Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

In dieser Kirche sind Altar, Kanzel und Taufstein
von graulichem Marmor, der hier in der Gegend bricht,
und von Pirnaischen Sandstein. Darin ist auch ein
Grabmahl, das Hr. von Leyser seiner verstorbenen Frau
und sich vivus adhuc setzen läßt, und womit er sich nun
im 88sten Jahre seines Lebens ganz beschäftigt. So gros
ist die Liebe des Menschen zum Leben, und der Wunsch
nicht vergessen zu seyn! Prof. Hiller in Wittenberg
hatte die Inschrift und etliche Distincha dazu gemacht.

Wir waren hier Mittags zu Gaste, und hatten sogar
Ananasse etc. Nach Tische spazierten wir mit den Da-
men im Garten, und dann fuhren wir nach

Ottendorf, wo ich Hrn. M. Küttner, der hier
Prediger *) ist, meinen Besuch machte. Ich fand an
ihm einen helldenkenden Theologen und angenehmen Ge-
sellschafter, der mir viele Freundschaft und Höflichkeit er-
zeigte. Ich erwarb mir dabei noch die Bekanntschaft meh-
rerer würdiger Personen, als des Hrn. Hauptmanns von
Carlowitz, der Fräulein von Carlowitz, die mir mit
einem Fräulein von Stangen ihren Garten zeigte, wo
jetzt erst die Aprikosen reif waren.

Nachts waren wir in Pirna beim Hrn. Superint.
Essenius im Garten, und hier jagte eine hereingefloge-
ne Fledermaus die Damen in nicht geringe Angst.

Den 28sten Aug.

Wir machten heute eine sehr angenehme Lustreise
nach

Wesenstein,
*) Dieser würdige Geistliche ist in diesem Jahre Super-
intend in Sayda geworden. Herausgeber.

In dieſer Kirche ſind Altar, Kanzel und Taufſtein
von graulichem Marmor, der hier in der Gegend bricht,
und von Pirnaiſchen Sandſtein. Darin iſt auch ein
Grabmahl, das Hr. von Leyſer ſeiner verſtorbenen Frau
und ſich vivus adhuc ſetzen laͤßt, und womit er ſich nun
im 88ſten Jahre ſeines Lebens ganz beſchaͤftigt. So gros
iſt die Liebe des Menſchen zum Leben, und der Wunſch
nicht vergeſſen zu ſeyn! Prof. Hiller in Wittenberg
hatte die Inſchrift und etliche Diſtincha dazu gemacht.

Wir waren hier Mittags zu Gaſte, und hatten ſogar
Ananaſſe ꝛc. Nach Tiſche ſpazierten wir mit den Da-
men im Garten, und dann fuhren wir nach

Ottendorf, wo ich Hrn. M. Kuͤttner, der hier
Prediger *) iſt, meinen Beſuch machte. Ich fand an
ihm einen helldenkenden Theologen und angenehmen Ge-
ſellſchafter, der mir viele Freundſchaft und Hoͤflichkeit er-
zeigte. Ich erwarb mir dabei noch die Bekanntſchaft meh-
rerer wuͤrdiger Perſonen, als des Hrn. Hauptmanns von
Carlowitz, der Fraͤulein von Carlowitz, die mir mit
einem Fraͤulein von Stangen ihren Garten zeigte, wo
jetzt erſt die Aprikoſen reif waren.

Nachts waren wir in Pirna beim Hrn. Superint.
Eſſenius im Garten, und hier jagte eine hereingefloge-
ne Fledermaus die Damen in nicht geringe Angſt.

Den 28ſten Aug.

