundrung zu, wie viel er hinter- einander zu ſich nehmen kan. — Zu Mittage trinkt man weiſſen Oeſterreicher, rothen Ofener und Tokay- erwein, Nachts meiſt nur weiſſen. Das Mittagseſſen iſt um 2. halb 3. Uhr, und Nachteſſen um 10, 11. Uhr. Hier ſoll es Mode ſeyn, aus allem eine Suͤlz zu machen. Beim erſten Mittagseſſen hatten wir eine blaue Veilchen-Suͤlz, die ſehr hellblau ausſah und wohl ſchmeckte. Die *) Verglichen mit dem, was Hr. Nikolai im 2ten B. ſeiner Reiſen S. 655.-665. von dieſer Kirche und dem Thurme ſagt. Herausgeber. G g 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/505
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/505>, abgerufen am 21.11.2024.