Wir machten heute eine ſehr angenehme Luſtreiſe
nach

Weſenſtein,
*) Dieſer wuͤrdige Geiſtliche iſt in dieſem Jahre Super-
intend in Sayda geworden. Herausgeber.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0202" n="164"/>
            <p>In die&#x017F;er Kirche &#x017F;ind Altar, Kanzel und Tauf&#x017F;tein<lb/>
von graulichem <hi rendition="#fr">Marmor,</hi> der hier in der Gegend bricht,<lb/>
und von <hi rendition="#fr">Pirnai</hi>&#x017F;chen Sand&#x017F;tein. Darin i&#x017F;t auch ein<lb/>
Grabmahl, das Hr. von <hi rendition="#fr">Ley&#x017F;er</hi> &#x017F;einer ver&#x017F;torbenen Frau<lb/>
und &#x017F;ich <hi rendition="#aq">vivus adhuc</hi> &#x017F;etzen la&#x0364;ßt, und womit er &#x017F;ich nun<lb/>
im 88&#x017F;ten Jahre &#x017F;eines Lebens ganz be&#x017F;cha&#x0364;ftigt. So gros<lb/>
i&#x017F;t die Liebe des Men&#x017F;chen zum Leben, und der Wun&#x017F;ch<lb/>
nicht verge&#x017F;&#x017F;en zu &#x017F;eyn! Prof. <hi rendition="#fr">Hiller</hi> in <hi rendition="#fr">Wittenberg</hi><lb/>
hatte die In&#x017F;chrift und etliche <hi rendition="#aq">Di&#x017F;tincha</hi> dazu gemacht.</p><lb/>
            <p>Wir waren hier Mittags zu Ga&#x017F;te, und hatten &#x017F;ogar<lb/>
Anana&#x017F;&#x017F;e &#xA75B;c. Nach Ti&#x017F;che &#x017F;pazierten wir mit den Da-<lb/>
men im Garten, und dann fuhren wir nach</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Ottendorf,</hi> wo ich Hrn. <hi rendition="#fr">M. Ku&#x0364;ttner,</hi> der hier<lb/>
Prediger <note place="foot" n="*)">Die&#x017F;er wu&#x0364;rdige Gei&#x017F;tliche i&#x017F;t in die&#x017F;em Jahre Super-<lb/>
intend in <hi rendition="#fr">Sayda</hi> geworden. <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Herausgeber.</hi></hi></note> i&#x017F;t, meinen Be&#x017F;uch machte. Ich fand an<lb/>
ihm einen helldenkenden Theologen und angenehmen Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chafter, der mir viele Freund&#x017F;chaft und Ho&#x0364;flichkeit er-<lb/>
zeigte. Ich erwarb mir dabei noch die Bekannt&#x017F;chaft meh-<lb/>
rerer wu&#x0364;rdiger Per&#x017F;onen, als des Hrn. Hauptmanns von<lb/><hi rendition="#fr">Carlowitz,</hi> der Fra&#x0364;ulein von <hi rendition="#fr">Carlowitz,</hi> die mir mit<lb/>
einem Fra&#x0364;ulein von <hi rendition="#fr">Stangen</hi> ihren Garten zeigte, wo<lb/>
jetzt er&#x017F;t die Apriko&#x017F;en reif waren.</p><lb/>
            <p>Nachts waren wir in <hi rendition="#fr">Pirna</hi> beim Hrn. Superint.<lb/><hi rendition="#fr">E&#x017F;&#x017F;enius</hi> im Garten, und hier jagte eine hereingefloge-<lb/>
ne Fledermaus die Damen in nicht geringe Ang&#x017F;t.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Den 28&#x017F;ten Aug.</head><lb/>
            <p>Wir machten heute eine &#x017F;ehr angenehme Lu&#x017F;trei&#x017F;e<lb/>
nach</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">We&#x017F;en&#x017F;tein,</hi> </fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[164/0202] In dieſer Kirche ſind Altar, Kanzel und Taufſtein von graulichem Marmor, der hier in der Gegend bricht, und von Pirnaiſchen Sandſtein. Darin iſt auch ein Grabmahl, das Hr. von Leyſer ſeiner verſtorbenen Frau und ſich vivus adhuc ſetzen laͤßt, und womit er ſich nun im 88ſten Jahre ſeines Lebens ganz beſchaͤftigt. So gros iſt die Liebe des Menſchen zum Leben, und der Wunſch nicht vergeſſen zu ſeyn! Prof. Hiller in Wittenberg hatte die Inſchrift und etliche Diſtincha dazu gemacht. Wir waren hier Mittags zu Gaſte, und hatten ſogar Ananaſſe ꝛc. Nach Tiſche ſpazierten wir mit den Da- men im Garten, und dann fuhren wir nach Ottendorf, wo ich Hrn. M. Kuͤttner, der hier Prediger *) iſt, meinen Beſuch machte. Ich fand an ihm einen helldenkenden Theologen und angenehmen Ge- ſellſchafter, der mir viele Freundſchaft und Hoͤflichkeit er- zeigte. Ich erwarb mir dabei noch die Bekanntſchaft meh- rerer wuͤrdiger Perſonen, als des Hrn. Hauptmanns von Carlowitz, der Fraͤulein von Carlowitz, die mir mit einem Fraͤulein von Stangen ihren Garten zeigte, wo jetzt erſt die Aprikoſen reif waren. Nachts waren wir in Pirna beim Hrn. Superint. Eſſenius im Garten, und hier jagte eine hereingefloge- ne Fledermaus die Damen in nicht geringe Angſt. Den 28ſten Aug. Wir machten heute eine ſehr angenehme Luſtreiſe nach Weſenſtein, *) Dieſer wuͤrdige Geiſtliche iſt in dieſem Jahre Super- intend in Sayda geworden. Herausgeber.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/202
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/202>, abgerufen am 21.11.2024.